Ein typischer früher Abend im Hamburger Szenecafé Gloria: Der Kellner kritzelt quietschend das Abendangebot an die Schiefertafel, anwesende Mütter erinnern sich, dass es Zeit ist, ihren Bugaboo-Kinderwagen nach Hause zu bugsieren, am Tresen lösen die ersten Biertrinker das plaudernde Kaffeevolk ab. Wer als Single auf der Suche nach Artgenossen ist, dessen Stunde hat jetzt geschlagen. Die zwei lachenden Mädels da hinten vor der roten Lederwand zum Beispiel – freilich haben sie sich eine Menge zu erzählen, doch zwischendurch wandern ihre hübsch geschminkten Augen immer wieder durch den sich langsam füllenden Raum. Vielleicht ist er ja nicht weit, der Traumprinz. Tatsächlich sind die beiden Freundinnen Singles. Und zwar die Spezies, die den Satz „Wie kann es denn sein, dass so was wie du noch frei rumläuft?“ schon geschätzte tausend Mal zu hören bekam.

Die Frage ist ja durchaus berechtigt. Schließlich haben Ines und Rachel einiges zu bieten: Sie sind schön, klug, lebenslustig, unkompliziert und finanziell unabhängig. Nur das passende Gegenstück wollte sich einfach noch nicht blicken lassen. Auch etwa zwölf Millionen Lonesome-Deutschen blieb dieses Glück bislang verwehrt. Dabei träumt eigentlich fast jeder von der großen Liebe. Und sucht danach nimmermüde im Nachtleben, im Robinson- Club, im Supermarkt, auf Dating-Portalen oder Speed-Dating-Veranstaltungen. Doch obwohl die Möglichkeiten heute so groß sind, tun sich alle immer schwerer damit, die Hauptrolle zu vergeben. Oder gerade deshalb?

Was sagt Single Jochen (37, Fotograf) dazu? Lesen Sie auf der nächsten Seite weiter.

„Stell dir vor, dir stellt jemand zwanzig Kuchen vor die Nase. Du glaubst doch nicht, dass du dich da auf einen Kuchen festlegst. Von jedem wird mal probiert, und am Ende ist man satt“, fasst Jochen das Dilemma der unbegrenzten Möglichkeiten pragmatisch zusammen. Der 37-jährige Berliner ist eine „Schnitte“: gut aussehend, brillanter Humor, erfolgreich als Fotograf, leidenschaftlich als Motocrosser – und Single. Davon abgesehen, dass er sich schwer tut, sich zu verlieben, muss auch er zugeben: Große Auswahl ist auch große Versuchung. Und die Schwierigkeiten fangen schon beim Balzritual an. „Ich komme aus einer Kleinstadt. Da gab es einfach nicht so viele hübsche Frauen wie in Berlin. Und viel weniger Dinge, die man tun konnte. Man kommt doch hier kaum dazu, sich in der Bar nur auf eine Frau zu fokussieren. Und sobald es dann in einer Beziehung anstrengend wird, schmeißen die Großstädter genau deshalb die Flinte ins Korn. An der nächsten Ecke wartet ja eine neue Verlockung.“

Für Menschen wie Ines, Rachel und Jochen sei der „Markt“ generell schwierig, sagt Eric Hegmann, Single-Experte und Autor des Buches „Die Traumprinz-Falle“ (www.eric-hegmann.de). Wer selbst beste Voraussetzungen für eine Partnerschaft mitbringe, habe mitunter eine mangelnde Auswahl wirklich passender Partner. Eine häufige Falle sei aber auch der hohe Anspruch. „Wer viel zu bieten hat, kann Entsprechendes auch verlangen. Dabei stehen die Vorstellungen aber oft nicht im Verhältnis zum eigenen Marktwert. Viele Singles überschätzen sich und suchen den Partner in einer falschen Liga.“ Nicht nur ein falsches Selbstbild, sondern auch Mogeleien sind oft Ursache für vertane Liebesanstrengungen.

„Wir haben herausgefunden, dass sowohl online als auch beim Live-Flirten geschummelt wird“, berichtet Tanja Biller vom Datingportal Friendscout24. „Während online eher das Foto aufgehübscht oder bei der eigenen Beschreibung etwas hinzugefügt oder weggelassen wird, flunkert man beim Live-Flirt auf der Straße eher über den Beruf.“ Laut Single-Experte Hegmann spielt aber der berufliche Status keine unerhebliche Rolle beim Liebesglück: „Eine höhere Bildung kann zum Beispiel der Partnersuche im Wege stehen. So bleiben Akademiker meist unter sich, heiraten untereinander und fallen daher für andere Gruppen weg.

Was sagen Flirt-Experten dazu? Lesen Sie Lesen Sie hier weiter.

Diese Lücke erschwert jenen die Partnersuche, die sich nicht gleich an der Uni gefunden haben. Ein Grund für die vielen alleinstehenden Akademikerinnen, denn immer mehr Frauen studieren und orientieren sich in der Regel bei der Partnerwahl auf Augenhöhe und höher.“
Glaubt man den Beobachtungen von André Prager, einem bundesweiten Speed-Dating-Veranstalter (www.speeddaten.de), ticken Männer da anders. Immer wieder stellt er fest, dass die Herren, ob gebildet oder nicht, bei der ersten Kontaktaufnahme mit Powerfrauen eher überfordert sind. Auch wenn sie sich in den sieben Minuten, die ihnen beim Speed-Date-Flirt zur Verfügung stehen, gut unterhielten, so gaben die Männer den selbstbewussten Karrierefrauen hinterher eher kein Kreuzchen und somit den Laufpass. Alles Töpfe, die den passenden Deckel gar nicht erst aufsetzen wollen? Paartherapeuten sprechen immer öfter von aktiven und passiven Beziehungsverweigerern. Aktive sagen deutlich, dass sie sich keine Partnerschaft wünschen. Passive geben zwar an, sich eine zu wünschen, tun aber unbewusst alles, um sie zu verhindern. Sie verlieben sich in schwer erreichbare Partner: verheiratete, komplizierte, zu junge oder weit entfernte Menschen. Diese beiden Beziehungsverweigerer finden sich laut Single-Experte Hegmann häufig gegenseitig. Der passive Typus kann sich bei einem Partner, der keiner sein will, ohne Furcht vor einer Bindung in die Idealisierung des Partners und der Beziehung mit ihm hineinsteigern – es wird ohnehin nichts daraus werden.

Uffz, ist das alles kompliziert! Gott sei Dank ist das Single-Dasein kein gesellschaftlicher Makel mehr. Nein, es ist sogar äußerst attraktiv. So attraktiv, dass viele sich nach einer längeren Zeit allein nicht mehr so recht einschränken wollen. „Es sei denn, die absolute Hammer-Traumfrau kommt um die Ecke“, sagt Jochens Freund Stephan, 31, der als Fotograf vier Monate im Jahr durch die Weltgeschichte reist und auch sonst nicht von Einsamkeit und Langeweile geplagt ist. Laut Hegmann wird es aber mit dieser Einstellung schwierig. „Das Liebesglück sollte nicht allein an der anderen Person festgemacht werden, sondern daran, ob die Mischung der Persönlichkeiten für eine harmonische Partnerschaft taugt. Wer auf den Menschen wartet, mit dem alles klappen wird, entzieht sich der Verantwortung, eine Beziehung gemeinsam mit dem Partner zu erleben und zu erarbeiten. Prinzipiell sind der Traumprinz und die Traumprinzessin ja sowieso nur Märchengestalten, die es in der Realität nicht gibt.“ Oder man muss eben lange danach suchen.
Carmen Meyer

Lesen Sie auf der nächsten Seite die Interviews mit den Singles.

Ines (links), 30, Content-Managerin, Single seit 2 Jahren
Warum gehst du als Single durchs Leben? Der richtige Mann ist mir bislang nicht begegnet. Ich lerne zwar relativ schnell Männer kennen, aber entweder verliebe ich mich nicht oder umgekehrt. Manchmal bin ich aber auch zu schüchtern, und es scheitert schon beim Flirten. Wenn mir ein Mann auf den ersten Blick richtig gut gefällt, gucke ich zum Beispiel automatisch weg.

Womit disqualifiziert sich ein potenzieller Kandidat? Wenn er zu schnell zu viel erwartet. Ich brauche Zeit, um einen Menschen richtig kennen zu lernen. Pärchen, die aufeinandertreffen und dann sofort beschließen „Hurra, wir sind ein Paar!“, sind mir schleierhaft. Wenn schon bei den ersten Dates zu hohe Erwartungen auf mir lasten, bin ich zu angespannt und würde die ganze Sache am liebsten absagen.

Wie stellst du dir denn deinen Traumpartner vor? Ich bin gar nicht auf einen Typ festgelegt. Wichtig ist, dass wir über die gleichen Dinge lachen können und ich mich auf ihn verlassen kann.

Sascha, 28, Friseur, seit 1 Woche Single
Warum so allein unterwegs? Weil ich nun mal seit einer Woche Single bin. Und, schon drüber hinweg? Ja, ja, wir waren nur drei Wochen zusammen. Ich habe mich dann getrennt. Es hat einfach nicht gepasst.

Aber du würdest schon gern eine feste Beziehung haben? Auf jeden Fall. Er sollte stylisch, ausgefallen, auch ein wenig ausgeflippt, einfach etwas Besonderes sein, das suche ich.

Und wenn man dich finden will? Ich gehe gern tanzen. In meiner Heimatstadt Hamburg trifft man mich zum Beispiel öfter im Grünspan auf St. Pauli. Ich unterhalte mich aber auch gern in Kneipen.

Lesen Sie Lesen Sie hier die Interviews mit Rachel, Stephan und Valeska.

Rachel (rechts), 32, Redakteurin, seit 4 Monaten Single
Warum bist du Single? Ich komme gerade aus einer vierjährigen Beziehung. Wünscht du dir einen neuen Partner? Ich bin zwar nicht permanent auf der Suche, aber ich würde mich schon freuen, mich wieder neu zu verlieben.

Wie muss er denn sein, der Mann, der dich verliebt macht? Superwichtig ist Humor. Er darf nicht bierernst sein und sollte mit mir auf einer Welle schwimmen. Couchpotatoes kommen da nicht infrage. Äußerlich lege ich Wert auf ein schönes Lachen, gepflegte Zähne und Hände.

Wirst du ihn bald treffen? In meiner Heimatstadt Hamburg sind die Männer sehr schüchtern und zurückhaltend. Sie gebärden sich lieber cool in der Ecke, statt mal anzugreifen. Da würde ich mir mehr Offensivität wünschen, und das nicht nur abends, wenn Alkohol im Spiel ist. Jetzt kommt aber erst mal der Sommer, und ich genieße es zu flirten.

Stephan, 31, Fotograf, seit 8 Jahren Single
Warum bist du schon so lange Single? Zum einem bin ich nicht der Typ, der in der Flirt-Arena den Balztanz vorführt und die Frauen überzeut. Signale muss ich schon empfangen, und damit gehen die Berlinerinnen leider sehr verhalten um.

Und zum anderen? Ich bin vier Monate im Jahr unterwegs. Es ist schwierig, jemanden zu finden, der mit diesem Lebensstil klarkommt. Außerdem möchte ich nicht so viele Kompromisse eingehen.

Wie muss sie denn sein, damit du ein Stück Freiheit für sie opfern würdest? Ich wünsche mir eine eigenständige, gut aussehende, sportliche Frau mit Biss. Kein Mäuschen, das alles für mich tut und seine Eigenständigkeit aufgibt. Gemeinsamkeiten sind gut, aber jeder sollte aus seiner eigenen Welt berichten können.

Valeska, 24, Dekorateurin, seit einem Jahr Single
Warum sitzt du hier allein im Café? Da ich leider seit einem Jahr Single bin, kommt es vor, dass ich auch mal allein im Café sitze.

Woran scheiterte denn deine letzte Beziehung? Wir waren schon fünf Jahre ein Paar und haben uns dann entschieden zusammenzuziehen. Ab dem Zeitpunkt klappte plötzlich gar nichts mehr. Wir haben uns nur noch gestritten. Am Ende hat es für beide keinen Sinn mehr ergeben, und wir haben uns getrennt.

Und jetzt bist du eifrig auf der Suche? Ich bin meist auf organisierten Partys in Kiel oder besuche eine Freundin in Hamburg. Grundsätzlich bin ich schon eher der Partytyp, vielleicht treffe ich beim Ausgehen ja meinen Traummann.
Wie sollte dein Zukünftiger denn sein? Groß sollte er sein, aufgeschlossen, humorvoll – wir müssen einfach auf einer Wellenlänge liegen. Das muss sich aber ergeben.

Sonst keinerlei optische Präferenzen, eine bestimmte bevorzugte Haarfarbe zum Beispiel? Nein, da bin ich gar nicht festgelegt. Mein letzter Freund war zum Beispiel rothaarig.

Lesen Sie Lesen Sie hier die Interviews mit Fabian, Jessica und Jochen.

Fabian, 26, Produktplaner, seit 4 Jahren Single
Irgendwie siehst du aus wie ein Beziehungstyp … Kaum zu glauben, aber ich bin jetzt schon seit vier Jahren Single. Davor hatte ich zwei Monate eine Beziehung.

Zwei Monate? Das nennst du Beziehung? Warum denn auch nicht, es war jedenfalls mehr als nur eine Affäre. Doch keine Sorge, ich bin nicht beziehungsgestört. Ich war auch schon einmal zwei Jahre lang fest zusammen.

Was muss die Gute denn mitbringen, damit es mal wieder etwas länger hält? Sie sollte elegant und außergewöhnlich sein, aber bitte nicht gleich so eine Zicke oder Tussi. Ich mag es bodenständig. Optisch bin ich recht flexibel. Hauptsache, gepflegt.

Wo trifft man dich? In meiner Stammkneipe. Ich bin eher der Kneipentyp.

Jessica, 28, Verkäuferin, seit 3 Jahren Single
Wo ist der Haken? Warum läuft so eine tolle Frau wie du noch frei herum? Ich weiß es ja selbst nicht. Bislang ist mir einfach noch nicht der Richtige über den Weg gelaufen. Manchmal denke ich ja, meine Ansprüche sind zu hoch.

Wieso, was suchst du denn? Also unter 1,80 Meter kommt mir schon mal keiner ins Haus. Ich muss schon ein wenig zu ihm aufschauen können, und das meine ich auch menschlich. Ich möchte den Mann an meiner Seite auch ein wenig bewundern können.

Hast du sonst noch Vorstellungen, wie der richtige Partner für dich sein muss? Auf jeden Fall sollte er Humor haben. Ganz wichtig. Ja, und intelligent muss er sein.
Das muss sich doch finden lassen … Wäre schön.

Wo kann man dich treffen? Ich gehe viel im Hamburger Schanzenviertel aus. Da ich hier wohne und arbeite, ist das für mich optimal.

Jochen, 37, Fotograf, immer wieder Single
Warum hast du keine feste Beziehung? Es ist immer das Gleiche: Ich lerne eine Frau kennen, verknalle mich. Wir treffen uns. Irgendwann kommt die Frage, ob es denn jetzt was Ernstes ist. Da zerbricht die Sache, denn meistens will ich mich dann noch nicht festlegen.

Bist du ein Womanizer? Nein, dieses Image gefällt mir nicht. In Berlin ist es theoretisch nicht schwierig, ein Mädel anzubaggern und mit nach Hause zu nehmen. Aber das ist nicht das, was ich will, obwohl ja aus einer Affäre auch immer etwas entstehen kann. Ich sehne mich nach einer Frau, mit der ich etwas aufbauen kann. Eine Beziehung, in der man sich zuhört, unterstützt, füreinander da ist und auch mal gemeinsam durch die Scheiße geht.

Warum ist es so schwierig, die Richtige zu finden? Davon abgesehen, dass einfach viele bei den ersten Problemen sofort die Flinte ins Korn werfen, ist es nun mal schwierig, jemanden zu finden, bei dem die Chemie stimmt. Dann muss es noch karrieretechnisch passen, derjenige muss in deiner Stadt wohnen und so weiter. In meinem Alter kommt hinzu, dass bei vielen Frauen, die ich kennen lerne, die biologische Uhr tickt und sie deshalb keine Zeit mehr verlieren wollen. Dann werden sie ungeduldig mit dir, statt Liebe entstehen zu lassen.