Dresdner Biere und Bier in Dresden

Männertag und Bier gehören zusammen, wie Pech und Schwefel. Ein guter Anlass sich mal auf dem Dresdner Biermarkt etwas genauer umzuschauen.

Das Reinheitsgebot ist 500 Jahre alt geworden! Wir sagen herzlichen Glückwunsch kühles Blondes, Gerstenkaltschale, Hopfenblütentee oder wie auch immer du genannt werden möchtest. Zum Geburtstag möchten wir die Gelegenheit nutzen, um die ganz großen Akteure wie Feldschlößchen und Radeberger mal hinten anzustellen und stattdessen die kleineren Dresdner Marken und Hausbrauerein ins Rampenlicht zu rücken.

Noch keine 500 Jahre lang, aber immerhin schon seit 1838 wird aus Liebe zur Tradition im Brauhaus am Waldschlößchen der goldene Gerstensaft produziert. Tradition, die sich sehen lassen kann.

Denn während die meisten Biere zur damaligen Zeit, trotz des deutschen Reinheitsgebotes 

geschmacklich eher keinen großen Genuss bereiteten, punktete das sächsische Brauhaus mit hoher Qualität und gutem Geschmack. Damit machte es sich nicht nur in Deutschland, sondern auch in Frankreich und sogar in Brasilien viele Freunde. Bis zum Februar 1945 war die Brauerei die größte ihrer Art in Dresden. Heute produziert das Brauhaus nicht mehr für den internationalen Markt, sondern stellt seine acht verschiedenen Biersorten, vier davon saisonal, vor allem für den Dresdner-Gaumen her. Respektabel sind die 210.000 Liter der Marke Waldschlößchen, auf die es die Brauerei pro Jahr bringt dennoch. Ziehet daher euren Hut vor dem Dresdner Bierdurst!

 

Immer wieder neu

Ein Lied davon singen können auch die Mitarbeiter des Brauhauses Watzke: Vom Kassenschlagerbier Maibock werden rund 12.000 Liter gebraut und auch vertrunken. Damit führt das kräftig-süffige Bockbier die Hitliste des Watzke-Bierkalenders an. Dieser ist eine ganz besondere Spezialität des Hauses. Neben dem Pils und dem Altpieschner Spezial wird zudem monatlich wechselnd eine weitere Biersorte angeboten. Bei der Gestaltung des Kalender richten sich Brauer Gregor Reichardt und seine Kollegen auch nach derzeitigen Trends. “Das Interesse an alhokolhaltigen Sorten, wie Bockbier – den Maibock jetzt mal ausgenommen – geht durchaus zurück. Sehr gefragt sind dafür jetzt hopfenbetonte Biere”, so der Brauer. Auch deshalb feiert das Blonde Ale seine Premiere im Oktober. Hopfenliebhaber dürfen sich freuen. Der Geschmack jedes Monatsbieres entsteht zu allererst auf dem Papier. “Wir überlegen uns bereits im Winter, welche Biere in unseren Bier-Kalender kommen”, so Gregor Reichardt. Ein bis zwei Monate bevor es so weit ist, wird die Rezeptplanung konkret. Fachliche Kompetenz und Erfahrung sind dabei von besonderer Bedeutung, denn ist der Sud einmal angesetzt, kann geschmacklich nicht mehr nennenswert nachjustiert werden. “Es muss auf Anhieb klappen”, so der Watzke-Brauer. “Bis jetzt war das auch immer der Fall.”

Von der Pike auf

Bier brauen ist Faszination und Leidenschaft in einem. “Aus nur drei bis vier Zutaten kann man ein geschmacklich unglaublich vielfältiges Produkt
herstellen. Das ist das Tolle und Besondere am Brauen”, meint Gregor Reichhardt. Aber damit es wirklich ein leckeres Geschmacksergebnis wird, müssen Wissen, Erfahrung und Talent zusammenkommen.

Dass ein Überhang an Letzterem anfängliche Mängel von Ersterem auch ausgleichen kann, zeigt die Erfolgsgeschichte von Christian Schwingenheuer. Den meisten ist er unter seinem Spitznamen Lenin – ein historisches Mitbringsel aus seiner Studentenzeit – bekannt. Lenin bekam zu seinem 16. Geburtstag von seinem Vater ein umfangreiches Buch über das Bierbrauen geschenkt. Seit dem braut er. “Die ersten drei Sude waren grauenvoll und zwei davon kamen auch direkt in den Abfluss”, berichtet der Wahl-Dresdner. Aber Begabung setzt sich durch und Übung macht ja bekanntlich den Meister. Mit 26 Jahren und immerhin schon zehn Jahren Brauerfahrung entschloss er sich sein Hobby zum Beruf zu machen. Sein erstes Produkt: Hecht alt. “Ich trinke sehr gern Altbier, aber in Dresden gab es keines. Also braute ich es.” Darauf folgten rasch weitere Sorten. Heute bietet er sieben verschiedene Biere, zwei davon saisonal im Wechsel an. Der Kassenschlager unter ihnen ist ganz klar das das Elbhang Rot.

Flaschenprotest

Unter dem Motto “Don´t smoke, just drink” produziert und verkauft er die Sorte Lenins Hanf. Es ist das einzige Bier aus seinem Sortiment, welches er nicht mehr selbst in Dresden braut, sondern nach seinem Rezept in Hartmannsdorf herstellen lässt. Ihm fehlen schlichtweg die Kapazitäten für die Produktion. “Da bin ich aber ehrlich. Auf den Bierkästen steht dann auch Brauerei Hartmannsdorf. Ansonsten bin ich der Meinung, dass Biere, die sich Dresdner Produkte nennen wollen, auch hier produziert werden sollten. Alles andere ist Etikettenschwindel oder auch nur eine Marketingperformance mit Relevanzsimulation”, meint Lenin. Der Brauer scheut sich nicht vor klaren Ansagen egal ob politisch oder unpolitisch. Weder sein Unternehmen noch sein Bier klammert er von dieser Linie aus und so werden die Etiketten seiner Produkte des Öfteren mal Träger von Botschaften. Größeren Projekten widmet er gleich ganze Aktionsbiere, wie zum Beispiel die Hufeisennase oder das Vier Katzen Ale. Seine neuste Kreation ist das streng limitierte PEGIDA alkoholfrei. Der gleichgültig gebraute Inhalt der braunen Bügelflasche: lauwarmes Leitungswasser vom Vortag. Garantiert 0,0% Alkohol und für schlappe 9,90 Euro pro Flasche (zzgl. Pfand) in der Schönbrunnstraße 1 käuflich zu erwerben. “Bis jetzt habe ich diese Edition erst ein einziges Mal verkauft. An einen überzeugten Pegida-Fan, der die Botschaft wohl nicht ganz verstanden hat”, schmunzelt der Brauer. Die 9,90 Euro kamen im übrigen dem Netzwerk Dresden Nazifrei zu Gute.

Bier für alle

Nicht nur Hausbrauereien sind in Dresden und darüber hinaus erfolgreich, sondern auch Marken, die das Brauen ausgelagert haben, sind sehr beliebt. Das Vier Vogel Pils dürfte mittlerweile jedem Dresdner ein Begriff sein. Ebenfalls im sächsischen Hartmannsdorf gebraut, hat das Bier der vier Dresdner die Stadt im Sturm erobert. Das Ganze funktioniert so gut, dass die Vier Gründervögel ihr Bier längst nicht mehr nur in Dresden verkaufen.

Sofern ihr auch in eurem Urlaub nicht auf ein süffiges Vier Vogel Pils verzichten wollt, empfehlen wir euch eine Reise zum Beispiel nach Hamburg, Nürnberg, ins britische Norwich oder in die Nähe von Rotterdam, denn auch dort gibt es mittlerweile das Bier, welches ursprünglich für die Dresdner Neustadt gebraut wurde.

Ebenfalls für die Szene hergestellt, wird das Bio-Bier Quartiermeister. Dieses war ursprünglich dem Berliner Kiez vorbehalten. Mit der Argumentation, dass jede größere Stadt ein Kiez hat, wird es mittlerweile auch für Leipzig, München und Dresden
produziert. Der Preis für eine 0,5 Liter Flasche geht im Einzelhandel (Nachtrag d. Red.) bei 1,40 Euro los. Zugegebenermaßen nichts für schmale Geldbeutel, aber neben einem Pils kauft ihr euch auch ein paar Pluspunkte für euer Karmakonto. Denn Quartiermeister ist ein soziales Bier: Die Gewinne werden über einen dazugehörigen Verein an soziale Projekte verteilt. Im letzten Jahr gingen die Gelder an Projekte wie Singasylum und „Ich verschenke meinen Schlafsack an Obdachlose“. Diesen Monat wird geprüft welche Projekte den allgemeinen Förderrichtlinien entsprechen. Am 10. Juni erfolgt dann die Projektvorstellung in der Chemiefabrik und danach könnt ihr auf quartiermeister.org per online-Voting mit darüber entscheiden, wohin das Geld fließen soll*.

Also trinket und tuet Gutes. Prost!

 

 

 

 

*(nachträgliche Änderung der Redaktion; ursprünglich „Diesen Monat wählt das Kulturbüro Dresden aus allen Bewerbungen eine handvoll Projekte aus. Ab Juni könnt ihr auf quartiermeister.org darüber abstimmen, wohin das Geld fließen soll.“)

 

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