Was machen eigentlich die Guano Apes? DAS Interview zum Tourstart

Open Your Eyes, Lords Of The Boards, Big in Japan – es gibt sicherlich kaum ein Kind der 90er und 2000er, das diese Songs nicht auswendig kann. Jetzt gehen die Guano Apes wieder auf Tour. Schlagzeuger Dennis hat uns erzĂ€hlt, wie sich das anfĂŒhlt und was heute anders ist.

Bandfoto Guano Apes
Die Guano Apes (v.l.n.r.: Stefan Ude, Henning RĂŒmenapp, Sandra Nasic, Dennis Poschwatta) gehen auf Tour und können es kaum erwarten mit den Fans zu rocken!

Guano Apes. Der Bandname lĂ€sst heute noch bei vielen den Kopf nicken. Sie waren in Zeiten der HĂŒfthosen und des Klapphandys DIE Crossover-Rockband aus Deutschland und feierten internationale Erfolge. Der Ruhm kam 1997 mit dem ersten Album „Proud Like a God“ schnell, ein Leben auf der Überholspur folgte. Probleme innerhalb der Band waren da vorprogrammiert und fanden 2006 mit der Trennung ihren Höhepunkt. Es sei ums Geld gegangen, las man damals. Trotzdem konnten die Apes nicht lange ohneeinander. Immer wieder fanden die Musiker zusammen, spielten 2009 auf diversen Festivals, veröffentlichten 2010 ein neues Album, gingen 2011 auf Tour und auch in den letzten Jahren gab es den ein oder anderen Auftritt.

Jetzt gehen die Guano Apes endlich wieder auf Tour! Los geht’s am 28. Oktober 2022 in MĂŒnchen, am 4. November folgt Berlin, am 3. November Leipzig und, und, und … (Link zum Tourplan unten).

Von Alterserscheinungen, TrennungsgrĂŒnden, MatschbĂ€dern und der schönsten Sache der Welt …

Wir haben uns mit Schlagzeuger Dennis Poschwatta zum gemĂŒtlichen Plausch getroffen. Über was wir uns unterhalten haben, wollen wir euch natĂŒrlich nicht vorenthalten. Hier das komplette Interview:

Dennis, bald geht’s wieder los! Wie fĂŒhlst du dich so kurz vor der Tour?

Wir haben in diesem Jahr schon 11 Festivals gespielt – da war die NervositĂ€t deutlich grĂ¶ĂŸer als jetzt. Man wusste nach zweieinhalb Jahren nicht mehr, ob das der alte Körper noch mitmacht. Da auf der BĂŒhne rumhotten. Kann man die Songs noch? Die Festival-Saison lief aber total gut. Es ist eher schwierig, dass wir inzwischen in ganz Deutschland verteilt sind. Da lĂ€uft bei der Vorbereitung viel ĂŒber Mail. Es gibt ja kein neues Material, das macht es einfacher. Aber wir haben uns eine schöne Setliste einfallen lassen, die uns gefĂ€llt – da spielen wir besser (lacht) – und hoffentlich auch das Publikum begeistert.

Und ihr wĂ€rmt euch im Vorfeld bei einer kleinen Show in Moringen auf …

Ja, wir haben eine kleine Warm-up-Show in unserer Heimatstadt organisiert. Dort hat alles angefangen. Wir haben zwei Tage Zeit fĂŒr Licht und Sound, können alles wieder etwas auf Vordermann bringen. Das wird sehr interessant!

Auf der Setlist dĂŒrfen drei Songs auf keinen Fall fehlen … Spielt ihr eure Evergreens heute noch gern?

Open Your Eyes, Lords Of The Boards und Big in Japan gehören halt einfach dazu. Die machen auch immer Spaß! Und da sie am Schluss kommen weiß man: Jetzt ist es auch gleich vorbei (lacht). Nee, die machen immer Spaß. Ich nehme mir ĂŒbrigens trotzdem immer mal wieder ein paar andere Songs vor, die wir so vor 16 Jahren gespielt haben. Da weiß ich aber direkt, dass es Diskussionen mit den Kollegen gibt: Wollen wir nicht.

Wie reagierst du, wenn du eure Songs im Radio hörst?

Ich mache sie meistens weg (lacht). Ich schalte weg oder mache leiser. Gott sei Dank höre ich meistens Sender, wo das nicht gespielt wird. Meistens 80er-Jahre-Radio. Spaß beiseite: Am Anfang haben wir natĂŒrlich immer aufgedreht. Dann gab es eine Zeit, da hat man sie sofort weggemacht. Und heute denke ich: Wenn es kommt, dann kommt es und dann ist es ok. Es ist ja auch so: HĂ€tte mir jemand gesagt, dass ich in 25 Jahren immer noch auf Tour gehen und unsere Songs spielen darf – da hĂ€tte ich gesagt: ja klar … Das hĂ€tte ich nie gedacht. Es ist einfach toll, dass ich Musik machen und meinen Lebensunterhalt damit bestreiten darf. Das ist die schönste Sache der Welt. Das und ein paar andere.

Nach 25 Jahren noch immer auf der BĂŒhne … Bereitest du dich auf eine Tour heute eigentlich anders vor, als damals? Du musst ja hinterm Schlagzeug auch ordentlich ackern!

Ich nehme es mir jedes Mal vor. Ein bisschen Yoga – laufen hasse ich wie die Pest. Ich war zwar nie ganz weg von der BĂŒhne, aber die Apes verlangen schon ein anderes Energielevel. Da habe ich großen Respekt vor und bin anfangs nach den Shows richtig am Arsch! WĂ€hrend der Festival-Saison ist es dann aber besser geworden. Das kommt so beim Spielen. Na ja, ein bisschen trommeln sollte ich vorher vielleicht (lacht).

Als der große Erfolg kam wart ihr noch jung und seid quasi direkt aus der Schule raus auf die großen BĂŒhnen gesprungen. Was hat sich inzwischen bei euch als Band verĂ€ndert?

Wir waren ja seit 1997 auf der Rutsche, haben uns 2004 aufgelöst. Das Leben in dieser Zeit ging einfach nicht mehr. Das war wirklich ein Leben auf der Überholspur. 300 Tage im Jahr waren wir nicht zu Hause. Das ist anstrengend. Und natĂŒrlich auch ein Grund, warum es zur Trennung kam. Als wir 2009 wieder mit einer Festival-Saison angefangen haben, war es uns wichtig, dass wir uns nicht mehr so kaputt machen. Wir alle haben ja auch Familie, die plant man dann mit ein. Jeder hat ein Veto-Recht und kann sagen, dass ihm diese oder jene Show zu viel wird. Wenn das Ganze so ein Stresspunkt wird und man keine Lust mehr hat, weil man dann muss … dann ist es immer scheiße.

Das klingt nach einer erwachseneren Herangehensweise …

Na ja, erwachsener … Vielleicht gesĂŒnder. Ver… wobei vernĂŒnftiger eigentlich auch nicht. VernĂŒnftig in dem Sinne, dass man sagt: Es gibt auch noch ein Leben nach den Apes. Am Anfang war es fĂŒr uns alle ganz klar, dass wir – blöde gesagt – fĂŒr die Band unsere Oma verkauft hĂ€tten. Wir wollten nach vorne kommen mit dieser Band. Das war unser Ziel. Dann haben wir bemerkt, dass alle mitziehen mĂŒssen und es fĂŒr alle gesund sein muss. Wenn die Lust weg ist, wird es schwierig. Wo soll dann schließlich die Motivation herkommen? Es ist einfach kein normaler Job. Man muss diese Musik auch wirklich leben auf der BĂŒhne. Sonst wird es unehrlich – und das bekommt das Publikum schnell mit.

Bandfoto Guano Apes
Auf die bevorstehende Tour angesprochen sagt Frontfrau Sandra Nasic zu PRINZ: „Wir freuen uns, sind bereit und fit fĂŒr die BĂŒhne!“

Wenn man alte Interviews zu eurer Trennung damals liest, wirst meist du zitiert. Der Tenor war: Es gab Meinungsverschiedenheiten mit Sandra im finanziellen Bereich. Wie stehst du heute dazu?

Das kann ich heute immer noch genauso unterschreiben. Es ging ja wirklich um viel Geld. Also eher um eine monetÀre Geschichte. Was aber der Vorteil ist: So etwas kann man auf einer geschÀftlichen Basis hinbekommen. HÀtten wir uns musikalisch voneinander entfernt, hÀtten wir womöglich nie wieder zusammengefunden. Aber wir sind der Meinung, dass wir musikalisch noch nicht alles gesagt haben. Wir haben noch Bock live zu spielen.

Und auch noch Bock, eine neue Platte aufzunehmen oder geht ihr nach der Tour jeder eurer Wege?

Auf jeden Fall sind schon ein paar Festivals fĂŒr nĂ€chstes Jahr bestĂ€tigt. Wir verschwinden also nicht in der Versenkung. Und dann gucken wir mal. Wer plant, plan zweimal. Vielleicht kommt bei der Tour der Bock. Muss ja keine ganze Platte sein heutzutage. Die bedeutet nĂ€mlich auch, dass man wieder zwei bis drei Monate komplett produziert. Dann kommen wir auch wieder an einen Punkt, wo man sich schnell auf den Sack geht.

Dem Publikum geht ihr auf jeden Fall noch nicht auf den Sack – bei euren Konzerten ist ordentlich was los. Wie ist der Altersdurchschnitt?

Das Publikum hat sich fast wie wir verĂ€ndert. Wir haben jetzt Rollatoren-StellplĂ€tze … Nein. Cool ist halt, dass die Generation, die uns gehört hat, schon heranwachsende oder Ă€ltere Kinder hat. Und die bringen die dann auch mit. Da gibt es immer noch die Jungspunde, die komplett rumflippen. Im Ausland interessanterweise mehr wie hier. Es ist einfach sehr gemischt. Aber das ist ein Vorteil. Ich bekomme das ja mit, wenn ich junge Bands hier in meinem Studio produziere – die kennen die Apes ĂŒberhaupt nicht mehr.

Rock-Musik ist bei der jungen Generation gefĂŒhlt nicht mehr so prĂ€sent. Schade! Wie siehst du das?

Ich vermisse tatsĂ€chlich auch mal wieder so eine Überraschungsband im Rock-Bereich. Ich höre ja selbst gern Musik und bin Fan. Und bei den Rock-Bands hast du eben einfach die alteingesessenen. Da kam seit Jahren nichts Neues. Das hat sicherlich auch damit zu tun, dass es unpopulĂ€rer geworden ist, ein Instrument zu spielen. Viele Kids nehmen sich die Zeit nicht, datteln irgendwo rum. FrĂŒher warst du dazu verdammt, deine Zeit irgendwie zu fĂŒllen. Entweder du hast an einem Mofa oder Auto rumgeschraubt oder an einem Instrument.

Was fĂŒr einen Tipp hĂ€ttest du denn fĂŒr junge Bands, die es nach ganz oben schaffen wollen – wie ihr es damals vorgemacht habt?

Fleißig sein. Und sich unbedingt immer hinterfragen: Ist das gut genug, was ich da mache? Vergleichen ist auch gut: Was höre ich selbst fĂŒr Musik und warum feiere ich die so ab? Und warum finden Leute meine Sachen noch nicht so gut? Man muss sich immer kritisch hinterfragen. Kann das mithalten mit den Sachen, die ich gut finde? Und nicht den Kopf in den Sand stecken. Heute muss man wegen der Neuen Medien viel mehr Vorarbeit leisten. Dich wird keiner mehr als Newcomer nehmen. Du musst dir schon eine Fanbase aufgebaut haben. Spielen, fleißig sein. Und wenn irgendjemand fragt, ob ihr da und da spielen könnt – dann nicht ĂŒberlegen und einen Familiengeburtstag vorschieben. Da muss man am Start sein und Scheiße fressen.

Sehr bildhaft …

Ansonsten ist es Musik. Man muss sein Handwerk hinkriegen. Ich habe oft Bands im Studio, da sagen die Leute: Den Refrain habe ich schon gespielt, den kannst du doch hinten hin kopieren. Da sage ich nein. Das wird gespielt. Du musst diesen Song auch einmal durchspielen und schauen, dass du ein GefĂŒhl reinkriegst. Jeder hat an seiner Baustelle – also Schlagzeug, Bass, Gitarre und gerade am Gesang – eine Geschichte zu erzĂ€hlen und GefĂŒhle zu transportieren. Und wenn man das gut macht, hat man eine riesige Chance, dass man den Zuhörer dazu bekommt, dass er auch GefĂŒhle entwickelt. Dadurch wird es erst Musik und nicht etwas, das am Reißbrett irgendwas zurecht geschnippelt wurde. Wenn man als Band was erreichen will heißt es ĂŒben, ĂŒben, ĂŒben. Wir haben als Band frĂŒher dreimal die Woche zusammen gespielt. Weil wir Bock aufeinander hatten. Heute sagen Bands oft: Wenn wir es schaffen einmal die Woche oder so. Wie soll da was Neues entstehen – zusammen? Das funktioniert nicht.

Lass uns zum Abschluss noch einmal in die Vergangenheit tauchen: Was war dein lustigstes Erlebnis als Schlagzeuger der Guano Apes?

Das sind zu viele! Aber es gibt tatsĂ€chlich eine lustige Geschichte, an die ich mich gut erinnere. Wir haben auf einem Schweizer Festival gespielt. Es hatte geregnet wie verrĂŒckt und als wir kamen, war schön Sonne da. Ich hatte keinen Backstage Pass dabei und die Leute sahen aus wie Schweine. Ich habe mich solidarisch vor der Zugabe in den Graben vors Publikum geschmissen und mich ebenfalls im Matsch gesuhlt. In dem Moment kam die Security und hat mich einfach ins Publikum geschmissen. Da stand ich dann zwischen den Leuten und die haben sich voll gefreut. Ich ja auch – aber ich sollte ja spielen. Keiner oben hatte das mitbekommen und sie schauten sich schon nach mir um. Ich sagte zur Security: Hallo, ich mĂŒsste da mal hoch. Und die haben mich einfach nur angeguckt. Also stand ich in der ersten Reihe und habe immer wieder gerufen: Hier! Nach drei oder vier Minuten hat mich dann die Tourmanagerin entdeckt und die Situation geklĂ€rt.

Also da wĂŒrden wir ja gerne ein Foto sehen … Vielleicht beim nĂ€chsten Mal! Vielen Dank Dennis, fĂŒr das spannende Interview und euch eine super Tour!

Alle Tour-Termine findet ihr auf der Website der Guano Apes.

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