urbanite wagt todesmutig für euch den Test an der schärfsten Currywurst der Stadt!

Wir stehen zu viert (Olli, Krüschi, Seppel und ich) vor dem regenbeperlten Leuchtschild des Curry 54. Unsere Mission: Wir testen alle Saucen!

Kurzentschlossen gehen wir rein, jeder bestellt eine Curry mit Pommes und ein Bier. Ich hingegen verlange noch alle angebotenen Saucen dazu. Wir setzen uns an einen hinteren Tisch, gleich neben dem Flachbildschirm an der Wand. Wenig später kommt unsere Curry – und die Saucen.
Die Currywurst selbst ist mit ganz normaler Currysauce bedeckt, also ohne Schärfe, noch wärend ich die Regeln erkläre, mampft mein diszipliniertes Testteam die Wurst und nascht an den Pommes. „Jeder muss jede Sauce testen, von unten nach oben, bis ganz scharf.“ Wir testen los.

Ich tauche eine Wurst tief in die Haussauce, von der Olli die ganze Zeit schwärmt. Sie ist wirklich ganz vorzüglich und angenehm gewürzt, für mich ist klar, dass sie bei der nächsten Curry anstelle der normale Sauce oben drauf kommt. Aber scharf ist das nicht wirklich. Krüschi sieht mich schon mit großen Augen an, sein Pommes mit der „Beyond Insanity“ Sauce ist ihm schon etwas grenzwertig, ich beobachte, wie sich seine Wangen röten und er immer wieder mit offenem Mund nach Luft japst. Nach kurzer Zeit geht´s ihm wieder besser. Doch „Mega Death“ lässt er erstmal aus. Deren 200.000 Scoville treiben gerade Olli die Tränen in die Augen, während er sich an den Tisch krallt und mit weitaufgerissenen Augen heiser mir irgendwelche Sachen an den Kopf wirft, die ich nicht genau verstehe, aber ich denke, beim nächsten Mal ist er nicht mehr dabei. Seppel, unser Schärfelegionär nimmt die „Mega Death“ wie ein Springpferd eine Pfütze und steigt eigentlich bei „Ground Zero“ richtig ein.

Obwohl er keine Miene verzieht, sehen wir, wie sich kleine Schweißperlen auf seiner Stirn bilden. Mir hingegen malt mein Verstand Bilder einer riesigen Feuerwalze und ich muss mich unbedingt von Pullover und Mütze trennen. Doch eine fehlt noch. „MAD DOG“ fließt unscheinbar in einem Schälchen vor sich hin, in ihr Stecken komplette 600.000 Scoville, fast das dreifache der „Ground Zero.“ Ich fordere Krüschi auf, sie als erster zu testen. Zögernd fingert er nach einem Pommes aus seinem Teller, tunkt vorsichtig die Spitze ein und sieht dann einige Zeit auf das entstandene Kunstwerk: Goldenes Stäbchen mit roter Umrandung. Er blickt jedem von uns in die Augen und führt es zum Mund, dann beißt er zu.
Die folgenden Minuten sind geprägt von einem Schauspiel, dass sich zwischen erstauntem Lachen und den Kopf in den Händen vergraben bewegt. Tränen schießen aus seinen Augen, Adern treten an den Schläfen hervor, sein Kopf glüht und seine Ohren leuchten heller als Weihnachtslichter im Advent. Olli und ich ziehen gleichzeitig nach, wir wollen Krüschi nicht allein leiden lassen.

Ollis Reaktion nehme ich nur verschwommen wahr. Benebelt durch feurigen Schmerz , der sich vom Kontaktpunkt mit der Zunge auf meinen ganzen Organismus auszubreiten scheint, sehe ich nur noch einen Ausweg – kaltes Bier! Ich greife zur verführerisch kalten Tulpe und schütte das erfrischende Naß auf meine Zunge. Herrlich, wenn der Schmerz nachlässt. Für einen kurzen Moment sehe ich Olli, der genau dasselbe tut wie ich und noch während des Trinkens ein neues Bier bestellt. Zufrieden stelle ich fest: Was für ein fataler Fehler. Die anfängliche Erfrischung war nur trügerischer Schein. Die Wogen der großen Schlucke packen die kleine Schärfemolekühle und treiben sie in jeden Winkel meines Mundes. Angepeitscht von blubbernden Kohlensäurebläschen verteilt sich der Miniklecks „MAD DOG“ in jeden Winkel meines Mundes. Wo eben ein mittleres Maifeuer brannte, herrscht nun ein erwachsener Flächenbrand. Aus der Ferne höre ich Krüschi lachen und sehe Seppel, wie er eine ganze Curryscheibe in die Sauce tunkt, gemütlich in den Mund schiebt und anerkennend die Brauen hebt, grinst und schwitzt. Olli und ich kommen ungefähr gleichzeit zur Besinnung und wir lachen und sind froh, alles heil überstanden zu haben.


Fotos: Sebastian Siebert

„Na Jungs, scharf?“ grinst Curry King Olaf, „Das war doch nur Kinderkram,“ sagt er beiläufig und schon im Moment als ich mich Nachfragen höre, bereue ich meine Entscheidung zutiefst. Vor uns steht ein unscheinbarer Becher, nicht viel größer als ein Fingerhut. Dessen Boden ist benetzt mit einer Sauce, die bis jetzt keinen Namen trägt. In ihr wüten bestialische 1 Mio Scoville. Wir senken die Köpfe, jedem von uns ist klar, dass wir uns opfern müssen.
Unser Werkzeug ist ein kleiner Pommesspieß. Vorsichtig, als wäre es Flüssigsprengstoff, tauchen wir nur einen Zacken der Minigabel in den Höllensud.

Gleichzeitig treten wir unser Schicksal an.
Wie aus tausend Bächen schießt mir das Wasser im Mund zusammen und ich sehne mich sofort nach der sanften MAD DOG zurück. Mittlerweile haben wir festgestellt, dass man zwischen 10 und 20 Sekunden Karenzzeit hat, bis diese Saucen ihre Wirkung zeigen, aber diese hier startet gleich voll durch. Krüschi liegt mit dem Kopf auf dem Tisch, Olli versucht mit dem Kopf nach hinten möglichst viel Schärfe auszuatmen, während selbst Seppel immer wieder das Wasser von der Stirn wischen muss und nicht umhin kommt, unter der extremen Schärfe zu stöhnen. Ich für meinen Teil weiß nicht, warum ich mir das alles antue und leide mit zerkräuselter Stirn und muss immer wieder dem frischen Pils vor mir widerstehen. Es ist einfach unglaublich, was für eine Wirkung so ein Klecks Sauce haben kann. Bei dem Gedanken, dieses über meine gesamte Currywurst zu tun, kommt mir der Gedanke an einen Abend mit Florian Silbereisen wunderschön vor.
Nach 20 Minuten fühlen wir uns stark genug, um zu zahlen aber die Schärfe bleibt uns noch die ganze Nacht erhalten. Man brauch eindeutig sehr viel Training und Erfahrung im Scharfessen, um sich an diese Saucen zu wagen. Die Wirkung ist so heftig, dass wir die anderen Saucen zur Neutralisation herangezogen haben, selbst die „Beyond Insanity“ wirkt daneben wie Kräuterquark. Die Currywurst selbst war übrigens eine der besten, die ich je gegessen habe.

Weiterführende Links

Location: Curry 54

Schreibe einen Kommentar