Theuerkauf nach Lemgo?
Am Ende fielen die SCM-Spieler einem Mann um den Hals: Damien Kabengele hatte soeben beim Stand von 27:26 den letzten Wurf vom Mindener Stephan Just geblockt und dem SC Magdeburg somit den Heimsieg gegen GWD Minden am 17. Spieltag der Handball-Bundesliga gesichert.
Doch der Reihe nach: Der Tabellen-16. aus Minden startet aggressiv in der Deckung, packt in der Abwehr energisch zu. Genauso energisch ist GWD-Manager Horst Bredemeier hinter dem Tor vor der Westtribüne. Der umtriebige GWD-Chef brüllt, gestikuliert, treibt seine Mannschaft an. Nach dem Spiel sagt „Hotti“ mit heiserer Stimme zu urbanite: „Es lief in letzter Zeit nicht gut für uns. Wir hätten unbedingt einen Punkt gebraucht.“ 3:1 (6. Minute) und 4:2 (7.) führen Bredemeiers Ostwestfalen, dann kommt jedoch der SCM ins Rollen. Torwart Gerrie Eijlers wird besser, Minden dagegen ist zunehmend unkonzentriert in seinen Aktionen. So können die Gladiators auf 9:5 (18.) wegziehen. Die Vier-Tore-Führung erzielt Robert Weber nach einem mustergültigen Konter. Drei Pässe – zick, zack, drin das Ding. Toll anzuschauen. Doch das Niveau der Partie ist insgesamt eher dürftig. 4643 Zuschauern passen sich dem an. Minuskulisse für ein Heimspiel des SCM an Weihnachten. Man glaubt es kaum: Früher wurden nahezu 1000 Fans an einem Weihnachtsfeiertag ebenfalls gegen Minden nach Hause geschickt, weil die Bördelandhalle knüppelvoll war. Und nun das…
Zurück zum Sportlichen: Nach dem 9:5 für den SCM steigert sich Minden-Keeper Svenn Erik Medhus. Ihm kann es GWD verdanken, dass es zur Halbzeit nur 10:11 zurückliegt. Der SCM muss sich hingegen ob seiner zehn Fehlwürfe und drei technischen Fehler fragen, warum so schlampig mit den Chancen umgegangen wurde.
In der Pause brodelte wieder die Bördeland-Gerüchteküche. Christoph Theuerkauf soll ganz heiß beim TBV Lemgo im Gespräch sein und dort den Isländer Vignir Svavarsson ersetzen, mit dem die Lipperländer unzufrieden sind. Zusätzlich interessant wird es dann, wie Linksaußen Yves Grafenhorst einen eventuellen Wechsel Theuerkaufs nach Lemgo aufnimmt. Denn: Auch Grafenhorst soll beim TBV auf der Liste stehen. Als Nachfolger für Logi Geirsson, dessen Vertrag nicht verlängert werden soll. Gut möglich also, dass der neue Trainer ab 1. Juli ohne die beiden Ur-Magdeburger planen muss. Immer wahrscheinlicher wird in der Magdeburger T-Frage die Verpflichtung von Frank Carstens, derzeit Coach von Erstligist Hannover- Burgdorf. Noch sind hingegen Details zu klären. Wie zum Beispiel die Vertragsmodalitäten. Denn: Carstens hat in Hannover noch bis 2011 Vertrag. Muss der SCM am Ende gar noch eine Ablöse bezahlen? Für einen, mit Verlaub gesagt, Trainer-Neuling, der außer einem Aufstieg noch nichts vorweisen kann? Man darf gespannt sein, was die SCM-Führung diesmal vorhat…
Im Hier und Jetzt gab es wohl in der Pause des Minden-Spiels eine richtige Ansage von Noch-Coach Michael Biegler für seine Truppe. Denn die kam wie verwandelt aus der Kabine, zieht schnell auf 15:11 (35.) durch Grafenhorst weg. Vor allem auch, weil Minden vorn viel zu harmlos und ideenlos agiert. Doch GWD lässt sich nicht abschütteln, es entwickelt sich ein Schlagabtausch auf Augenhöhe.

In der 59. Minute kann Minden erstmals seit dem 5:5 (13.) wieder ausgleichen, ist beim 26:26 nun ganz nah dran am sicherlich nicht unverdienten Auswärtspunkt. Doch 58 Sekunden vor dem Ende gelingt Weber für den SCM die erneute Führung – 27:26. 28 Sekunden sind noch zu spielen, als GWD-Trainer Richard Ratka seine Auszeit nimmt. Er schickt einen siebten Feldspieler aufs Parkett, hofft so den 27. Treffer erzielen zu können. Doch der Ex-Magdeburger Stephan Just scheitert im ersten Versuch 13 Sekunden vor Ultimo genauso wie im zweiten Anlauf vier Sekunden vor dem Schlusspfiff. Sein finaler Hüftwurf wird überragend vom Magdeburger Kabengele abgeblockt. Dann ist das Spiel vorbei, der Rest ist großer Jubel über den achten Saisonsieg. Beste Torschützen auf SCM-Seite waren Fabian van Olphen (6), sowie Andreas Rojewski (5) und Stian Tönnesen (5/3), bei GWD zeigten sich Barna Putics (7) und Moritz Schäpsmeier (5) am treffsichersten. Das nächste SCM-Spiel steigt am 30. Dezember, dann gastiert ab 19.15 Uhr (live im DSF) der TBV Lemgo in der Bördelandhalle.
Die Stimmen zum Minden-Spiel:
Ex-SCM-Sportdirektor Stefan Kretzschmar: „Beide Mannschaften haben sich nicht mit Ruhm bekleckert. Im Angriff hat der SCM sich in der entscheidenden Phase nach dem 18:14 schwer getan. Beide Torhüter waren nicht überragend. Mehr fällt mir zu diesem Spiel nicht ein.“
Jürgen Müller, der nur drei Minuten ins Tor durfte und nach drei Gegentoren sofort wieder vom Feld genommen wurde: „Ein relativ schwerer Sieg für uns. Zu meiner Auswechslung weiß ich nicht was ich da sagen soll.“
GWD-Manager Horst Bredemeier: „Ein glücklicher Sieg für den SCM. Die Magdeburger waren individuell stärker, wir haben es mit Kampf wettgemacht und uns trotz mehrmaligem drei oder vier Tore- Rückstand immer wieder rangekämpft. Ich hätte gern einen Punkt mitgenommen, der meiner Meinung nach auch verdient gewesen wäre. Aber das hier ist eben kein Wunschkonzert.“
Fabian van Olphen: „Wir haben uns im Angriff schwer getan und in der Abwehr einige leichte Gegentore bekommen. Aber am Ende zählen nur die zwei Punkte.“