„Amors Pfeil ist giftig…

… und ich hoffe er trifft dich.“ So besang bereits 1998 die Band Fettes Brot in ihrem „Lieblingslied“ die Schwierigkeiten zwischenmenschlicher Beziehungen. Und urbanite wäre nicht urbanite, wenn die Redaktion nicht ebenfalls eine ausgemachte Expertin gescheiterter amouröser Abenteuer in ihren eigenen Reihen vorzuweisen hätte. So wagt sich Kaddi Cutz, Autorin des Kurzgeschichtenbandes „Warum ich meistens keinen Freund habe, und wenn dann nur kurz“, in den unergründlichen
Dating-Dschungel: Undercover und mit ordentlich Arsch auf Grundeis.

… und ich hoffe er trifft dich.“ So besang bereits 1998 die Band Fettes Brot in ihrem „Lieblingslied“ die Schwierigkeiten zwischenmenschlicher Beziehungen. Und urbanite wäre nicht urbanite, wenn die Redaktion nicht ebenfalls eine ausgemachte Expertin gescheiterter amouröser Abenteuer in ihren eigenen Reihen vorzuweisen hätte. So wagt sich Kaddi Cutz, Autorin des Kurzgeschichtenbandes „Warum ich meistens keinen Freund habe, und wenn dann nur kurz“, in den unergründlichen Dating-Dschungel: Undercover und mit ordentlich Arsch auf Grundeis.

Ganz ehrlich? Ich habe Angst. So richtig. Ich hasse Dating. Also nicht, wenn man sich auf „natürlichem Wege“ irgendwo kennengelernt hat, und dann trifft. Das ist okay, passiert nur nicht so oft. Alles, was sich über Dating-Plattformen oder ähnliches anbahnt, ist mir mehr als suspekt. Dabei habe ich sogar meinen letzten Freund tatsächlich über Tinder kennengelernt – eine App, die irgendwo zwischen „total ermüdend“ und „völlig creepy“ rangiert, weswegen ich nie länger als drei Tage dort angemeldet bin. Nur einem überaus schlauen Trick ist es zu verdanken, dass er mich überhaupt dazu gekriegt hat, mich mit ihm zu treffen. Und nun also Speed-Dating. Für Menschen wie mich ist das der Endgegner. Mehrere Männer, die ich mir vorher noch nicht mal selber ausgesucht habe, vorgesetzt zu bekommen, auf dass ich mich geschlagene sieben Minuten lang mit ihnen verbal beschäftigen möge – schwierig, wenn man wie ich zwar nicht auf den Mund gefallen, aber auch nicht so leicht zu begeistern ist. Mein Umfeld reagiert mit unverhohlener Begeisterung auf dieses Experiment; alle sagen, das werde sicher total lustig, für einen selbst sei das aber nichts. Sehr witzig.

Als ich am Abend des großen Tages im MAX Altstadt eintreffe, bin ich immer noch latent aufgeregt. Weil ich direkt auf zwei Mitstreiterinnen treffe, die gerade vom „Dating Angel“ ihre Unterlagen und eine erste Einweisung bekommen, kommt aber dann doch sowas wie Entspannung auf. Man plaudert locker, auch Birgit und Janine sind das erste Mal dabei und total gespannt. Der Blick auf den „Bewertungsbogen“, den die engelhafte Dating-Leiterin uns ausgeteilt hat, bringt meine positive Stimmung dann aber doch leicht ins Wanken. Auf dem poppig gestalteten Zettel kann man nicht nur seinen Nicknamen angeben, den man im Zuge der Registrierung und Anmeldung auf der Website www.speeddating.de festgelegt hat, sondern sich auch Notizen zu den jeweiligen Gesprächspartnern machen.

Dazu gibt es ein paar Tipps, wie man sich im Gespräch am besten verhält. Dem weiblichen Part wird geraten, aufkommende Nervosität durch das Zurhandnehmen eines Stiftes zu vertuschen und fleißig zu grinsen und zu nicken, falls das Thema Sport aufkommen sollte. Die Herren der Schöpfung werden hingegen aufgefordert, reichlich Komplimente zu verteilen, bei Liebeskomödien immer zuzustimmen (was immer damit konkret gemeint ist) und auf keinen Fall Fragen zum Gewicht zu beantworten. Erschüttert von diesem antiquierten Rollenverständnis muss ich trotzdem ein bisschen lachen bei der Vorstellung, irgendwer – oder im besten Fall: alle – könnten sich diese Tipps ernsthaft zu Herzen nehmen und in die Tat umsetzen. Unterdessen trudeln die weiteren Teilnehmer ein. Angemeldet haben sich neun Frauen und zehn Männer, am Ende sind sechs Vertreterinnen der weiblichen Fraktion und sieben Männer übrig. 

Und  los  geht’s…

Ein kleiner dicker Mann mit lichtem Haarkranz und einer Vorliebe für quergestreifte Leibchen hatte zunächst aus sicherer Entfernung das Eintreffen der Frauen abgewartet, offenbar aber an keiner von uns Gefallen gefunden und dann das Weite gesucht. Unser Dating-Angel zeigte sich erschüttert, das habe sie noch nie erlebt. Dass Teilnehmer hingegen gar nicht erst auftauchen, scheint öfter mal vorzukommen. Nach einem Begrüßungssekt geht es dann auch direkt los mit Mann Nummer 1. Er ist Anfang 50 und will als Erstes wissen, ob ich sowas schon mal gemacht habe. Habe ich nicht. Das wirft ihn völlig aus der Bahn, er habe gehofft, ich sei eine alte Häsin auf dem Gebiet Speed-Dating, sodass man etwas habe, worüber man reden kann. Alternativ erzählt er mir, wie er den bisherigen Sonntag verbracht hat. Es hat irgendwas mit der Demontage eines alten Sitzmöbels zu tun und weckt schlagartig den Wunsch in mir, ich hätte diesem Ereignis beigewohnt. Nicht. Die sieben Minuten tropfen recht zäh vor sich hin, dann endlich klingelt unser Engel mit einem Glöckchen und die Männer rutschen einen Sitz weiter. Vor mir nimmt ein Mooshammer-Double Platz, notiert als erstes meinen Namen und beginnt dann, ein Feuerwerk an Fragen auf mich abzuschießen. Ich fühle mich ein bisschen wie in einem Bewerbungsgespräch und weiß auch gleich wieder, warum ich konstruiertes Dating so wenig mag. Was machst du, was arbeitest du, was sind deine Hobbys, wo siehst du dich in zehn Jahren, welche Musik magst du – ein Einerlei von Standardfragen, die ich mit wenig Begeisterung beantworte und dann prompt ungefragt auch gleich die Antworten meines Gegenübers darauf erhalte. Immerhin vergeht die Zeit so relativ flott und schon sitzt mir ein neuer Mann gegenüber. 

Dieser ist ebenfalls schon etwas in die Jahre gekommen und stellt sofort klar, dass er eigentlich „nur auf Spaß“ aus ist. Vielleicht mal zusammen Urlaub machen, eine feste Beziehung möchte er nicht, aber gern mal was zusammen machen, „bloß nichts mit zu viel Action“. Amüsiert frage ich nach, was denn Action für ihn sei und erfahre, dass nahezu alle Aktivitäten, die sich außerhalb seines Sofas abspielen, tendenziell mit zu viel Aufregung behaftet sind. Langsam beginnt der Abend, mir Spaß zu machen, wenngleich mir auch bei den folgenden Männern vor Begeisterung kein Herzkonfetti aus dem Hintern fliegt. Das liegt in erster Linie am Alter, unterteilt wird das Speed-Dating nämlich in zwei Altersgruppen: 24-35 und 36-52 – wenn man wie ich genau dazwischen liegt, kann das schnell mal schwierig werden. Tatsächlich kam die Veranstaltung für Gruppe 1 aber auch gar nicht zustande, da sich nicht genügend Frauen angemeldet hatten. Offenbar ein Problem, das häufiger auftritt. Der letzte Mann des Abends überfällt mich relativ einleitungslos mit der Frage, ob ich mich „im Urlaub auch oben ohne sonnen“ würde, kann dann aber mit der Antwort nicht umgehen, was mir äußerst unterhaltsame Minuten beschert. Nach nicht einmal 1,5 Stunden ist der Spuk vorbei und ich bin erstaunt, dass ich tatsächlich einen ganz netten Abend hatte und meine Aufregung unbegründet war. Wenngleich das Konzept als solches mich buchstäblich nicht vom Hocker gehauen hat: Kann man mal machen. Wer übrigens nicht schon direkt am Abend offensiv Kontaktdaten einsammelt, bekommt diese erst, nachdem er oder sie im Anschluss online seine Favoriten angegeben hat. Nur wenn es ein Match gibt, rückt der Anbieter die hinterlegte Emailadresse oder Telefonnummer raus.

INFOS: www.speeddating.de

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