Santiano: Deutschlands erfolgreichste Band im Interview

Santiano ist derzeit eine der erfolgreichsten Bands in Deutschland. Wir haben sie auf dem Schallwellenfestival getroffen und für euch interviewt.

Fünf Tage und über 975 Seemeilen lang ging es im Kreuzfahrtschiff auf das Schallwellen-Festival auf See vom 23. bis zum 27. August 2015. Rund 2.000 Musikbegeisterte feierten bei vielen tollen Konzerten verteilt auf drei Bühnen ausgelassen mit ihren Idolen. Und gefühlt rund 1.000 der Musik-Fans erschienen von Tag eins an im Santiano-Bandshirt. Die derzeit erfolgreichste Band Deutschlands trat sowohl als Hintergrund des Auslaufens aus dem Hamburger Hafen auf, als auch in kuscheliger Athmosphäre unplugged im Theater – und jedes mal lösten die fünf Schleswig-Holsteiner tosenden Applaus aus. Auf offener See haben wir drei der Jungs für ein kurzes Gespräch getroffen.

Für euch als selbsternannte Seemänner ist das Schallwellen-Festival auf See ja ein echtes Heimspiel. Fühlt ihr euch so pudelwohl hier, wie man es sich vielleicht vorstellt?

Björn: Wir fühlen uns auf jeden Fall wohl. Pudelwohl, diese Medaille wird ganz selten vergeben. Man fühlt sich passend. Santiano steht genau für die Dinge, die wir hier alle gemeinsam erleben.  Bei uns ist das ja noch etwas traditioneller, mit Segeln und so, das ist kein Vergleich zu so einem Schweröldampfer, aber letztendlich passt das natürlich einfach. 

Axel: Hier fühlen wir uns schon sehr gewollt, hier kommen uns sogar Menschen entgegen, die vorher nicht einmal genau wussten, wer wir überhaupt sind.

Eine Vielzahl der Musikbegeisterten hier ist ja letztendlich auch wegen euch hier.

Björn: Das mag sein, aber es sind hier alle so drauf, dass sie mit weit geöffneten Armen auch andere Künstler bejubeln. Sicherlich haben wir den Vorteil, dass 50% der Leute wegen uns hier sind, wir haben ja auch die Headliner-Funktion. Aber es gibt auch genug Leute, die ihre Tickets wegen Pohlmann oder Wingenfelder gekauft haben. Und die Konzerte sind sowieso alle gut besucht. Wo ich war, war es voll.

Wenn wir schon beim Publikum sind: Das ist ja von bis wirklich alles dabei. Wie ist das für euch?

Axel: Was kann man sich Schöneres wünschen, das wünscht sich jeder Musiker. Da kämpfen jahrelang Leute mit Marketingstrategien darum, dass sie ihre Zielgruppe erweitern und das haben wir von Anfang an.

Björn: Das ist ja bei unseren Konzerten nichts anderes, da rücken sie teilweise auch mit 4 Generationen an. Das kennen wir nicht anders.

Euer Auftakt war ja direkt am ersten Tag zum Auslaufen aus dem Hamburger Hafen. Und nicht nur live bei diesem Festival, auch vom Band beim Auslaufen der Mein Schiff 3 seid ihr zu hören. Was ist das für ein Gefühl?

Björn: Nicht nur da, auch in Flensburg auf der Fähre.

Axel: Bei einem Fußballverein da wo ich wohne auch – jedes Mal wenn das Spiel vorbei ist läuft „Santiano“.  Es ist enorm, wofür wir herhalten.

Habt ihr mit einer so großen Ressonanz gerechnet?

Hans-Timm: Nee, sowas macht man einfach und fängt an, sich so gut es geht da reinzuhängen. Wir wussten natürlich, dass da eine dicke Maschine in Form der Plattenfirma dahinter ist, dementsprechend sportlich sind wir das Ganze mit Engagement angegangen. Aber von sowas träumt man nicht, da hofft man auch nicht drauf, man muss einfach gucken was passiert.

Seid ihr alle von Anfang an musikalisch unterwegs gewesen?

Björn: Nein, alles eben erst beigebracht. (scherzt) Nein, da bringen wir schon eine Menge an Erfahrung und an langjährigem Musizieren in verschiedensten Formen mit. Das bringen wir alle mit und werfen es in einen Topf. Was dabei rauskommt, ist dann halt Santiano.

Ist die Seefahrer-Musik für euch vor Santiano Neuland gewesen oder wart ihr damals auch schon damit vertraut?

Hans-Timm: Den ein oder anderen Shanty hat man immer mal geträllert vorher. Aber das war eher nur ich.

Wenn wir schon bei persönlichen Erfahrungen sind: Seid ihr im privaten Leben auch Wasserratten und oft selbst zu Wasser unterwegs – sei es mit Segelschiffen oder ähnlichem?

Björn: Volles Rohr! Erstmal sind wir Schleswig-Holsteiner, da kommen wir her und sind quasi jeden Tag von Wasser umgeben. Wir wissen auf jeden Fall, wovon wir singen.

Axel: Zwei von uns segeln auch selbst mit eigenen Booten. Wir haben auf jeden Fall alle Salzwasser im Blut und sind in Salzwasser getauft.

Stichwort „Leben abseits des Trubels“ – Axel, du hast auch am Theater gespielt. War es schwer, Prioritäten zu setzen und das Theater hinter sich zu lassen?

Axel: Ja, das war ich. Santiano ist ja nun so zeitaufwändig und erfordert eine so hohe Energie, dass da kaum mehr Zeit für etwas anderes ist. Ich habe vor drei Jahren das letzte mal Theater gespielt und seitdem bin ich fast permanent mit Santiano unterwegs. Da habe ich natürlich ein Luxusproblem – Santiano ist ja auch kein Abstieg, im Gegenteil. Es war aber überhaupt nicht schwer, die Entscheidung zu treffen. Ich habe nie Probleme, Prioritäten zu setzen. Ich lege eine Sache ab und dann ist sie abgelegt und ich stürze mich mit voller Energie in alles Neue, das war schon immer so. Vielleicht kommt aber irgendwann nochmal der Punkt, an dem die Theater-Bühne mich wieder hat. 

Björn: Das Leben ist etwas für Kurzentschlossene. Die Entwicklung von Santiano hat ja auch uns allen nicht zugelassen, noch Energie für etwas anderes zu haben. Wir hatten alle mit unseren Sachen eine Art Übergangszeit, aber irgendwann hat uns Santiano keine Wahl mehr gelassen.

Axel: Ganz oder garnicht.

Eine Tour ist ja auch stressig. Habt ihr ein Entspannungsrezept vor Auftritten oder auf Tour?

Hans-Timm: Viel Schlaf, Schlafen ist wichtig. Und nicht immer bis morgens um 6 Party machen, aus dem Alter sind wir auch raus. Klar trinkt der ein oder andere mal ein Glas Bier. Aber generell gehen wir alles etwas straight und ruhig an. Vor den Gigs singen wir uns zur Entspannung etwas ein, aber das willst du nicht hören. Sonst haben wir kein wirkliches Rezept.

Björn: Die Kunst als fahrender Wanderskünstler, die haben das alle irgendwann drauf. Entspannung ist für sie die Routine. Es müssen nicht immer die großen Dinge sein.

Gibt es für euch persönlich irgendwelche Städte oder Locations, in denen ihr besonders gerne spielt?

Björn: Solche Kategorien lehnen wir ab. Wir können so auch gar nicht denken. Das haben wir anfangs noch probiert.  Aber irgendwann ist es einfach zu viel und manchmal weiß man gar nicht mehr, wo man vor zwei Wochen war. Das schönste ist ja die viele Abwechslung von Carmen Nebel bis hin zum Wacken und wie viel wir tatsächlich erleben. Da muss ein anderer Künstler fünf verschiedene Projekte am Start haben, um so viel zu erleben wie wir.

Jetzt ist die Schallwellen-Kreuzfahrt schon wieder fast vorbei. Wie geht es weiter?

Axel: Wir machen ja jetzt noch zwei Tage der Full Metal Cruise mit. Das Kontrast-Programm also. Dann geht’s ganze zwei Tage nach Hause zum Wäsche waschen und dann fliegen wir schon für zehn Tage nach England, um dort eine Dokumentation fürs ZDF zu drehen. Und dann geht auch schon die kleine Schweiz-Tour los. Und wenn wir dann nach Hause kommen, ist es auch nicht mehr lange, bis die große Tournee losgeht.

Klingt nach einem straffen Zeitplan…

Björn: Ja, aber das ist nun einmal so. Ab und zu stehen wir schon im Stau und fragen uns, wie das alles klappen soll. Aber das haben wir bislang trotzdem immer geschafft.

Axel: Das macht auch eine tolle Gemeinschaft aus, das kann man nur wuppen, wenn man ein gutes Team ist. Die Dinge, die wichtig sind, finden außerhalb der Bühne statt.

Björn: Zu wissen, man ist nicht alleine, ist das Beste. Und wir sind tagtäglich umgeben von Leuten, die alles dafür tun, dass wir abends auf der Bühne Spaß haben und zufrieden sind. Aber wir sind alle Menschen, und wenn mal etwas nicht so klappt, dann muss das auch in Ordnung sein.

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