PRINZ: Auf Ihren früheren Alben haben Sie deutlich mehr Steine geschmissen. Warum sind Sie nicht mehr so wütend?
Jan Delay: Es sind einfach viele Sachen besser geworden – um mich herum und im ganzen Land. Ich bin inzwischen ganz gerne eine „Kartoffel“. Außerdem habe ich in meinen alten Songs schon viel abgearbeitet. Ich habe überhaupt keine Lust, mich zu wiederholen. Einen Song darüber, dass keiner mehr demonstriert, habe ich schon gemacht. Einen Song darüber, dass alle nur noch vor der Konsole hängen, habe ich auch schon gemacht.

PRINZ: Was war denn in Deutschland vor zehn Jahren schlimmer als heute?
Jan Delay: Als wir damals mit den Beginnern und „Bambule“ durch die Decke gingen, haben uns all die Mädels mit den Zahnspangen in der ersten Reihe unglaublich schockiert – die waren gestern bei Scooter, morgen bei Blümchen und heute eben bei den Typen mit dem „Liebes Lied“. Die wussten gar nicht, was HipHop bedeutet. Also haben wir versucht, sie durch unsere Shows von diesem Kosmos zu überzeugen.

PRINZ: Was ist seitdem passiert?
Jan Delay: Eine ganze Generation ist im letzten Jahrzehnt mit guter deutscher Musik aufgewachsen. Die Musikszene in Deutschland ist unglaublich vielfältig geworden. Dadurch hat sich auch das kulturelle Selbstverständnis der Kids viel stärker ausgeprägt. Sie sind in dieser Hinsicht heute einfach lockerer, selbstbewusster. Und was subkulturelle Kompetenz betrifft, befindet sich diese Generation ohnehin auf einem Niveau, das mit früher überhaupt nicht mehr zu vergleichen ist. Sie können viel besser unterscheiden, was gut oder schlecht ist.

Video-Tipp: „Klar“ von Jan Delay

PRINZ: Woran erkennen Sie das?
Jan Delay: Heute stehe ich nach den Shows mit meinen 13-jährigen Fans zusammen und kann mich wirklich gut mit denen unterhalten. Das wäre 1999 überhaupt nicht möglich gewesen, damals waren das zwei Welten. Ich bin jetzt zwar zehn Jahre älter als damals, aber trotzdem viel näher an ihnen dran.

PRINZ: Worüber können Sie sich mit den 13-Jährigen von heute denn besser unterhalten?
Jan Delay: Das ist ja das Erstaunliche: über alles! Es ist egal, ob es da um Musik, Filme oder Klamotten geht. Das sind einfach genau die gleichen Gespräche, die ich auch mit 30-Jährigen führe.