Bereit für den ESC am 14. Mai? Wir haben mit Kult-Kommentator Peter Urban gesprochen

Es ist soweit! Die 66. Ausgabe des Eurovision Song Contests findet am 14. Mai 2022 in Turin statt und wird live im TV zu sehen sein. Für Deutschland geht in diesem Jahr Popsänger Malik Harris mit dem Song „Rockstars“ an den Start.

Seit 1997 kommentiert Radiomoderator Peter Urban den Eurovision Song Contest. Nur einmal musste er seither aussetzen – aus gesundheitlichen Gründen im Jahr 2009

Einer, der dabei auf keinen Fall fehlen darf, ist Kommentator Peter Urban (74). Der Journalist, Radiomoderator und Musiker erfreut uns schon seit über 20 Jahren mit seinen immer treffenden, oft erheiternden und manchmal ganz schön bissigen Kommentaren. Wir haben ihm ein paar Fragen gestellt und spannende und gewohnt ehrliche Antworten bekommen. Wie sehen Maliks Gewinnchancen aus? Welches Land ist sein Favorit? Welche Bedeutung hat der ESC für den Frieden? Lest selbst …

Herr Urban, beginnen wir mit einer „leichten“ Frage: Wer ist Ihr Top-Favorit für 2022?
Ich bin kein Hellseher, aber in diesem Jahr ist der britische Titel sensationell: Sam Ryder mit „Space Man“, ein Song, der an Elton John, Freddie Mercury und Bowie erinnert, dazu grandios gesungen.

Auf was freuen Sie sich bei der für ihren bunten Mix bekannten Veranstaltung am meisten?
Einige befreundete Kollegen unter den Kommentatoren wiederzutreffen, wenn das unter den immer noch strengen Covid-Auflagen möglich ist.

Sie sind schon so lange dabei, mussten nur einmal aussetzen – können Sie sich ein Leben ohne den ESC überhaupt vorstellen? Was bedeutet Ihnen der Contest?
Na ja, der ESC ist ja nun nicht mein Leben, ich versuche in meinen Radiosendungen den Menschen seit 48 Jahren gute Musik vorzustellen, dazu erzähle ich im Podcast URBAN POP regelmäßig von wichtigen Persönlichkeiten der Popgeschichte. Der ESC war und ist ein Sahnehäubchen, einmal im Jahr eine Woche lang kommentiere ich neue Songs, neue Künstler aus über 40 Ländern und einen spannenden Wettbewerb für hoffentlich viele Zuschauer, das ist eine schöne Zugabe.

Woher kommt Ihre Leidenschaft für den ESC?
Ehrlich gesagt habe ich für den ESC keine Leidenschaft, ich mache nur den Job gerne. Ich bin 1997 dazu gekommen, wie die Jungfrau zum Kind. Mich hat es gereizt, ein Fernsehereignis zu kommentieren, das international ist und einen sportlichen Spiel-Charakter hat. Mittlerweile hat sich auch die Qualität der Musik extrem verbessert. Die Hauptsache ist aber der Live-Charakter, das Spannende, das Ungewisse und dass man auch mal sehr skurrile und lustige Sachen kommentieren kann. Seitdem es die Halbfinals gibt, die bei ONE übertragen werden, lässt der Spaß im Finale leider ein bisschen nach. Dann sind die schrägen Beiträge bereits ausgeschieden. Das heißt, der normale Fernsehzuschauer, der nur samstags das Finale sieht, hat die wirklich verrückten Sachen gar nicht gesehen, und das ist schade.

In welcher Hinsicht hat sich die Veranstaltung am deutlichsten verändert in den letzten Jahren? 
Der Contest ist moderner, musikalisch interessanter, vielfältiger, professioneller geworden, unter den ersten 12 des letzten Jahres waren kaum Mainstream-Titel, sondern eigenständige spannende Songs aus verschiedensten Genres, Hard Rock, Chanson, Soul, Avantgarde Pop, Ethno-Dance etc. Auch das Publikum ist breiter und jünger geworden, der ESC hat die sozialen Medien geschickt genutzt.

Was war ihr verrücktestes Erlebnis im Zusammenhang mit dem ESC?
2014 in Kopenhagen wollte man den Kommentatoren in ihren Kabinen einen Streich spielen und zündete direkt vor unseren Fenstern ein Feuerwerk. Ich habe mich zu Tode erschrocken, dachte es sei ein Anschlag und habe danach laut und deftig ins Mikrofon geflucht.

Im Juli 2021 mussten Sie sich einer Not-OP unterziehen. Geht es Ihnen heute wieder gut?
Ja, ich hatte eine akute Entzündung in meiner mehrmals operierten Hüfte, aber es ist alles wieder ok.

Was halten Sie vom Ausschluss Russlands? Hätte man anders mit der Situation umgehen können/müssen?
Natürlich war das richtig, die EBU war eine der ersten internationalen Organisationen, die den brutalen Angriff auf ein Nachbarland sanktioniert hat. Es tut mir nur für die russischen Musiker leid, die oft auch das andere Russland gezeigt haben, zum Beispiel 2021 kam die Sängerin Manizha mit einem mutigen Lied über die Gleichberechtigung russischer Frauen auf Platz 9.

Hat der ESC die Möglichkeit in Zeiten des Krieges in Europa ein Zeichen zu setzen?
Der ESC ist mit der Absicht gegründet worden, Frieden, Verständnis und Harmonie unter den Ländern Europas zu fördern. Klar, dass Musik keine Aggressoren und Kriegsverbrecher stoppen kann, aber sie kann Solidarität demonstrieren.

Und zum Abschluss: Was wünschen Sie unserem Vertreter Malik Harris für den Contest? Wie kann er das Publikum in Europa überzeugen?
Ich glaube, der wird eine gute Figur abgeben, er hat eine sympathische Ausstrahlung und wird cool seinen Song singen…

Er hat es geschafft: Malik Harris (übrigens der Sohn von Ex-Talkmaster Ricky Harris) gewann den deutschen ESC-Vorentscheid und vertritt Deutschland mit seinem Song „Rockstars“

Seid ihr am Samstagabend dabei? Wer es nicht erwarten kann, hat die Möglichkeit, schon am 10. Und 12. Mai die Halbfinalrunden zu verfolgen. Malik wird sich da noch nicht behaupten müssen. Er darf direkt beim Finale am Samstag antreten, da Deutschland zu den fünf größten Nationen des ESC gehört.

Weitere Infos findet ihr unter: www.eurovision.de
oder überall wo es Podcasts gibt unter „Urban Pop – Musiktalk mit Peter Urban“

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