Jan Kath Teppichdesign

Jan Kath wirkt müde. Als ich ihn in seinem weitläufigen Showroom treffe, ist ihm anzusehen, dass er erst am Vortag aus Südostasien zurückkehrte und sich noch nicht wieder in die heimische Zeitzone eingewöhnt hat. Das Leben im Jetlag – fast schon gehört es zum Alltag des Teppichdesigners, der die Hälfte des Monats durch die Welt fliegt. Er besucht seine Produktionsstätten in Marokko, Nepal, Tibet und Thailand. Oder er richtet eine Modefiliale in Paris oder Madrid ein. „Natürlich überlegt man schon mal, nach Berlin zu ziehen“, erzählt der Bochumer. „Aber ich habe hier alles, was ich brauche. Ich fühle mich wohl.“

Wir schlendern durch die Ausstellungshalle, deren Stahlstreben und Deckenkräne an eine industrielle Vergangenheit erinnern. Großformatige Teppiche hängen an hohen weißen Wänden – wie Kunstwerke im Museum. Und sie verlangen vom Betrachter genau so viel Zeit, bis sie ihre Details offenbaren. Als Inspirationsquelle dienen Kath Textilien und Malereien aus unterschiedlichsten Kulturen, aber auch Satellitenbilder. „BP heißt eine kommende Kollektion, die ein politisches Statement setzen soll“, erklärt der Designer, der dafür Aufnahmen der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko verwendet.

Trotz ihres modernen Designs werden Kaths Teppiche mit Jahrhunderte alten Knüpftechniken gefertigt. Er deutet auf eines der Ausstellungsstücke im Format von 2,5 mal 3 Metern. „Dafür brauchen vier Arbeiter in Wechselschichten drei Monate.“ Es ist diese Mischung aus Tradition und Moderne, die Neuerfindung des alten Orientteppichs, die seine „Hinterhof- und Garagenfirma“ in ein global operierendes Unternehmen verwandelte.

Es war eher Zufall, dass Jan Kath der Tradition seiner Familie folgte, die seit zwei Generationen mit diesen Teppichen handelt. Mitte der 90er reist er mit dem Rucksack zwei Jahre durch Fernost, veranstaltet Raves in Goa, lässt sich treiben. „Ich war damals eher hippiemäßig drauf“, fasst der 37-Jährige diese Zeit zusammen und lächelt. Doch dann trifft er in Katmandu einen alten Geschäftsfreund seines Vaters, der ihn als Qualitätsprüfer für die Teppichproduktion einstellt. Als sein Chef sich zur Ruhe setzt, übernimmt er das Geschäft und entwirft erste Modelle. „Es war eine Notlösung“, gibt Kath zu. „Damals konnte ich mir keine Designer leisten.“

Heute besitzen Medien- Tycoon Rupert Murdoch, Rapper Jay-Z und Red-Hot-Chili-Peppers- Frontmann Anthony Kiedis Teppiche von Jan Karth. Doch ehe ich nachfragen kann, reicht ihm ein Mitarbeiter eine Liste. „Ich nehme den Flug um 16.28 Uhr“, sagt der Designer und verabschiedet sich: „Sorry, aber ich muss gleich weiter nach Berlin.“ Der Hippie von einst – heute lebt er in ständigem Termindruck.

Jens Wege

Jan Kath Teppichdesign
Friederikastraße (Showroom) 148a
44789 Bochum
Map data © OpenStreetMap contributors, CC-BY-SA
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