1984, Olympische Winterspiele: Jens Weißflog und Katarina Witt gewinnen Goldmedaillen, das allgegenwärtige Maskottchen Vucko trägt den Ruf der multi-ethnischen Balkanmetropole Sarajevo in die ganze Welt hinaus. 2007: Zwölf Jahre nach Ende des Bosnienkrieges ist Sarajevo mindestens so spannend wie damals. Der kleine Wolf Vucko erlebt als TShirt-Aufdruck seinen zweiten Frühling, die Stadt atmet euphorische Aufbruchsstimmung. Sarajevo ist wie Phönix aus der Asche aufgestiegen und hat längst wieder an die europäische Szene angedockt. Die meisten jungen Leute sprechen fließend Englisch, viele auch Deutsch. Etwa Tarik Junuzovic, 37. Der kam vor zehn Jahren aus Düsseldorf zurück in die alte Heimat, betrieb mehrere In-Lokale und holte als Partyveranstalterinternationale DJ-Größen wie Laurent Garnier, Ian Pooley oder Kurt Mave rick in die Stadt. „Noch im Frühjahr hat Tom Novy bei uns gespielt, der war total begeistert von der Stimmung.“ Musikstadt Sarajevo: Schon im damaligen Jugoslawien galt die 500 000-Einwohner- Metropole als Keimzelle der besten Pop- und Rock-Acts, heute führt neben international konkurrenzfähigen Bands wie Dubioza Kolektiv oder Basheskia eine umtriebige elektronische Szene die Tradition weiter. So streckt Andrej Imamovic, 29, alias D-Liner, Radiomoderator und DJ, mit dem Netlabel Oscilator.net die Fühler weltweit aus.

Kurios: Wären da nicht die Berge, die Sarajevo umarmen, wähnte man sich im Sommer bisweilen in einer Mittelmeermetropole. Wer einmal erlebt, wie die Menschen vorbei an Prachtbauten aus der österreichisch-ungarischen Monarchie über die Fußgängermeile Ferhadija Richtung osmanische Altstadt flanieren, spürt eine Energie, der man sich nicht entziehen kann. Überall Straßencafés, Sehen und Gesehenwerden, Plauschen, Flirten. Mediterranes Flair verbreitet auch Sarajevos neuestes In-Lokal: die mit viel Liebe zum Detail gestylte Nivea Bar. Maja Munda, 23, und Fedja Fetahagi´c, 26, beide Moderatoren beim TV-Sender OBN, starten hier gerne bei einem Cocktail in die Nacht. Und schwärmen vom Sarajevo Film Festival (www.sff.ba, 17. bis 25.8.), das mehr als 100 000 Besucher und internationale Stars anlockt (diesmal Fatih Akin und Juliette Binoche) und längst in einem Atemzug mit den Festspielen von Cannes genannt wird: „Während des Festivals steigen in den Bars und Clubs die Partys des Jahres!

„Was wann wo los ist, weiß keiner besser als Haris Imamovic. Seit einigen Jahren betreibt er Sarajevos führendes Nightlife-Portal www.infobar.ba. Er empfiehlt den Gig von US-Star-DJ David Morales (6.7., Skenderija, ab 22 Uhr) -und schmunzelt, wenn sich Besucher über die äußerst selbst- und modebewussten Frauen im mehrheitlich muslimischen Sarajevo wundern:“Wir leben hier wie in Westeuropa, Religion spielt keine zentrale Rolle, die Stadt hat eine sehr liberale Tradition.“Bis zum großen Touristenansturm auf Sarajevo ist es nur eine Frage der Zeit, glaubt der britische Reisejournalist David Plant: „Die Billigfliegerstehen in der Startlöchern.“ Er hält die Metropole am Fluss Miljacka für den letzten Geheimtipp unter Europas Hauptstädten. Wie ein Vorbote des Booms schraubt sich am Rande des Zentrums das Betonskelett des Avaz Twist Towers in die Höhe. Es soll mit angepeilten 167 Metern das höchste Gebäude des Balkans werden.

Restaurants:
In den preiswerten Cevabdzinicas der Altstadt
(Bascarsija) verwöhnen neben Cevape
(Fleischröllchen) auch Spezialitäten wie Pita
(gefüllte Teigrollen) und Filovane Paprike
(gefüllte Paprika) den Gaumen.

Clubs:
Für Party- und Konzert-Dates auf www.infobar.ba
vorbeisurfen oder den kostenlos ausliegenden
„Sarajevo Navigator“ (erscheint monatlich auf
Bosnisch/Englisch) besorgen.

Hotels:
Sarajevos Touristeninfo (Zeleneh Beretki 22,
www.sarajevo-tourism.com) vermittelt vor Ort
oder per Internet Hotels aller Klassen.

Sebastian Brück