Gentle M

Schwarzes Hemd, schwarze Hose, die Haare ein wenig vorwitzig, aber ordentlich zur Moritz-Tolle gestylt: So sitzt mir Sebastian Sazon im „Gentle M“ gegenüber. Erst vor einigen Tagen übernahm er gemeinsam mit Jan Nawrocki die Bar in einer Seitenstraße der Essener Fußgängerzone. „Wir sind gerade dabei, die neuen Getränkekarten zu machen – ein absolut nerviger Job“, stöhnt der 28-Jährige. Das „Gentle M“ ist das jüngste Projekt des Duisburgers. Essens schwule Partyszene hat sein Unternehmen Discoworx, zu dem auch der Bonner Klaus Gerber und Ralf Kiesswetter aus Köln gehören, bereits fest im Griff.

Eigentlich fing alles fast zufällig an. „In Dortmund habe ich miterlebt, wie mit der ‚Freezone‘ die ganze Szene zusammenbrach“, erinnert sich Sazon. „Als dann die Essener ‚Mandanzz‘ nach Düsseldorf wechselte und die Aids-Hilfe mit dem Versuch scheiterte, ein neues Partyformat zu etablieren, stand plötzlich die Frage im Raum: Wird es bald auch in Essen keine schwule Szene mehr geben?“ 2009 sollte die bereits aus Köln bekannte „Glamourdome“ diesen Abwärtstrend stoppen. „Weil wir alle noch andere Jobs ha – ben, ging es nie zuerst ums Geldverdienen“, erzählt er. „Also investierten wir die Gewinne immer wieder in neue Projekte.“ Die „Sugar“ im Opium war die zweite regelmäßige Party, zum Tanz in den Mai kam die „Sweet“ im Studio dazu. Und spätestens mit dem Flyer-Magazin „Input“ war aus dem Engagement auch ein Businessplan geworden.

Konkurrenten wie DJ Helmis „Gayhappening“ gaben angesichts dieser Monopolmacht auf, und fürs Magazin „Ruhrgaybiet“ dürfte es in nächster Zeit ebenfalls eng werden. Doch auch wenn Sazon eher wie ein für die FDP kandidierender BWL-Student aussieht, setzt er sich im Gespräch gern auch als idealistischer Szene-Aktivist in Szene. „Gerade für die jungen Schwulen sind Partys heute wieder sehr wichtig“, betont er. „Anonyme One- Night-Stands via Internet interessieren da nicht. Man will sich zuerst persönlich kennenlernen und gemeinsam feiern.“

Viel interessanter ist, was Sazon nicht sagt: Dass mit all diesen Beschwörungen der „Community“ letztlich kein Blumentopf mehr zu gewinnen ist. Wenn schwuler Lebensstil in einer rosaroten „Kleinstadt“ wie Essen eine Zukunft haben will, braucht das konsumfreudige Publikum mehr als bekannt behäbigen Szene-Idealismus. Sebastian Sazon und das Discoworx- Imperium gehen da einen Weg, wie er in anderen deutschen Metropolen längst beschritten wurde: Professionalisierung, auch Mo no – polisierung. Erst einmal dient es der Sache. Danach sehen wir weiter.

Honke Rambow

Gentle M
Kettwiger Str. 60
45468 Essen
Montag
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Dienstag
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Mittwoch
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Samstag
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Sonntag
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H: Porscheplatz
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