Das war das Roskilde Festival 2016

Tausende Festival-Begeisterte sind wieder in die Nähe von Kopenhagen gereist, um gleichberechtigt die Musik und das Leben zu feiern. Doch nicht alle Acts konnten überzeugen.

135.000 Festival-Begeisterte sind vom 25. Juni bis zum 2. Juli 2016 wieder in die Nähe von Kopenhagen gereist, um beim Roskilde Festival gleichberechtigt die Musik und das Leben zu feiern. Ein tolles Ereignis, doch nicht alle musikalischen Acts konnten überzeugen.

von Rene Otto

Zusammen Spaß haben, tolerant sein, Rassismus keinen Raum geben: Beim Roskilde werden Werte wie diese seit der Gründung des Non-Profit-Festivals in den 1970er Jahren groß geschrieben. In diesem Jahr stand das Thema Gleichberechtigung im Fokus der einwöchigen Veranstaltung. Das Leitmotto „Equality – Stand up for your rights!“ zog sich durch wie ein roter Faden und spiegelte sich nicht zuletzt auch auf der Bühne wieder. Der Charme des Festivals liegt im intensiven Zusammenspiel der Künster mit ihren Fans. 

Doch es geht auch eigenbrötlerisch: Neil Young bewies, dass sich ein Künstler völlig in einen Rausch spielen kann, das Publikum dabei scheinbar ausblendet. Ganz so, als sei er beim Jammen in seinem Proberaum und nicht vor 60.000 Musikfans. Geschehen ist das bei seiner 20-minütigen Zugabe von „Love And Only Love“, seiner musikalischen Huldigung an das Roskilde Festival. Übel nimmt ihm das natürlich niemand, im Gegenteil. In Roskilde darf der 70-jährige Musiker das! Vor allem, da er zuvor sein legendäres „Keep on rockin‘ in a free world“ gleich drei Mal gespielt hatte.

Edward Snowden und Slayer in Roskilde

Die mit einem Augenzwinker versehene Guerilla-Aktion der Veranstalter, die offen auf großen Bannern angekündigt hatten, sämtliche Handydaten, die über das ausgebaute WLAN auf dem Gelände gesammelt wurden, für ihre Zwecke zu nutzen, leitete zu einer Live-Schaltung mit Edward Snowden über. Seine Rede zum und mit dem überraschten Festival-Publikum über den Konflikt zwischen dem Sammeln und der Weitergabe von Daten war ein klares Statement der Veranstalter für eine bessere Welt unabhängig eines politischen Lagers.

Eine eindeutige Position zu Gleichberechtigung und keinerlei Grenzen bezieht das Roskilde Festival seit eh und je auch in der Auswahl der Acts: Weltmusik steht gleichberechtigt neben Hip-Hop, Pop und Heavy Metal. Und so sorgte Calypso Rose, die 76-jährige Songwriterin aus Tobago, genauso für Gänsehaut mit ihrer Musik wie Rapper Wiz Khalifa, James Blake oder Slayer

Viele der Künstler, die auf dem Roskilde Festival spielen, können in der dort auftretenden Konstellation nur dort erlebt werden – das macht das dänische Festival so besonders. Stammgast mit immer unterschiedlichen Musikern ist Blur-Frontmann Damon Albarn. Im letzten Jahr stand er mit afrikanischen Musikern auf der Bühne, in diesem Jahr teilte er sie sich mit einem syrischen Orchester. Toleranz, Gleichberechtigung, Internationalität: Bei diesem Auftritt wurden diese Werte besonders deutlich.

Guter Riecher für vielversprechende Künstler 

Viele Künstler, die als Neulinge auf dem Roskilde Festival auftreten durften, sind aus der heutigen Musikszene nicht mehr wegzudenken. Die dänische Sängerin beispielsweise: Innerhalb von nur drei Jahren hat sie es von der Rising-Star-Bühne für Newcomer auf die Hauptbühne Orange Stage mit 60.000 Menschen im Publikum geschafft. Ihr werden zu Recht gute Chancen auf eine Weltkarriere vorausgesagt.

Die Red Hot Chili Peppers haben diese Weltkarriere bereits geschafft – scheinen nach dem diesjährigen Auftritt beim Roskilde ihren Zenit des Erfolges allerdings bereits hinter sich gelassen zu haben. Zwar haben die kalifornischen Musiker um Anthony Kiedis einen besseren Auftritt hingelgt als noch bei ihrer missratenen Performance im Jahr 2007, doch fanden sie auch diesmal keinen Zugang zum Publikum. Chancen boten sich mit ihren bekannten Hits wie „Californication“, „Give It Away“ oder „Under The Bridge“ und auch mit dem neuesten Song „Dark Necessities“ vom Album „The Gateway“ genug.

Das Who is Who der Musikszene 

Weitere Künstler, die beim Roskilde Festival 2016 dabei waren und es bereits in den Musik-Olymp geschafft haben, lesen sich wie ein Who-Is-Who der Musikszene: PJ Harvey (großartige Aura auf der Arena Stage), Alex Turner (extrem cooler Frontman der Actic Monkeys stand dieses Mal als Frontman seines Nebenprojekts The Last Shadow Pupperts auf der Bühne), New Order (erstmals im Jahr 1984 (!) und mittlerweile bereits das fünfte Mal beim Festival dabei) oder auch Damon Albarn (Blur-Frontmann), der zusammen mit Gästen und dem Orchester syrischer Musiker das Eröffnungskonzert spielen durfte.

Das Miteinander ist die fundamentale Grundlage des „Orange Feelings“ – das Motto des Roskilde Festivals. Vor allem auf den schier unendlich erscheinenden Campingflächen ist dieses Miteinander alljährlich zu erleben. Dauerbrenner-Camps wie „Camp Reynold“ oder „Camp van Damme“ bestehen bereits seit Jahrzehnten und werden fast schon von Generation zu Generation weiter vererbt. Die in der Dream City vereinten Kreativ-Camps „Camp-Tortuga“ oder „Kamp-sten“ sind keine einfachen Zelt-Burgen, sondern liebevoll konstruierte Holzbauten mit Flair. Hier feiern die Festivalbesucher vor allem sich selbst und das Beisammensein.

Das Roskilde Festival 2016 war wie immer ein Fest: Klasse Musik, leckeres Essen und das schöne Gefühl im Bauch, eine unbeschwerte Zeit unter fröhlichen und gleichberechtigten Menschen verbracht zu haben.

 

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