Nach zahlreichen Indie- und Hardcore-Bands versucht Benjamin Sandrock nun als levee.levee. solo, akkustisch und ganz im DIY-Stil sein Glück; mit Erfolg! Mit „Them Now“ ist ein wunderbares Kleinod gelungen und nun tourt er einmal von den Alpen bis zur Nord- und Ostsee.
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Hallo Benjamin, wie bist du zur Musik gekommen und was bedeutet sie für dich?
Benjamin Sandrock:
Hallo. Das erste Mal selbst Musik zu machen war eigentlich mehr ein Unfall, etwas das ich primär gar nicht als Musik machen wahrgenommen habe. Mein guter Freund Maik und ich hatten irgendwann beim Skateboard fahren, ich denke das war vor ca. 8 Jahren, die grandiose Idee eine Punkrockband zu gründen. Wobei für mich dabei nicht im Vordergrund stand Musik zu machen, sondern Zeit mit meinem besten Freund zu verbringen. Als die Sekundarschule Parey, wo ich damals zur Schule ging, dann eine Schülerband gründete und ein Schlagzeug in der Schule rumstand, war für mich alles klar. In jeder Pause prügelte ich auf dieses billige Drumset. Aber der Moment in dem mir klar wurde, dass ich Songs schreiben will und mir bewusst wurde, wie viel Musik bedeuten kann, war als ich 2003 das erste Mal „Fevers and Mirrors“ von Bright Eyes hörte. Seitdem wusste ich, dass etwas in mir ist, das ich der Welt nur geben kann, in dem ich einen Song schreibe. Auch wenn die „Welt“ ihn vielleicht nie hören wird. Das ist ja aber auch nicht das Wichtige daran.
Was war bzw. ist deine Vision für levee.levee.?
Ich weiß gar nicht ob ich eine Vision für levee.levee. habe… ich habe diesen Namen, dieses Konstrukt „erschaffen“, als ich in vielen Bands spielte. Indierockbands, Hardcorebands. Einfach um neben dieser ganzen Band-, Genre- und Szenesache, einen Ausgleich zu haben, wo ich genau die Musik spielen kann, die ich am meisten liebe. Im Grunde ist levee.levee. einfach Benjamin Sandrock. Ganz ohne Image, oder Promogags. Das worüber ich singe, was ich auf der Bühne erzähle…das bin einfach Ich. Wie die Leute levee.levee. dann als „Projekt“ wahrnehmen, kann ich nicht beeinflussen oder einschätzen. Bob Dylan hat mal gesagt: „Ein Song ist etwas das von alleine laufen kann.“, und deswegen nehme ich mich da selbst nicht zu ernst. Wenn es ein paar Leute gibt, denen diese Lieder etwas bedeuten, erfüllt sich meine Vision
Deine Songtexte scheinen sehr persönlich. Der einsame Songwriter singt über die Liebe – sind das Gedanken und Gefühle, die einfach raus mussten, oder gehörst du zu den Autoren, die am besten fiktiv über die Liebe schreiben?
Das ist etwas über das ich beim Schreiben leider zu wenig nachdenke, wie viel ich am Ende von mir preisgebe. Und ob ich das will. Aber es passiert einfach und ich schreibe meist über Dinge die autobiographisch sind. Weil es sich gut anfühlt, diese Erinnerungen in Songs zu packen. Menschen und Begebenheiten ein Denkmal zu bauen. Viele halten das natürlich zu Recht für pathetisch, aber ich achte darauf Plattitüden zu vermeiden. Ich versuche Kurzgeschichten zu schreiben, in denen dann auch jeder seine eigene Gefühlswelt hinein interpretieren kann, auch wenn der Text sehr persönlich ist. Allerdings kann es auch schon einmal unangenehm werden, wenn es da diese eine Person gibt, die genau weiß worüber ich singe. Ich glaube ich versuche einfach ein guter Storyteller zu sein. Und die wahren Geschichten sind immer noch die Besten, denke ich.
In deinem Blog wirst du teilweise ebenfalls sehr persönlich. Anscheinend wechseln sich Höhen und Tiefen in deiner Leben sehr schnell ab. Bist du ein launiger Mensch oder sind das eher die Nebeneffekte deines kreativen Schaffens?
Die Überlegung ist natürlich sehr interessant, und Nick Hornby hat das ja auch in „High Fidelity“ verarbeitet: „Höre ich Popmusik weil ich traurig bin, oder bin ich traurig weil ich Popmusik höre?“. Ich bin einfach eine Person, die sehr offen mit ihren Emotionen umgeht und ein Internetblog ist vielleicht nicht der beste Ort um das auszuleben, das gebe ich zu. Ich glaube aber dass mir mein kreatives Schaffen mehr mit meinen Stimmungen hilft, als sie zu verschlechtern. Im Grunde ist es die beste Therapie, diese ganzen Gefühle in etwas Produktives zu wandeln.
Wie hat das the mid-90s memorial orchestra zu dir gefunden? Wie verträgt sich das mit dem Lo-Fi-Gedanken hinter deiner aktuellen Platte „Them Now“ und welche Mitspracherechte haben die Fünf?
Also das mid-90s memorial orchestra ist eine Ansammlung junger Männer, die meine ältesten und besten Freunde vom Dorf sind. Haha. Wir proben seit Jahren im gleichen Keller, die Mutti des Gitarristen bringt dann um 4 Uhr Kuchen runter und so läuft es schon seit einer Ewigkeit. Früher hießen wir „Recluse“ und haben leicht elektronischen Indiepop gemacht. Aber mit Jobs und Studium wurde es immer komplizierter die Band aufrecht zu erhalten. Also habe ich mich ganz auf levee.levee. konzentriert, weil es natürlich unkomplizierter ist, wenn man allein ist. Allerdings liebe ich diese Jungs und so spielen sie wann immer es sich anbietet mit mir zusammen. Im Februar werden wir wieder gemeinsam spielen und natürlich geht die Reduziertheit des Albums mit einer großen Band ein wenig verloren, aber es fühlt sich einfach großartig an, mit seinen besten Freunden Musik zu machen. Ein wenig auf den Verzerrer zu treten, fehlt mir nämlich schon ein wenig. Mitspracherecht…also ich komme ja mit fertigen Songs in den Proberaum und wir arbeiten dann nur noch die Instrumentierung aus. Wenn einer von den Jungs dann sagt: da würde das und das passen, finde ich das großartig. Auch der spontane Moment auf der Bühne spielt da eine Rolle. Man merkt ja einfach wann ein Musiker leidenschaftlich ist, oder nur seinen Stiefel herunter spielt. Da ist mir Leidenschaft eindeutig lieber.
Fotos: Saskia Bauermeister
Das Independent-Magazin „Rote Raupe“ nannte deine Songsammlung gar „eine der liebenswertesten Platten des Jahres“. Was bedeutet es für dich, so wahrgenommen zu werden?
Also als ich das gelesen habe, habe ich erst einmal „Winston und George“ (Hardcoreband aus Herne) angemacht und bin wie ein Flummi durchs Zimmer gehüpft. Es ist natürlich das größte, so wahrgenommen zu werden und ich würde lügen wenn ich mich da unbeeindruckt geben würde. Im Umkehrschluss ist mir aber auch bewusst, dass manche sie auch als „weinerlichste, lächerlichste oder albernste Platte des Jahres“ sehen. Deswegen sollte man das sicher nicht zu ernst nehmen. Aber mir bedeutet das Album viel und wenn es anderen auch viel bedeutet, macht mich das sehr glücklich und dankbar. Außerdem finde ich dass „liebenswert“ so ein tolles Wort ist. Die Platte ist es also für manche wert geliebt zu werden. Viel mehr kann ich mir gar nicht wünschen.
Was können wir uns da von deinem neuen Projekt „Sadness/Violence“ erhoffen?
Ja, die neue Platte. Auf jeden Fall wird es bandlastiger, abwechslungsreicher und auch etwas ausladener. Mehr Instrumente, mehr Arrangements, aber ohne alles zuzumüllen mit Tönen. Ich möchte den spröden Charme schon gerne beibehalten. Es bleibt reduziert, auch um die Essenz des Liedes nicht mit Schnick-Schnack zu verderben. Ich mache es einfach wie immer, lade mir Freunde ein, probiere alles Mögliche aus und lass es einfach passieren. Es wird allerdings ganz wunderbare Gaststimmen geben von lokalen Szenegrößen, haha. Außerdem habe ich ein Duett geplant und ich hoffe sehr dass es klappt, denn die Dame mit der ich das Duett aufnehmen will, hat eine der schönsten Stimmen die ich kenne. Also im Großen und Ganzen kann man gespannt sein. Aber bis Frühjahr/Sommer wird man sich noch gedulden müssen.
Im Januar wird es neben Konzerten in Magdeburg auch Minitouren nach Österreich und in den hohen Norden Republik geben. Wie kam es dazu?
Also ich fühle mich der Hardcore/Punkszene sehr verbunden wenn es um den Do It Yourself-Gedanken geht. Ich sitze nächtelang vor Handy und Rechner und frage einfach Leute ob sie Lust hätten etwas auf die Beine zu stellen. Es ist mir sehr wichtig die Leute persönlich zu kennen, mit denen ich Dinge organisiere, ihnen zu helfen, wenn sie mir geholfen haben. Die norddeutschen Konzerte habe ich Christoph von Omaha Records zu verdanken, den ich dann auch gleich mal nett grüßen möchte. Besonders toll ist natürlich auch die Österreich Minitour, die Lisa Müller, eine gute Freundin aus Österreich, organisiert hat. Ich bin sehr dankbar, endlich ein wenig rumzukommen und bin ständig auf der Suche nach Auftritten. Wer mich also spielen sehen will, eine Mail reicht. Außerdem: ein großes Dankeschön an alle die bisher geholfen haben!
Wie muss man sich denn ein typisches levee.levee. Konzert vorstellen?
Ich hoffe ich werde nie ein typisches levee.levee. Konzert spielen, haha. Bisher war jeder Auftritt anders, das hängt immer davon ab…es gab Konzerte die so überaus intim und andächtig waren, aber auch Konzerte wo das Publikum und ich nicht mehr aus dem Lachen rausgekommen sind. Bei wenigen Konzerten findet das auch beides gleichzeitig statt, haha. Ich versuche einfach, dass die Leute sich gut amüsieren und bisher hat das immer geklappt.
Zum Abschluss: Wie denkst du eigentlich über die Magdeburger Musikszene?
Also in letzter Zeit muss ich sagen, entwickeln sich viele tolle Dinge. Ich schätze viele lokale Bands sehr, wie Adolar, Laura Mars, Rebarker, Cubehog, Power Rangers of Hardcore, Ryut…natürlich kennt man sich auch persönlich, aber ich finde diese Gruppierungen auch musikalisch sehr ansprechend. Manchmal vermisse ich nur bei vielen jungen Bands den Mut, etwas Eigenständiges, Neues auf die Beine zu stellen. Viele arbeiten sich halt an vorgegeben Klischees und Formeln ab. Schön dass es da eben auch Leute gibt, die neue Ansätze suchen oder auch einfach nur das machen, was sie fühlen. Genau das ist nämlich mein Anspruch an mich selbst.
In eigener Sache:
Im Interview im aktuellen urbanite Magazin wurde leider die Fotoquelle unterschlagen. Wir bitten dies zu Entschuldigen! Alle in diesem Zusammenhang verwendeten Fotos stammen von der Fotografin Saskia Bauermeister.
levee.leevee live erleben:
19. Jan. – Ponybar/Hamburg
23. Jan. – Prinz Willy/Kiel
27. Feb. – Wohnwelt/Wunstorf
28. Feb. – Hanseat/Salzwedel
18. Apr. – Perlenspinner Festival/Madel
15. Mai – Ilvers Music Bar/Erfurt