BEN ZUCKER „Jetzt will ich alles“

Nach Höhen und Tiefen ist er bereit für den großen Erfolg und die ganz große Liebe

Er hatte gerade den Zenit seiner Karriere erreicht, die Mercedes-Benz Arena seiner Heimatstadt Berlin gefüllt – und dann kam Corona! Zack. Lichter aus. Ab nach Hause. Warten. Kein Wunder, dass die neue Situation Sänger Ben Zucker (37) erst mal aus der Bahn geworfen hat. Der breiten Masse der Bevölkerung ging es ja nicht anders. Aber wenn man nach jahrelanger, harter Arbeit endlich von Tausenden bejubelt wird und um einen herum dann auf einmal nur noch Stille herrscht. Tja … Das ist nicht leicht. Darüber hat das Ausnahmetalent mit der Reibeisenstimme jetzt gesprochen. Und über sein drittes Studio-Album „Jetzt erst recht!“

Mensch, Ben! In den letzten Monaten war ordentlich was los bei dir. Ein Auf und Ab! Und jetzt musstest du auch noch kurzfristig ein digitales Live-Konzert absagen, weil ein Team-Mitglied an Corona erkrankt ist …

Ja, das war so ein Moment, der war für uns alle schlimm. Wir hatte das Ganze super aufgezogen, wollten den Fans ja auch etwas Tolles bieten. Aber so ist das manchmal. Wir wollte einfach kein Risiko eingehen und haben dann alles abgesagt. Wir arbeiten aber schon unter Hochdruck an einem neuen Termin und hoffen, dass die 10.000 bis 15.000 Fans, die sich angekündigt haben, da dann auch dabei sein werden. Na ja, da aus bekannten Gründen gerade nicht viel los ist, haben wir wenigstens kein Problem, bei unserer Konzert-Location einen neuen Termin zu bekommen. Der kleine Club liegt mir besonders am Herzen, da ich da früher geputzt habe. Auch in der Mercedes-Benz Arena übrigens, in der ich mein letztes großes Konzert geben durfte.

Na, das war dann aber auch ein absolutes Highlight! Wenn man da als großer Star zurückkommen kann, oder?

Das war… wow! Ich dachte, mehr geht nicht! 14.000 Menschen nur wegen mir. Tja, aber dann war auf einmal Schluss. Die Sommer-Open-Airs mussten alle verschoben und verlegt werden und nichts ging mehr. Das war schon sehr traurig!

Du bist dann auch ein bisschen in ein Loch gefallen. Was genau ist passiert?

Beim ersten Lockdown wusste ja noch keiner, wie man damit jetzt umgehen soll. Müssen wir nur zwei bis drei Wochen zu Hause bleiben und dann wird alles wieder gut? Oder muss man den Theorien glaube, dass alles bis 2021 geht. Ja. Heute sind wir schlauer. Auf jeden Fall habe ich zwischen dem ersten und dem zweiten Lockdown leider richtig ungesund gelebt.

Wie genau sah das aus?

Ich habe viel Pizza bestellt, mehr Alkohol getrunken, als sonst. Tja und dann habe ich richtig zugenommen, weil ich mich auch zu wenig bewegt habe. Mir war langweilig, ich hatte kein Ziel und irgendwie auch keine Lust zu schreiben und zu komponieren. Ich hatte keine Lust auf gar nichts und wollte einfach nur zu Hause sein. Musste ich ja auch. Wobei ich dazu sagen muss, dass ich gerne zu Hause bin.

Aber dann hast du das Ruder rumgerissen! Wie?

Anfang August habe ich dann festgestellt, dass es so nicht weitergehen kann. Ich habe meine Platin-Awards an der Wand gesehen und bin richtig erschrocken. Auf den Fotos, die darauf zu sehen sind, war ich gut 10 Kilo leichter. Ich dachte, das muss sofort ein Ende haben. Natürlich spielte da Eitelkeit mit, aber auch der Gedanke, dass ich mich als Person des öffentlichen Lebens nicht so gehen lassen kann. Ich habe ja auch eine Verantwortung meinen Fans gegenüber. Und ich habe mich auch nicht mehr wohlgefühlt. Immer die schwere Pizza im Bauch. Also beschloss ich etwas zu ändern und stellte dann auch schnell fest, dass ich ja genügend Zeit habe, um stringent einen Plan zu befolgen.

Da hast du wohl recht, Hut ab! Wie sah dein Plan aus?

Ich habe einfach keinen Alkohol mehr getrunken, keine Pizza mehr bestellt und bin am Tag 10.000 Schritte gelaufen. Durch die Wohnung. Immer hin und her. Das ging ganz gut. Dann habe ich Liegestütze, Kniebeugen und Hampelmänner eingebaut. Und so habe ich immer weiter gemacht und natürlich auch meine Ernährung umgestellt. Da ging das dann recht schnell.

Toll! Gab es bei dir noch andere positive Veränderungen im Lockdown?

Es war einfach die perfekte Zeit, um Dinge zu anzugehen, die man schon lange vor sich hergeschoben hat. Wie zum Beispiel die Kammer auszuräumen. Dann habe ich festgestellt, dass ich endlich wieder längere Gespräche mit Freunden und Familie führen kann. Das ging in den letzten Jahren auf Tour nicht so gut. Ich habe viele Dinge getan, für die ich sonst keine Zeit hatte. Bin mehr in die Tiefe gegangen. Und das war unglaublich schön. Da kam mir dann der Titel meines neuen Albums: Jetzt erst recht! Ich habe angefangen, mein Leben wieder in die Hand zu nehmen. So abgedroschen, wie es klingen mag – aber man hat nur ein Leben! Klar ist es eine schwierige Zeit. Aber man stellt auch fest, wie schnell alles vorbei sein kann.

Da kam dann auch die Lust am Schreiben und Komponieren zurück …

Genau! Ich fühlte mich nach meinem Tief frischer, wacher, aufgestellter. Ich habe den Zustand plötzlich verstanden. Ich habe kapiert, dass es nicht darum geht, zu warten und zu hoffen, dass Tag X kommt. Ich konnte die zusätzliche Zeit als Geschenk annehmen und dazu nutzen, auf mich zu achten, in mich hineinzuhören, bei mir zu sein und zu reflektieren. Da kamen die ersten Ideen für Songs. Das Schreiben hat dann so viel Spaß gemacht. Aus der Lockdown-Situation heraus ist ein sehr fundiertes, reflektiertes Album entstanden.

Und ein sehr emotionales … Welche Momente deines Lebens haben dich bei diesem Prozess am meisten beschäftigt?

Ich war ja die letzten drei Jahre nur unterwegs. Da hat ein toller Moment den nächsten gejagt. Erst war ich mit Florian Silbereisen auf Tour. Dann hatte ich meine eigene Club-Tour. Dann war ich mit Helene Fischer auf Stadion-Tour. Dann kam meine erste Stadthallen-Tour. Zwischendurch die TV-Auftritte mit Rockröhre Bonnie Tyler. Dann kam meine eigene Arena-Tour und dazwischen hatte ich noch unzählige TV- und Open-Air-Auftritte. Es war richtig viel los. Da kommst du im Kopf gar nicht mit. Es war alles unfassbar toll, aber man ist dann schon so ein bisschen positiv gefangen. Ich habe nur noch funktioniert. Als es dann auf einmal alles ruhig war… da fehlt einem natürlich die Musik. Da fehlen einem die Fans. Das war eine schwere Situation für mich. Ich war auf einmal wieder allein.

In dieser Einsamkeit entstanden sehr gefühlvolle Songs. Zum Beispiel „Bist du der Mensch“, in dem du die ganz große Liebe besingst. Gibt es die denn inzwischen?

Nein, diesen einen, besonderen Menschen gibt es momentan nicht. Aber ich bin jetzt definitiv bereit für die Frau meines Lebens (lacht). Ich habe in den letzten Monaten vieles aufgearbeitet und verarbeitet. Ich habe mir zum ersten Mal genau überlegt, wer ich bin und was ich will. Ich setze mich bei der Suche jetzt aber nicht unter Druck. Momentan kann man ein erstes Kennenlernen ja ohnehin nicht besonders romantisch angehen. Aber ja, ich bin mir sicher, dass der Mensch kommen wird, der mit mir zusammen durchs Leben geht. Ich bin offen und bereit. Und wenn er dann da ist freue ich mich ganz doll. Ich muss ihn nur erkennen (lacht). Das wäre schön. Wenn ich vorbeilaufe, habe ich wohl Pech gehabt.

Was wäre dir an dieser Person wichtig?

Die Frau an meiner Seite muss eine gesunde Portion Humor mitbringen. Sie sollte sich selbst überhaupt nicht ernst nehmen, aber gleichzeitig als ernste Person wahrzunehmen sein. Ich finde es einfach gut, wenn jemand über sich lachen kann und auch Schwäche zeigt. Das ist sympathisch. Das reizt mich. Natürlich muss sie auch aussehen wie eine Granate, ist klar (lacht). Wie das klingt! Den Parameter dafür legt ja zum Glück jeder selbst fest.

Wenn alles klappt, steht in diesem Jahr aber erst mal eine lange Tour bis 2022 an, richtig?

Das stimmt, da kommt einiges auf uns zu. Allerdings bin ich bereit, diese mögliche Frau meines Lebens, sagen wir es mal so, künftig deutlicher in meinen Berufsalltag einzuflechten. Das klingt jetzt banal. Aber wenn da eine Frau kommt, die mich absolut vom Hocker reißt, würde ich alle Hebel in Bewegung setzen, damit sich da etwas Großes entwickeln kann. Auch weitere Kinder kann ich mir vorstellen. Ich habe ja schon eine Tochter. Ich bin mit ihrer Mutter zwar schon nicht mehr zusammen, seit sie ein Jahr alt ist, aber wir haben ein tolles, entspanntes Verhältnis. Ja, unsere Kleine wird jetzt neun Jahre alt. Sie ist mein Ein und Alles.

Du bist kein Mann für halbe Sache und ein absoluter Optimist. Auf dem neuen Album gibt es auch einen Song, der „Das ist nicht das Ende der Welt“ heißt. Hattest du diese Einstellung schon immer oder musstest du sie dir erarbeiten?

Das war schon immer so. Ich war schon immer „on fire“, habe immer 120 Prozent gegeben. Da könnte meine Mutter ein Lied von singen. Schon mit 3 Jahren wollte ich überall mitmachen, die größte Burg bauen, die meisten Rückwärtsrollen machen. Ich wollte immer gewinnen. Habe immer mit dem bestmöglichen Ausgang gerechnet. Auch, als ich mit 15 Musiker werden wollte, gab es für mich keine andere Option. Ich habe das nie in Frage gestellt oder neu überlegt. Für mich war immer klar, ich mache das! Alle Rückschläge habe ich hingenommen. Denn ich wusste, dass es die braucht, damit ich mein Ziel erreiche. Es waren immer die typischen drei Schritte zurück, um einen voranzukommen. Aber das hat mich nie aufgehalten, das hat mich eher angespornt.

Also hast du schon seit deinem 15. Lebensjahr auf den jetzigen Erfolg hingearbeitet. Was hast du denn dazwischen neben dem Putzen alles gemacht, bis 2017 der große Durchbruch kam?

Um mein Musikerdasein zu finanzieren habe ich gekellnert, zwischendurch als Tellerwäscher gearbeitet, als Klamotten-Verkäufer oder als Akt-Modell. Es reichte immer gerade so, um die Miete zu bezahlen. Natürlich war ich hochverschuldet. Aber ich habe alles auf eine Karte gesetzt. Ich habe immer musiziert, immer weiterprobiert, nie aufgegeben. Und als dann das erste Geld kam, habe ich natürlich erst mal meine Schulden abbezahlt (lacht).

Es ist einfach nur der Wahnsinn, dass du nie aufgegeben hast und dein Wunsch in Erfüllung gegangen ist! Was hast du dir denn als erstes gegönnt, als die Schulden beglichen waren?

Eine eigene, größere Wohnung und eine richtig gute Soundanlage. Man kann jetzt in jedem Zimmer Musik hören. Das ist einfach toll.

Und was läuft das so den lieben langen Tag?

Ich höre alle möglichen Musikrichtungen. Am liebsten wähle ich ganz nach Stimmung eine Playlist aus und lasse sie laufen.

Danke für das Interview, Ben!

UPDATE vom 13.04.2021

Nachdem Ben Zucker sein Streamingkonzert am 29.03. kurzfristig absagen musste, weil ein Teammitglied positiv auf Corona getestet wurde, haben sich die gesamte Crew und Ben selbst in strikte Quarantäne begeben. Am Ende der Quarantäne stellt sich nun heraus: Auch Ben Zucker ist an Covid-19 erkrankt. Ihm geht es den Umständen entsprechend bisher gut, er hat nur leichte Erkältungssymptome.

Dennoch muss er jetzt die persönlichen Promo-Termine rund um die Veröffentlichung seines neuen Albums absagen. Das Album „Jetzt erst recht!“ erscheint trotzdem wie geplant am Freitag, den 16.04. und macht damit den Titel zum Programm: Jetzt erst recht!

Ben Zucker selbst sagt zu seiner aktuellen Situation:

Ben, du bist positiv auf Corona getestet worden. Wie geht es dir aktuell, welche Symptome hast du?

Mir geht es soweit gut, ich habe Gotteseidank nur leichte Erkältungs-Symptome. Ich hoffe sehr, dass es auch so bleibt.

Wann wurdest du positiv auf Corona getestet:

Ich habe das positive Testergebnis tatsächlich erst am Ende meiner Quarantänezeit bekommen, ich habe zu Beginn fast jeden Tag einen Schnelltest gemacht, der immer negativ war – dann dachte ich, nun kann ja nichts mehr kommen. Aber dann wollte ich zum Ende hin noch mal einen Test machen und war geschockt, dass dieser positiv war.

Weißt du, wo du dich angesteckt haben könntest?

Wir wollten vor zwei Wochen eigentlich schon die ersten Songs meines neuen Albums bei einem kleinen Streamingkonzert präsentieren. Das mussten wir aber kurzfristig aus Sicherheitsgründen absagen, weil ein nun bestätigter Corona-Verdacht bei einem Teammitglied bestand. Seither sind alle am Dreh beteiligten Personen, inklusive mir, in Quarantäne. 

Wie geht es jetzt für dich weiter?

Ich werde natürlich jetzt bis auf Weiteres in Quarantäne bleiben. An meiner Album-Veröffentlichung am 16.04. ändert das nichts. Natürlich wird “Jetzt erst recht!” wie geplant erscheinen. Ich freue mich auf das Album, an dem ich so hart gearbeitet habe und hoffe einfach, dass die neue Musik nicht nur mir, sondern auch meinen Fans in einer für mich schwierigen Zeit Freude bereitet, denn klar ist: Ich wäre jetzt gerne da draußen und würde das Album mit ganzer Kraft promoten. Das geht jetzt leider nicht, aber ich zähle auf meine Zuckerbande!

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