Teil 6: Der Jugendvertreter kämpft energisch gegen Rechts

Interview mit OB-Kandidat Oliver Schilling (Future)

Rechtsradikale Übergriffe, Abwanderung und knappe Kassen: Der Job des Magdeburger Oberbürgermeisters ist nichts für zarte Gemüter. Nicht weniger als fünf Magdeburger und natürlich der Amtsinhaber bewerben sich um das höchste Amt der Landeshauptstadt. Von jeder Laterne blicken sie auf Wahlplakaten auf die Magdeburger herab, werben um unsere Stimmen. Doch ihre Ziele bleiben fast immer im Dunkeln. Damit der 9. März nicht zur Lotterie wird, gibt urbanite einen Überblick, wie sich die Kandidaten den Problemen der Stadt stellen wollen. Denn – das bewies eine urbanite-Umfrage – ist jeder zweite Bürger noch unschlüssig, welchem Kandidaten er seine Stimme geben soll.
In den verbleibenen Wochen bis zur Wahl, wird euch urbanite die 6 Kandidaten vorstellen.

Oliver Schilling (35), Future

Ohne den großen politischen Background, wie die anderen fünf Kandidaten geht der Kandidat von Future! – Der Jugendpartei an den Start. Der Wahl-Magdeburger lebt seit 10 Jahren in der Landeshauptstadt und vertritt im Stadtrat die Interessen seiner Wähler. Auch ihm sind die Rechten ein Dorn im Auge.

%__site.name%:

Immer gewalttätigere Übergriffe von rechts, dazu der Narvik-Eklat: Magdeburgs Image ist angekratzt. Wie werden Sie dem Problem und aber auch den Ursachen in der Praxis begegnen?

Oliver Schilling:

Rechte Parolen sind leichte Kost für arme Schweine. Weil die Ernte nicht besser sein kann als die Saat will ich Freizeit-Beschäftigung fördern, Bildung und Werte vermitteln aber eben auch Grenzen aufzeigen. Wenn die einzig mögliche Freizeitbeschäftigung im Abhängen besteht, wenn sich Persönlichkeit über Konsum und Marke definiert, wenn Bildung vernachlässigt und sozial abgestempelt wird, dann brauchen wir uns über Frust und Aggression nicht zu wundern! Die Systematik der Hintermänner empfinde ich als bedrohlich. Die Mitläufer sollten wir jedoch stoppen können: RUNTER VON DER STRASSE. Jugendarbeit stärken, Kultur fördern, Konzept für Sicherheit und Ordnung durchsetzen und vor allem ein modernes Schulsystem, das sich an die aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen und Ansprüche orientiert. Jeder braucht seine Chance und seinen Platz in unserer Gesellschaft, dann nehmen auch falscher Neid und Aggression ab.

%__site.name%:

Der Altersschnitt der Stadtbevölkerung bewegt sich zusehends nach oben. Muss man sich neuen Herausforderungen stellen und die Stadt für ältere Bürger öffnen oder liegt der Fokus eher auf der Bindung der Jugend an die Stadt?

Oliver Schilling:

Stehen Seniorenfußball und Schulnähkurse für eine verkehrte Welt? Natürlich müssen wir kinderfreundlich und für unsere Senioren barrierefrei sein! Ich will Magdeburg lebendig und frisch erhalten. Wohnen, Kultur, Arbeiten, Nahverkehr, Parks, Schulen, Sportstätten, Museen… Wir sprechen über die wichtigsten Standortfaktoren der städtischen Gemeinschaft: über Lebensraum und Lebensqualität. Dazu gehören nicht nur Kinder und Senioren, weil sie besondere Ansprüche an ihr Lebensumfeld haben, sondern die ganze Familie von jung bis alt. Generationsübergreifende Ideen wie Senioren in Kitas, Schüler in Altenheimen, Mehrgenerationshäuser sind zu fördern, damit Jung wieder von Alt und Alt wieder von Jung lernt. Die anfängliche Frage trägt also die Antwort bereits in sich. Barrierefreiheit für Kinder und Senioren, Ortsbindung für Eltern und Singles, Anziehung für Fremde und Heimat der Fortgegangenen und der Rückkehrer. In Magdeburg wohnen, Magdeburg fühlen, Magdeburg lieben!

%__site.name%:

Sportstadt Magdeburg: Die Frauenfussball WM im neuen Stadion, die SCM Athleten in Peking, doch wohin geht es dann mit dem Sportstandort Magdeburg?

Oliver Schilling:

Magdeburg ohne Sport? Das geht doch gar nicht! Der Sportteil nimmt noch immer einen großen Teil der Zeitung ein. Magdeburg hat als Sportstadt viele unsterbliche Legenden hervorgebracht. Und die sportbegeisterte Bevölkerung in Magdeburger aber auch der gesamten Region wird neue Helden hervorbringen. Und deshalb werden wir auch immer eine Sportstadt bleiben. Das betrifft sowohl die Spitzenförderung als auch den Breitensport, schließlich sind über 30.000 Magdeburger Mitglied in einem Sportverein! Mit dem Olympiastützpunkt, der Sportsekundarschule und dem Sportgymnasium sowie den guten Bedingungen für die Fülle der Sportvereine der Stadt verfügen wir über exzellente Voraussetzungen.
Kultur und Sport sind essenzielle Wesen der Jugendförderung auch im Kontext der Gesundheit und des Sozialverhaltens. Begeisterung sorgt für Zusammenhalt, als Fan und als Sportler.

 
Foto: Oliver Schilling (35), Future

%__site.name%:

Leidtragender Nummer Eins der gesamten Spardebatte waren die Kultureinrichtungen. Spart sich Magdeburg in ein kulturloses Tal, wo nur noch finanzkräftige Veranstalter eine Chance haben?

Oliver Schilling:

Kultur und Sport sind für mich essenzielle Säulen einer Gesellschaft. Kultur ist Freizeitbeschäftigung und Bildung zugleich. Kultur verbindet und vermittelt Werte. Sie darf sich daher nicht zu einem Luxusgut entwickeln, sondern muss für jeden Bürger finanzierbar bleiben. Die Vielfalt der Kultur in Magdeburg hat mich verglichen mit anderen Städten besonders in ihrer Entwicklung in den letzten Jahren sehr begeistert, vor allem unter dem Hintergrund, dass freie Initiativen, kleine Bühnen und die „etablierten Locations“ nahezu auf sich selbst gestellt sind. Eine Verdopplung des Zuschusses an freie Kulturträger würde gerade einmal Mehrkosten von 80.000 Euro im Jahr verursachen. Der Mehrwert würde dieses bei weitem übersteigen. Weiterhin müssen wir als Landeshauptstadt auch hochkarätig am Ball bleiben, für Aufsehen und unseren Namen weit über die Stadtgrenzen hinaus sorgen. Im Sinne der Bürgergesellschaft möchte ich jedoch die Kultur auch als Umgangsart miteinander stärken.

%__site.name%:

2007 war das Jahr des großen Sparens. Magdeburg kürzte sich gesund. Was bleibt davon 2008? Wo muss nun wieder investiert werden?

Oliver Schilling:

Die Liste wächst mit den Entbehrungen. Und gesund gespart haben wir uns leider auch noch nicht. Wir kranken weiterhin am Abfluss von Geld und Menschen vor die Tore unserer Stadt und bieten doch alle Annehmlichkeiten einer Landeshauptstadt zu bezahlbaren Preisen. Investieren müssen wir jetzt vor allem in unsere Bürger und unser hohes Niveau, also in Bildung und Innovation, Kultur, Sport, Wirtschaft und die Schönheit unserer Stadt. Die Prioritätensetzung muss dringend überdacht werden, denn was bringen uns Straßen ohne Spurrinnen, wenn woanders eine KITA zusammenfällt. Andere Städte entdecken die Vorteile einer verkehrsberuhigten lebendigen Innenstadt. Wir hingegen wollen mit einem millionenschweren Damaschkeplatztunnel noch mehr Verkehr hineinführen und dieses dann als „lebendig“ deklarieren… Trotzdem: Magdeburg ist in seiner Gesamtheit einfach schön und das soll auch so bleiben!

Interessante Konzepte liefern alle Kandidaten, doch ob diese auch beim Bürger ankommen, bleibt (noch) offen. Bei einer Blitzumfrage durch urbanite war vielen Bürgern nicht einmal bewusst, das sie im März zur Wahl gebeten werden. Auch die Kandidaten sind den meisten Befragten nicht bekannt. Selbst der amtierende Oberbürgermeister konnte unter 100 Befragten nur bildlich, nicht namentlich benannt werden. Die Parteien haben noch viel Arbeit zu leisten, wenn sie ihren Kandidaten in das Gedächtnis der Bürger rufen wollen. Also informiert euch, geht wählen, es ist eure Stadt!

Schreibe einen Kommentar