Krallen aus eingängigen Gitarrenriffs: Berliner Band “LEOPARD” im Interview

Seit dem ihre Debüt-Ep “Mysterium” im eigens gegründeten Label “stabibi Records” im Juni 2020 das Licht der Welt erblickte, nehmen die Leoparden hohe Geschwindigkeiten an.

LEOPARD hat sich 2020 gegründet und produzieren seither unter dem eigenen Label „stabibi Records“

Gegründet von den Sängern, Gitarristen und Songschreibern Lars Paprotta und Christian Dangel und komplettiert von Achmed Zmeroam am Bass und Raul Neddermeyeram am Schlagzeug, ist LEOPARD pünktlich zum Beginn eines neuen Jahrzehnts angetreten, um sich mit Krallen aus eingängigen Gitarrenriffs, einem sanften Fell aus Melodien und leuchtenden Augen voller ehrlicher Texte durch das von Ironie verseuchte Dickicht der postmodernen Pop-Musik zu kämpfen. Das Ziel: Make Rock‘n‘Roll a threat again! Zwischen Post-Punk, Indie-Rock und Popmusik stehen sie diesen August wieder auf den Bühnen, um die Kunst zu zeigen, die sie wollen. 

Der Sommer ist da, die Festivalzeit startet und ihr geht auf Tour. Was ist das beste am touren und am live Konzerte spielen? Worauf freut ihr euch am meisten?

Einfach alles daran. Auf der Bühne können wir vergessen, was für ein dreckiger Ort diese Welt manchmal ist, welche Unsicherheiten und Zweifel an uns nagen oder wie wir die Miete nächsten Monat bezahlen sollen und uns stattdessen einfach allem hingeben: dem kollektiven Ausrasten zwischen Band und Publikum, den Tönen, die uns über die Griffbretter, Stimmbänder und Schlagzeug Sticks flutschen und den Gefühlen, die uns beim Schreiben der Lieder innewohnten und uns während den Shows wieder heimsuchen. Das sieben Tage am Stück zu machen, vor und nach den Shows zusammen und mit dem Publikum abzuhängen, jeden Tag woanders zu sein und durch eklatanten Schlafmangel und die Endorphine gar nicht mehr durchzusehen, schafft einfach ein kollektives Erlebnis, das seines gleichen sucht und uns zu Live-Junkies gemacht hat. Außerdem freuen wir uns auf Bratwurst.

Ihr plant gerade euer Debüt-Album, was erwartet eure Hörer*innen? 

Eine große Hit-Dichte und wahrscheinlich wird sich die eine oder andere Abweichung von dem, was Spießer*innen eine „saubere Stimmung“ nennen, wohl auch diesmal wieder nicht gänzlich vermeiden lassen (Arbeitstitel „Poorly Tuned Guitars Vol.3“). Wir machen raue, direkte, lebendige Musik und man wird es knistern hören. Es wird sicher nicht in eine ganz andere Richtung als die, die wir mit unseren beiden EPs „Mysterium“ und „Blaulicht“ eingeschlagen haben, gehen. Auch wenn wir natürlich nicht mehr die gleichen Menschen wie vor zwei Jahren sind und uns auch als Musiker weiterentwickelt haben.

Das Album wird das Thema Lebendigkeit fokussieren. Was wollt ihr durch die Songs transportieren?

Wir denken, dass zur Zeit auf der Welt, in der Kunst, in unserem Freundeskreis und in uns selbst das Gefühl der Ohnmacht und der Hilflosigkeit im Angesicht von Neoliberalismus, Rassismus, Krieg und Pandemie teilweise so groß geworden zu sein scheint, dass wir davon nicht mehr wütend werden, sondern wie gelähmt in Traurigkeit schwelgen. Aber wir wollen nicht resignieren, wie die Zombies durch die Stadt laufen und uns maximal auf neue Turnschuhe freuen, wir wollen lebendig sein, solidarisch, wütend und laut, wir wollen das Blut durch unsere Adern pumpen fühlen, wir wollen uns verlieben und vor Liebeskummer weinen. Kurzum: Wir wollen dieses beschissene Leben, das pausenlos und auf allen Kanälen beworben wird, nicht. Wir wollen leben.

Wie politisch wird es werden? 

Ja.

Kann man Musik und Politik überhaupt vollständig trennen?

Nein. Es ist vielleicht mittlerweile platt, das zu sagen, aber das Private ist politisch, und das macht auch die intimsten und persönlichsten Songs, die keinen Polit-Slogan im Refrain haben, potentiell zum Soundtrack der Revolution. „Warum geht es mir so dreckig“ fragte einst Rio Reiser, und auch wenn wir Menschen dazu neigen, Machtstrukturen zu internalisieren und die Schuld für den Abfuck, den dieses teils menschenverachtende System ständig generiert, in uns zu suchen, lautet die Antwort auf die Frage meistens: Kapitalismus, Rassismus und Sexismus.

Mit Stabibi Records habt ihr euer eigenes Label gegründet. Wird das Debüt-Album wieder ein reines ein DIY Projekt? 

Es bleibt spannend.

Angenommen ein Major-Label würde euch einen sehr guten Plattenvertrag anbieten. Würdet ihr ihn annehmen oder lieber weiterhin unabhängig euer eigenes Ding durchziehen wollen?

Beides. Also bitte immer her mit den hochdotierten Plattenverträgen, die uns die Veröffentlichung eines vierstündigen musikalischen Epos ermöglichen, auf dem nur Blockflöten, Schimpansen-Gebrüll und fast leere Ketchupflaschen zu hören sind. Aber Spaß beiseite, es kommt für uns einfach nicht in Frage, nicht zu 100% die Kunst zu machen, die wir machen wollen. Sollte das bei einem Label möglich sein, wieso nicht.

Wenn ihr eure Zukunft vollständig in der Hand hättet: wie groß wollt ihr werden? 

Haben uns intern jetzt auf 1,94 m geeinigt.

LEOPARD könnt ihr diesen Sommer noch in folgenden Städten live erleben: 

19.08. Halle, Alte Gärtnerei*

20.08. Erfurt, Stattstrand*

21.08. Selb, Jungbrunnen*

23.08. Wien, Rhiz*

24.08. München, Rote Sonne*

25.08. Kassel, Boreal*

26.08. Berlin, Popkultur Festival*

*mit CAVA.

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