Silly und Selig über ihre Chancen am 1. Oktober

Alle 16 Bundesländer, ebenso viele Bands und Lieder, und maximal 192 zu erreichende Punkte: Bereits zum sechsten Mal lädt Stefan Raabs Gegenentwurf des Grand Prix de Eurovision, der Bundesvision Song Contest, zum bundesweiten Musiker(innen)wettstreit. Diesmal geht es in die Berliner Max-Schmeling-Halle, nachdem der Hauptstädter und Seeed-Sänger Peter Fox im letzten Jahr souverän den ersten Platz abgeräumt hatte.

Aus dem diesjährigen Teilnehmerfeld muss wohl aus gleich zwei Gründen Der Graf von UNHEILIG als Favorit auf den Sieg gehandelt werden: Zum einen stand kein deutsches Album jemals länger an der Spitze der Charts als das aktuelle Werk „Große Freiheit“, zum anderen haben die Siege von Oomph! und Subway To Sally, sowie der dritte Platz von Sachsen-Anhalts Down Below anno 2008, die Publikumsaffinität auch gegenüber schweren Tönen offengelegt. Mit „Unter deiner Flagge“ zeigt man sich diesmal aber positiv gestimmt: Das Stück widmet Der Graf seiner Mutter.


Für Nordrhein-Westfalen: Unheilig
(c) Eric Weiss

Gute Chancen hat sicherlich auch das Popduo Ich+Ich, das sich mit dem Stück „Yasmine“ bei seinem vorerst letzten gemeinsamen Auftritt vor der Bandpause gerne mit einem Sieg verabschieden möchte. Die bayrischen Wortakrobaten von Blumentopf (bekannt von ihren „Raportagen“ zur ARD-Berichterstattung der Fußball WMs 2006, 2010 und der EM 2008) und die Nordlichter von STANFOUR sind ebenfalls nicht zu unterschätzen.

Überhaupt ist die diesjährige Veranstaltung die vielleicht bestbesetzte aller sechs Ausgaben. Daran haben auch die mit Schauspielerin Anna Loos wiederauferstandenen Veteranen von Silly ihren Anteil. Mit dem Titelsong zu ihrem Comeback-Album „Alles Rot“ und der Unterstützung von Radio SAW im Rücken treten die vier für unser Bundesland an. Das hat ein Erfolgserlebnis bitter nötig, erhielt die Band Angela’s Park doch 2009 noch nicht einmal die vollen zwölf Punkten der Sachsen-Anhaltiner Landsleute und wurde letztlich Letzter. Wir haben Rüdiger „Ritchie“ Barton, den – zumindest von Geburt aus – einzigen Sachsen-Anhaltiner und Keyboarder von Silly, über ihren Ehrgeiz ausgefragt und erhielten ein hoffnungsfrohes Versprechen:

Barton:

Wir gehen auf jeden Fall von einem der vorderen Plätze aus. Man muss ja realistischer Weise sehen, dass wir mit Unheilig und Ich + Ich eine ziemlich starke Konkurrenz haben, aber antreten tun wir natürlich erstmal, um für Sachsen-Anhalt zu gewinnen!

urbanite:

Ritchie, Du wurdest in Weferlingen in der Börde geboren, hast dann in Haldensleben und Magdeburg gelebt und bist somit der einzige geborene Sachsen-Anhaltiner in Silly. Warum treten Silly nun gerade für dieses Bundesland und nicht für Sachsen (Jäcki und Uwe) oder Brandeburg (Anna) an? Bist Du etwa der heimliche Kopf der Band?

Ritchie:

Nein, nein, Silly hat in dem Sinne keinen Kopf, wir entscheiden alles im besten Sinne demokratisch, auch wenn das manchmal ein bisschen schwieriger ist. Was ich bin, ist das Mitglied welches am längsten bei Silly ist, genauer vom 1983-ger Album „Mont Klamott“ an, und habe somit auch einen großen Anteil am musikalische Erbe der Band.
Stefan Raab und die Produktionsfirma „BrainPool“ hatten uns nach unserem Auftritt bei TV Total im April angesprochen, was auch sofort Radio SAW, den Sachsen-Anhalt-Partner vom Bundesvision Song Contest und großen Unterstützer ersten Single „Ich sag nicht ja“, begeistert hat. Im Übrigen sehe ich Uwe (Anm.d.R.: Uwe Hassbecker ist Sillys Gitarrist) durchaus als Anhaltiner, da er zwar in Leipzig geboren ist, aber gleich danach nach Halle „verschleppt“ wurde. Er hat immerhin die komplette Kindheit, Schulzeit und auch die frühen Musikerjahre in Halle verbracht. Jäcki (Jäcki Reznicek ist Sillys Bassist) wiederum sehe ich ebenfalls als halben Anhaltiner, da er zehn Jahre in der Lutherstadt Wittenberg gelebt hat und sein Sohn Basti, welcher ja das Album „Alles Rot“ eingetrommelt hat, dort geboren ist. Ausreichend emotionale Verbindung besteht da durchaus.
Ich will aber auch nicht verschweigen, dass uns nicht nur unsere Herkunft, sondern vor allem auch das Publikum in Magdeburg uns die Entscheidung sehr leicht fallen lassen hat. Das Alte Theater war ja schon Monate vor dem Auftritt ausverkauft und beim Konzert selbst kam uns eine extreme Welle von Begeisterung und Symphatie entgegen.

urbanite:

Sind nationale TV-Veranstaltungen wie der Bundesvision Song Contest trotz Spaßcharakter heute unverzichtbar für eine Alben- und Bandpromotion geworden?

Ritchie:

Na was heißt hier Spaßcharakter? Natürlich macht Musik Spaß, sollte sie zumindest. Aber bei dem, was Stefan hier installiert hat, war und ist für mich ein riesiger Unterschied zu Popstars, DSDS oder ähnlichen Formaten zu sehen. Bei ihm ging es von Anfang an vor Allem auch um Qualität und eine gewisse Authentizität . Schon deswegen weil es sich bei den Kandidaten um gewachsene Bands und Künstler handelt und nicht um vermeintliche Superstars. Das hat bis dahin wirklich gefehlt und er hat dieses Loch gestopft. Und da es hier definitiv um handgemachte Musik geht, ist sie sicherlich sogar besser geeignet als so manch andere Sendung.

(Weitere Interviewteile, auch mit Anna Loos, die für uns exklusiv die Hintergründe zum Wettbewerbstitel „Alles Rot“ klärt, findet Ihr in der Oktober-Ausgabe und demnächst online.)


Für Sachsen-Anhalt: Silly
(c) Olaf Heine 2009

Neben Silly können sich aber auch die Hamburger von Selig gute Chancen auf eine Topplatzierung ausrechnen, kehrten sie doch im letzten Jahr, eine Dekade nach ihrer vorläufigen Trennung, erfolgreich mit dem Album Top-5-Album „Und Endlich Unendlich“ zurück. Nun treten sie mit dem Stück „Von Ewigkeit zu Ewigkeit“, dem zu Beginn an Metallicas Dylan-Cover „Knocking on Heaven’s Door“ erinnerendenTitelstück des am gleichen Tag erscheinenden Nachfolgealbums, an. Gitarrist Christian Neander besitzt Dank eines Gastauftritts bei der Gruppe Pohlmann und Produzententätigkeit für Paulsrekorder bereits einiges an BSC-Erfahrung. Dennoch heben er und Keyboarder Malte Neumann hervor, dass eindeutig die Heimatverbundenheit für sie im Vordergrund steht:

Neumann:

Der Contest ist natürlich eine große Show, der Kampf der Gladiatoren; alle steigen in einen Ring und dann beginnen die Spiele. Der Wettbewerbsgedanke ist da bei uns allerdings eher weniger ausgeprägt. Ich persönlich finde es wichtiger, dass wir Hamburg, das mir sehr am Herzen liegt, vertreten. Der Event ist zudem etwas, was man gerne einmal mitnimmt – das wird wohl ein großes Hallo werden.

Neander:

Alles, was mit Selig zu tun hat, ist in Hamburg entstanden. Ich hatte damals meine Wohnung auf der Reeperbahn und so waren wir immer dort als wir angefingen, die ersten Lieder zu schreiben. Der Wettbewerb ist heutzutage eine der wenigen Möglichkeiten, seine Songs live im Fernsehen zu spielen. Dadurch können nun möglichst viele Leute mitkriegen, was für eine schöne Platte wir gemacht haben.

(Das ganze Interview mit Selig zum aktuellen, am 1. Oktober erscheinenden Album „Von Ewigkeit zu Ewigkeit“, dem zweiten seit ihrem Comeback im letzten Jahr, könnt Ihr in unserer Dezember-Ausgabe nachlesen, wenn die Band am 18.12. in der Factory auftritt.)


Für Hamburg: Selig
(c) Mathias Bothor

Bei so erfahrenen Kontrahenten müssen sich die jüngeren Bands wie Auletta und Mikroboy mit Forschheit beweisen. Die Newcomer gehen für Rheinland-Pfalz bzw. das Saarland an den Start und während erstere die „Sommerdiebe“ geben, proklamieren Mikroboy „Nichts Ist Umsonst“ und stellen so manches klar in puncto Trennungsschmerz. Die gesamte Gefühlspalette wird also abgedeckt werden und wir dürfen auf einen spannenden Bundesvision Song Contest hoffen.

ProSieben überträgt den Wettbewerb ab 20.15 Uhr live.

Alle Teilnehmer:
Baden-Württemberg: BAKKUSHAN „Springwut“
Bayern: BLUMENTOPF „SoLaLa“
Berlin: Ich + Ich „Yasmine“
Brandenburg: Das Gezeichnete Ich „Du, Es und Ich“
Bremen: kleinstadthelden „Indie Boys“
Hamburg: Selig „Von Ewigkeit zu Ewigkeit“
Hessen: Oceana & Leon Taylor „Far Away“
Mecklenburg-Vorpommern: Sebastian Hämer „Is´ schon ok“
Niedersachsen: Dirk Darmstaedter & Bernd Begemann „So geht das jede Nacht“
Nordrhein-Westfalen: UNHEILIG „Unter Deiner Flagge“
Rheinland-Pfalz: Auletta „Sommerdiebe“
Saarland: Mikroboy „Nichts Ist Umsonst“
Sachsen-Anhalt: SILLY „Alles Rot“
Sachsen: Blockflöte des Todes „Alles Wird Teuer“
Schleswig-Holstein: STANFOUR „Sail On“
Thüringen: Norman Sinn & Ryo „Planlos“

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