Politisch, intellektuell, CO2-neutral (und musikalisch hervorragend)

Drei Jahre nach der „Kilomeilenweit“ EP sind 14tägig anders mit der Erfahrung unzähliger Konzerte und der neuen Platte „Vom Kopf zur Hand“ zurück. Björn, Mirko, Henner und Tino legen damit das wohl interessanteste Werk des Frühjahrs vor – es besteht also Gesprächsbedarf.

14tägig anders:

Es wurde einfach mal wieder Zeit. Unsere erste Platte „Kilomeilenweit“ war aus dem Jahr 2006 und in der Zwischenzeit haben wir uns musikalisch einfach weiterentwickelt und wollten diese Entwicklung dokumentieren. Außerdem war es in letzter Zeit um 14ta ein wenig ruhig geworden, was natürlich auch an den Aufnahmen zur neuen Platte lag. Da ist sie nun, und wir sind stolz darauf.

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In „Wenn Wir“ besingt ihr verpasste Möglichkeiten und Verweigerung. Gab es persönliche Erlebnisse, die diesem Song vorausgingen?

14tägig anders:

Solche Erlebnisse gab und gibt es eigentlich ständig. Eines, das uns als Band eint, war vielleicht das Jahr nach unserer letzten EP, in dem wir fast nur auf Tour waren, uns ziemlich tief in die Musik gekniet haben, wenn auch vielleicht mit der letzten Konsequenz, und dabei das Privatleben und die Ausbildung zu kurz kamen. Aber auch sonst steht man im Alltag ständig vor der Wahl, Dinge tun und lassen zu können bzw. zu müssen. Das kann auf die Dauer ziemlich anstrengend sein und dazu führen, dass man sich hoffnungslos verzettelt. Gerade, wenn man eben nicht so recht weiß, was man überhaupt will.

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Ob „Alliterationen“ oder „Preflexion“: Ihr beweist einmal mehr den Mut, die deutsche Sprache auch an ihrem eher komplexeren Rand voll auszuschöpfen. Ist das eine allgemein eher unterschätzte Tugend?

14tägig anders:

Tugend ist ein weites Feld, ähnlich wie die deutsche Sprache. Wir gehören nicht zu der Fraktion, die eine Deutschquote im Radio fordert oder sich um den Verfall der deutschen Sprache sorgt. Es macht aber Spaß mit der Sprache zu experimentieren. So entstehen dann Begriffe wie Preflexion oder Kilomeilenweit, die bisher noch nicht im Duden stehen. Zudem haben viele, der nicht im alltäglichen Sprachgebrauch angesiedelten Wörter einfach einen schönen Klang oder einen passenden Rhythmus, mit denen man dann eben Akzente setzen kann.

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Was würdet ihr demjenigen entgegnen, der eure Lieder für zu intellektuell hält?

14tägig anders:

Zunächst einmal würden wir uns freuen, weil wir wüssten, dass sich der geneigte Hörer erst mal mit den Songs auseinander gesetzt haben muss, um zu dieser Einschätzung zu kommen. Und dann wären wir ein wenig stolz darauf, so ein Prädikat zu erhalten, denn wir versuchen schon uns textlich von dem ewigen „Ich liebe dich, du liebst mich nicht Tralala“ abzusetzen. Man kann mit Musik durchaus mehr als nur die eigene Gefühlslage zum Ausdruck bringen. Ich glaub auch nicht, dass – sollten wir mal ein Video drehen – nackte Frauen und Luxusschlitten die Hauptrolle darin spielen würden.
Also auf jeden Fall keine Luxusschlitten. 😉

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Im Refrain von „Zurück, Danach“ heißt: Denn der Griff nach den Sternen mit viel zu kurzen Leitern brachte uns zwar nicht ans Ziel, aber kilomeilenweiter. Wie beurteilt ihr rückblickend eure erste Platte „kilomeilenweit“ und die danach folgende fast dreijährige Tour?

14tägig anders:

Eine Platte ist ja immer so etwas wie eine Visitenkarte, die man dann auch bei Veranstaltern abgeben kann, um an Konzerte zu kommen. Von daher hat die Platte die Tour überhaupt erst ermöglicht. Und quer durchs Land mit der Band unterwegs zu sein, ist einfach das Größte. Manchmal ist es wie eine Klassenfahrt mit anschließender öffentlicher Probe, manchmal musst du dich echt aufraffen, aber es wird ein grandioser Abend mit Rockstarattitüde. Wir sind immer noch stolz auf die Platte, gerade weil es die erste eigene war, auch wenn sie uns heute etwas zu schrammelig klingt. Aber wir konnten es damals einfach noch nicht besser 😉

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Während der Aufnahmen von „Vom Kopf zur Hand“ musstet ihr leider euren alten Bassisten Stephan Schulze, der noch auf drei Stücken der Platte zu hören ist, verabschieden. Nun ist Henner am Viersaiter. Wie seid ihr zunächst damit umgegangen und wie hat es den Produktionsprozess beeinflusst?

14tägig anders:

Die Trennung von Stephan ist uns nicht leicht gefallen. Schließlich war er von Anfang an mit dabei und hat maßgeblich zur Entwicklung der Band beigetragen. Aber mit Henner haben wir einen wirklich fitten Nachfolger gefunden. Natürlich hat seine Einarbeitung erst mal Zeit gekostet, doch das hat sich gelohnt. Henner zupft nen flotten Darm, hat musikalisch frischen Wind mitgebracht und wir wollten ihm und uns natürlich auch beweisen, dass der Bassistenwechsel schließlich die richtige Entscheidung war.


Fotos: Maximilian Reuss

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Der Song „Bewegung“ ist durchtränkt von Gesellschaftskritik. Sind 14tägig anders eine politische Band?

14tägig anders:

Klar haben wir schon das eine oder andere Solikonzert gegeben oder sind gemeinsam demonstrieren gegangen. Aber wenn wir politisch aktiv sind, dann eher als Individuen, nicht als Band. Trotzdem können wir uns dem Thema Politik nicht entziehen. Politik ist ja schließlich nicht nur das, was in Berlin oder Brüssel passiert, sondern im Hier und Jetzt. Und so setzen wir uns als Band auf intellektueller Ebene damit auseinander, was sich dann zum Teil in den Songs widerspiegelt.

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Ist unsere Gesellschaft wirklich so leblos und falsch?

14tägig anders:

Hedonistisch und fragmentiert würde es besser treffen – auch wenn eine so pauschale Einschätzung natürlich nicht einfach ist. Wir sehen gerade auch bei unserer Generation einen Rückzug ins Privatleben, wo der Spaß in der Clique oder die Zugehörigkeit zu irgendeiner Szene im Vordergrund stehen. Ne Mitgliedschaft im Fitnessstudio ist da wichtiger (und in der Regel auch teurer) als die, in einem gemeinnützigen Verein. Und so lange der Spritpreis stimmt und der Club gewinnt, ist die Welt noch in Ordnung. Von Krise keine Spur.
Deshalb sind wir so etwas wie der musikalische Ausweg aus der Spaßgesellschaft – Über diesen Satz dürft ihr euch streiten 😉

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Ist „Niemals mein Zuhause“ die finale Auflehnung gegen vermeintliche Trägheit, Borniertheit und Reaktionsmus auf dem Land?

14tägig anders:

Ein Stück weit schon. Bis auf Henner kommen wir alle aus der Sachsen-Anhaltischen Provinz und ab und zu ist es mal ganz nett, dahin zurück zu kehren. Aber wenn man ein paar Tage dort ist, aufgehört hat, die Böhse-Onkelz-Heckaufkleber zu zählen und einem dann bei einer harmlosen Familienfeier irgendwelche Stammtischparolen um die Ohren fliegen, reicht es erst mal für ne Weile. Ich glaube der größte Vorteil am Leben in größeren Städten ist der, dass man sich die Leute aussuchen kann, mit denen man sich tagtäglich umgibt.

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Auf der „Mittelangspielplatte“ sind auch die Musiker von Chase the Dragon zu hören. Wie kam es zu dieser Lokalkooperation und wie habt ihr Robin dazu gekriegt auch mal Deutsch zu singen?

14tägig anders:

Indem wir ihnen versprachen, sie ganz leise zu drehen und nicht auf das CD-Inlay zu schreiben, dass es sich dabei um die beiden Dragons handelt. Einige muss man eben zu ihrem Glück zwingen.

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„ Die CD ist CO2 neutral, dank The CarbonNeutral Company.“ Wie funktionierte das genau und warum habt ihr das gemacht?

14tägig anders:

Darauf brachte uns unser Freund und „Band-Grafiker“ Alexander Hanke von smartdesignz und traf damit genau unseren Nerv. Über die „CarbonNeutral Company“ haben wir die aus der CD-Herstellung resultierende CO2 Emission ermitteln lassen und diese dann durch die finanzielle Unterstützung von internationalen Aufforstungsprojekten neutralisiert. Bei uns sind es ermittelte 3 Tonnen Kohlendioxid gewesen, welche aber auch die Herstellung aller Poster, Flyer und Sticker mit einschließen, diese sind nun ausgeglichen.

14tägig anders live erleben? Am 11. April beim Osterrocken und am 17. April im Club Haldensleben.

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