B-Tight im Interview

Die Musik von Aggro Berlin lief in den Jugendzimmern und auf den Schulhöfen Anfang der 2000er rauf und runter. Nun meldet sich B-Tight mit einem Soloalbum zurück.

Bei Rapper B-Tight stehen alle Zeichen auf „Retro“! Als Gründungsmitglied der Kombo „Alles ist die Sekte“ sorgte er zusammen mit Sido Anfang der 2000er für harten Sound auf den Schulhöfen. Nun meldet er sich zurück und knüpft mit seinem ersten Rap-Album seit 2008 an den Sound der Anfangsjahre an. Am 11.05.2015 zeigt er in der FestungMark seine neuen Songs live auf der Bühne. Wir sprachen mit ihm über den ersten Kontakt zu Sido, den Erfolg bei Aggro Berlin und seine heutige Einstellung zu Rap.

Am 11.05.2015 kommst du in die FestungMark. Ursprünglich sollte dich der Plusmacher supporten, nun steht aber Vitarmin-B mit dir auf der Bühne. Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Das war die Entscheidung vom Plusmacher, weil er momentan nicht soviel auftreten möchte. Der lokale Veranstalter hat dann Vitarmin-B als Voract ausgewählt.

Warum war jetzt die richtige Zeit für ein neues Rap-Album?

Ich hatte eine Zeit lang keine Lust auf Hip-Hop und habe ein Projekt mit Rock-Musik gestartet. Jetzt hatte ich aber wieder echt Bock auf Rap und da ich immer mache, worauf ich Lust habe, war jetzt der richtige Zeitpunkt dafür. Wie erfolgreich das jeweilige Projekt dann ist, liegt eh nicht in meinen Händen. So lange ich machen kann, was mir gefällt, ist für mich aber alles in Ordnung.

„Retro“ schlägt eine Brücke zu dem, was du früher bei Aggro Berlin gemacht hast. In einigen Kritiken heißt es sogar, du knüpfst nahtlos an den Sound an. War das eine bewusste Entscheidung oder ist das im Prozess entstanden?

Das war eine bewusste Entscheidung. Ich habe die ersten Instrumentalstücke des Produzenten gehört und das ging voll in die Richtung. Mir war dann sehr schnell klar, dass das Konzept „Retro“ sein wird und ich mich auch textlich an die Zeit anlehne.

Nach den vielen indizierten Songs und Alben, bist du jetzt aber sanfter geworden.

Auf jeden Fall. Ich glaube, ich bin einer der meist indizierten Musiker in Deutschland und irgendwann reicht es dann auch. Mittlerweile ist das ganze Verfahren aber auch lockerer geworden und die BPjM (Anm. d. Red.: Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien) hat verstanden, wie Rap-Musik funktioniert. Bei Computerspielen und Musik kommt oft die Debatte auf, ob es Jugendliche zu Gewalttaten animiert. Ich denke aber, da muss man schon im Elternhaus ansetzen und einfach besser darauf achten, dass Eltern sich um ihre Kinder kümmern.  

Passend zum Album, blickst du mit einer gerappten Biografie auf dein bisheriges Leben zurück. Wie kam es dazu?

Mein Management und ich saßen zusammen und wollten meine Biografie schreiben. Wir waren uns schnell einig, dass eine geschriebene Bio langweilig ist und sich das auch kaum jemand durchliest. Eine zeitlang habe ich beim Online-TV der Juice gearbeitet und dort auch Biografien bekommen, die ich nie gelesen habe. Wenn die Bio allerdings musikalisch und visuell dargestellt wird, guckt man sich das eher an. Ursprünglich war das tatsächlich für die Medienvertreter gedacht und wir wollten das nur per Mail rausschicken. Die Nachfrage war dann aber so groß, dass wir die Bio veröffentlicht haben. 

Die Biografie zeigt auch deine Leidenschaft für den Basketball – hättest du eine Sportlerkarriere dem Musikbusiness vorgezogen?

Ja, auf jeden Fall. Basketball war immer meine großer Traum und ich hatte auch richtig gute Chancen. Wenn ich nicht in der NBA gespielt hätte, dann sicherlich in einem sehr guten deutschen Verein. Ich wäre auf jeden Fall professioneller Basketballspieler geworden, wenn nicht die Verletzung dazwischen gekommen wäre. 

Deine ersten großen Erfolge als Rapper hattest du mit Sido – wie habt ihr euch kennengelernt?

Bei unserem ersten Zusammentreffen waren wir noch verfeindet. Ich war mit meiner Gang unterwegs und wir haben nur den echten Hip-Hop gemacht, weil wir der Meinung waren, als Weißer kann man einfach nicht gut rappen. Wir waren auf einem Contest in einem Jugendclub und er kam mit seiner Gang auch dazu. Das Konkurrenzdenken zwischen uns war damals groß. Einige Zeit später haben wir uns wieder zufällig bei einem Talentwettbewerb gesehen. Er wollte mit seinem Team antreten, aber da ist einer krankheitsbedingt ausgefallen. Ich war an dem Abend eigentlich nur Gast und wegen einer Frau da, die Backround Tänzerin war. Sido hat mich dann gefragt, ob ich nicht noch 12 Takte habe, die ich auf der Bühne rappen kann. Ich mochte ihn zwar nicht, aber ich bin ja kein Unmensch und habe ihn unterstützt (lacht). Danach haben wir uns öfter gesehen und richtig kennengelernt. Ich habe dann später eingesehen, dass auch ein Weißer gut rappen kann (lacht).

Sido ist auch auf deinem aktuellen Album wieder vertreten. Habt ihr euch nie aus den Augen verloren?

Nein, nie. Wir sind beste Kumpels, er war zum Beispiel auch auf meiner Hochzeit. Wir haben damals alles geteilt, zusammen gewohnt und viel Zeit miteinander verbracht. Früher hatten wir ein gemeinsames Leben, jetzt hat sich jeder sein Leben für sich aufgebaut. Mittlerweile hat jeder von uns eine Familie, aber wenn es die Zeit zulässt, schreiben wir miteinander und sehen uns.

Aggro Berlin war recht schnell das Label, unter dem ihr eure Musik veröffentlicht habt. Wie erklärst du dir den damaligen Erfolg?

Wir haben etwas gemacht, was sich vorher keiner getraut hat. Es hat sich echter angefühlt und angehört, als vieles andere, was in Rap-Deutschland unterwegs war. Damals war mehr so dieser „Klassenclown-Rap“ angesagt, von dem die Leute aber irgendwann komplett übersättigt waren. Man hat gemerkt, dass es Zeit für etwas Neues war, etwas, dass nicht so angepasst und lustig war, wie der Rest. Wir haben uns entschlossen, die Musik zu machen, die wir hören möchten, die wir brauchen, um uns abzureagieren. Mit Specter von Aggro Berlin hatten wir einen wirklichen Visionär an unserer Seite, der das ganze auch visuell begleitet hat, sowohl von den Fotos her, als auch videotechnisch. In der Öffentlichkeit haben wir uns sehr kontrovers gegeben und waren einfach ehrlich – das gab es bis dato noch nicht. 

Mit „Beef“ gibst du eine ironische Sicht auf den Streit mit Eko Fresh. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit? 

In meiner Zeit bei der Juice habe ich für den Adventskalender verschiedene Rapper angefragt, ob sie 16 Takte a capella rappen können. Er war echt verwundert, als er meinen Namen gelesen hat, aber wir kamen daraufhin ins Gespräch und haben uns öfter getroffen. Bei einem dieser Treffen kam dann die idee für den Song auf. Eko ist für mich einer der gechilltesten Menschen, die ich in den letzten Jahren kennengelernt habe.

Was sind deiner Meinung nach die größten Veränderungen in der Rap-Musik?

Die größte Veränderung ist, dass deutscher Rap mittlerweile einen viel höheren Entertainment-Faktor hat. Harten Rap, so wie wir ihn damals gemacht haben, gibt es noch, aber die Leute nehmen sich nicht mehr so ernst, wie wir. Selbst der härteste Ghetto-Rapper kann heute Songs machen, in denen er sich über sich selbst lustig macht. Das finde ich eine echt schöne Entwicklung. Das Verständnis von Hip-Hop in der Musikszene ist hingegen viel ernsthafter geworden. Als wir damals bei der Bravo Super Show waren, haben uns die anderen Künstler belächelt. Heutzutage gehen Hip-Hop-Alben regelmäßig auf Platz 1 der Charts und werden besser verkauft, als so mancher Pop-Act. 

Was impliziert „Retro“ für dich persönlich?

Ich wollte mit dem Album das gleiche Lebensgefühl erzeugen, wie zu Aggro-Zeiten. Mit Musik funktioniert das sehr gut, weil man für jedes Lebensgefühl den passenden Song oder die passende Musikrichtung hat. Als Kind habe ich zum Beispiel viel Soul gehört und wenn ich heute diese alten Lieder höre, weiß ich noch ganz genau, in welcher Situation ich welchen Song gehört habe. Mit Retro wollte ich diese Gefühl zurück holen und den Leuten zeigen, dass diese Zeiten vorbei sind, aber dass es trotzdem auch noch neue Sachen gibt, die das Gefühl wiedererwecken können…

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