Magdeburger Bands auf Austausch-Festival in Bosnien
Im Rahmen der Städtepartnerschaft Magdeburg-Sarajevo organisierte der Verein KanTe e.V. im Juni das Upgrade Festival auf dem Johannesberg, auf dem u.a. auch Bands aus Sarajevo spielten. Nun machten sich die Magdeburger Bands Taktlos Glücklich und Dario in die Hauptstadt Bosniens auf, um dort ihre Rockmusik zu zelebrieren. Und urbanite-Fotograf Stefan Deutsch war dabei.

Die Reisegruppe
Los ging es am 2. August um 8 Uhr vom ZOB. Mit dabei: Bands, Friends and Fans. Mit Rommé, Gameboy und mp3-Player vertrieb man sich nun die Zeit im Bus – mit Fussball und der Suche nach Toiletten auf den Rastplätzen. So verging die Zeit wie im Flug. Am Abend wurden Lieder auf der Akustikgitarre gespielt, während man sich ein oder zwei Bier genehmigte. Nachts wurde natürlich geschlafen. Und so bekam auch (fast) niemand mit wie unsere 2 Busfahrer (Micha & Bernd) waghalsige Manöver fuhren. Zum Beispiel einen LkW den man in einer Kurve überholte oder eine rote Ampel die man überfuhr.
Am frühen Morgen geisterten einige schlaflose Seelen durch den Bus. Eine Busfahrt die ist lustig, eine Busfahrt die ist toll…
Um Punkt 7 Uhr passierten wir das Ortsschild Sarajevo. Nun waren wir da. Eine Stunde navigierte uns unser nicht vorhandenes Navigationssystem in Sarajevo umher. Um 8 Uhr erreichten wir schließlich, über Umwege, unser Hostel Ljubicica. Da der Bus wegen den engen Gassen nicht vor dem Hostel parken konnte, mussten ich und meine Mitstreiter unser Gepäck ca. 700m bergauf schleppen. Ein toller Frühsport, wenn man bedenkt, dass man wenig geschlafen hat.

Mit Gepäck den Berg hinauf
Im Hostel angekommen packte mich gleich der Schock. 5-10 Bett Zimmer, Betten aus Gittergestell, die sanitären Anlagen eine Katastrophe. Beispiel: Für 50 Menschen waren 3 Toiletten und 3 Duschen vorhanden – eine Dusche bestand darin das im Boden ein Abflußrohr war. Für meine persönlichen Hygieniestandards ein Desaster. Aber, da musste ich wohl durch. War ja eh nur für 2 Nächte.
Ausgepackt und Frischgemacht ging es nun in die Altstadt Sarajevos. Ich wollte mir einen touristischen Ersteindruck verschaffen. Und der war überraschend positiv. Ich kam mir vor wie in einer touristischen Großstadt. In den kleinen Gassen waren überall Läden die Soveniers, Ramsch und bosnische Spezilitäten verkauften, wie z.B. Börek – eine Blätterteigrolle gefüllt mit Gehacktes, Käse, oder Spinat. Sehr lecker übrigens.
Ich schlenderte also durch die Altstadt und suchte leider vergebens Sehenswürdigkeiten. Ausser ein paar Kirchen, Brücken und dem Taubenturm sind eigentlich nur die Häuser an sich architektonische Meisterwerke. Man findet kaum ein Haus ausserhalb der Innenstadt das kein Einschussloch hat. Und hat es kein Einschlussloch, so hat es Stützpfeiler.

Der Taubenturm

Einkaufsgasse
Im Vorfeld der Reise hatte ich mich über das Wetter informiert. Laut Wetterbericht sollte es regnen und die Temperatur nicht über 20 Grad steigen. Nix da. Sonnenschein pur und gefühlte 50 Grad. Und ich im Rollkragenpullover durch die City, weil mein 7-Personen Zimmer natürlich nur ein Schlüssel hatte – den ich nicht hatte. So konnte ich mich nicht umziehen.
Egal, das schaffste schon.
So verbrachte ich also den Vor- und Nachmittag in der Altstadt Sarajevos.
Um 14 Uhr sollten sich die Veranstalter mit dem Programmdirektor des Goethe-Institut für eine symbolische Bücherübergabe im Rahmen der 30-jährigen Städtepartnerschaft treffen. Natürlich kam der Herr nicht. Also stellten sie die Bücher in das Foyer – symbolisch.
Am frühen Abend traf sich wer wollte um in die In-Kneipe Sarajevos zu gehen – dem Biban. Unglücklicher Weise war diese Kneipe auf einem Berg, auf einem hohen Berg mit einem steilen Aufstieg – und das bei diesen Temperaturen. Egal, das schaffste schon. Wir also hoch da. Ein fantastischer Ausblick über ganz Sarajevo bot sich mir. Wir bestellten uns Bier, Wein und Essen. So blieben wir bis zur Dämmerung, in der uns sich ein noch schöneres Bild bot.

Hier geht’s zum Biban

Nächtlicher Ausblick über Sarajevo
In der Nacht wurden die Bars und Kneipen der Stadt unsicher gemacht. Mit guter Stimmung streiften wir durch die Straßen. Um Mitternacht kam dann endlich auch der vorhergesagte Regen. Und das nicht zu wenig. Natürlich hatte ich mich nun schon kurzärmlich umgezogen. Wär ja sonst auch zu langweilig.
Im Regen sind wir also dann zurück zum Hostel, in dem die Party weiterging, bis auch der Letzte in sein Bett fiel und diesen ereignisreichen Tag beendete.

Wir machen Sarajevo unsicher!

Fotos: Stefan Deutsch
Der nächste Tag war der Tag des Konzertes. Ich schlief bis 13 Uhr. Mein Auftrag an diesem Nachmittag war – Fotos machen. Also erkundete ich allein die Stadt und ihre Kultur. Ich sammelte Eindrücke der verschiedensten Art. Sei es die Armut der Nachkriegszeit, das Verhalten in einer Moschee oder meine spärlichen Englischkenntnisse beim „I would chance my money!“
Auch kannte ich nicht das tägliche Ritualgebet der Muslime! Bis zu 5 Mal am Tag stieg ein Gläubiger auf den Turm einer der zahlreichen Moscheen der Stadt und sang sein Gebet während auf dem Innenhof der Moschee die Gläubigen beteten. Faszinierend und unvorstellbar zugleich.
Um 19 Uhr ging es auf zum SA-Club. 2 km Fußmarsch durch die Stadt. Bevor wir aber zu dem Konzert gingen, genehmigte sich unsere 17-Kopf Gruppe noch ein Abendbrot beim Restaurant um die Ecke. Man reichte uns die Karte der Bosnischen Währung Konvertible Mark (KM), versicherte uns aber auch das wir mit Euro bezahlen könnten. Leider hat der Kellner das falsch verstanden. Mit einer Rechnung von 141 €, statt 141 KM, waren wir dann doch ein wenig stutzig. In Deutschland wäre der Preis wohlmöglich realistisch, aber nicht in Bosnien. Mit Touristen kann mans ja machen. Nach einem Gespräch mit dem Kellner, in dem auch das Wort „Policia“ fiel, wurde er auf einmal einsichtig. Komisch.
Um 21 Uhr war es endlich soweit. Das Upgrade Festival mit den bosnischen Bands Spanish Flyz, Ofsajd und Tread and the psycho acoustics und den magdeburger Bands Taktlos Glücklich und Dario. Anfangs waren wirklich viele Besucher da, aber da der letzte Bus gegen 23 Uhr fuhr, wurde es auch dementsprechend leerer. Zum Ende hin war der Club ganz in deutscher Hand. Aber trotzdem zeigte sich mal wieder, dass Musik keine Grenzen kennt. Musik ist international. Ob bosnisch oder deutsch.

Die Fans

taktlos[glücklich]

Kenny von Dario
Die After Show Party fand auf einem Plateau nahe unserer Hostels und auf dem Weg dorthin statt. Hier erbot sich einem das ganze Panorama der Stadt. Eine unbeschreibliche Kulisse. So verbrachten wir die nächsten Stunden dort oben, bis uns die Kälte dazu brachte im Hostel weiter zu feiern. Bis in den Morgen hinein lachten und scherzten wir.
Am nächsten Tag hieß es dann um 10 Uhr alle raus aus dem Hostel und 12 Uhr Abfahrt. Schlau wie ich bin dachte ich mir natürlich „Am frühen Morgen, 50 Menschen in 3 Bädern – das wird nix“. Also bin ich um 8 Uhr aufgestanden. Natürlich war ich der erste im Bad. Ich hatte sogar freie Auswahl. Was wirklich Seltenheitscharakter hatte.
Ab 9.30 Uhr krochen auch die letzten verkaterten Seelen aus ihren Zimmern und standen vor den Bädern an.
Das Gepäck im Bus verstaut, konnten wir noch mal für 2 Stunden Lebewohl sagen. Diese Stadt ist mir in den knapp 3 Tagen wirklich ans Herz gewachsen. Die tolle Aussicht, die ungewöhnliche Kultur, die billigen Preise – ich komme gerne wieder.
Die 23 Stunden Rückfahrt vergingen wie im Flug. Ich habe die meiste Zeit geschlafen, wie auch sonst all meine Mitstreiter. Wir hatten ja auch einiges an Schlaf nachzuholen. Um 11 Uhr passierten wir mit einem Jubel das Ortsschild Magdeburg.
KanTe e.V. organisiert zur Zeit auch ein Konzert in der Partnerstadt Braunschweig. Der Termin wird demnächst auf der Homepage bekannt gegeben. Wir sind gespannt.

So geht’s natürlich auch