Spektakel der Macht. Rituale im Alten Europa 800 – 1800
Die Ausstellung „Spektakel der Macht“ im Kulturhistorischen Museum widmet sich solchen Ritualen und Einsetzungszeremonien.
Und da solche Rituale immer etwas Prunkvolles haben, sind die zur Schau gestellten Exponate auch sehr prächtig, farbenfroh und gewaltig.
Eine Bischofs-Mitra aus dem 15. Jahrhundert, ein Kaisermantel Karls V., das Eidbuch des Rates von Köln aus den Jahren 1398 – 1400, portable Königsthrone, kunstvolle Elfenbeinschnitzereien mit christlichen Motiven und riesige Wandgemälde, die bspw. ein Hochzeitsmahl, Friedensverhandlungen oder das Konzil von Trient darstellen – kurzum: Man fühlt sich in ein bildreiches Geschichtsbuch hinein versetzt und erinnert sich bei unzähligen Exponaten an deren Abbildungen in den Geschichtslehrbüchern zu Schulzeiten.
Die Ausstellung veranschaulicht die Kaiserkrönungen des 17. und 18. Jahrhunderts, die Bischofsweihen des 10. bis 14. Jahrhunderts und die Einsetzung städtischer Räte und Doktoren bzw. Universitätsrektoren vom 15. bis zum 17. Jahrhundert. Sie bietet neben den bereits angedeuteten schillernden Ausstellungsstücken auch eine Vielzahl interessanter Informationen. So gab es im ausgehenden Mittelalter für Universitätsangehörige eine eigene Gerichtsbarkeit und eigene Rituale der Einsetzung. Die Immatrikulation war damals ein feierlicher und zugleich symbolischer Akt, dessen wichtigstes Element das Abschlagen der zuvor aufgesetzten künstlichen Hörner darstellte – als Symbol für den Übergang vom ungebildeten „Tier“ zum kultivierten Studenten.
In der Ausstellung wird auch die Promotionszulassung für Dorothea von Erxleben durch Friedrich II. von Preußen gezeigt. 1740 ersuchte sie um die Zulassung zum medizinischen Examen, die ihr jedoch erst 14 Jahre später gewährt wurde. Sie war damit die erste Frau in Deutschland, der eine Graduierung gestattet wurde. Und ganz entgegen damaliger Gewohnheiten verfasste sie ihre Dissertation selbst.
Küssen, thronen, schwören und knien – dieses Grundvokabular der Rituale wird in den Räumen des Kulturhistorischen Museums auch anschaulich und ausführlich erklärt und dargestellt. Konfrontiert mit den mittelalterlichen Ritualen wird dem Besucher bewusst, wie bedeutend und verbreitet solche Zeremonien und Riten auch heute noch sind. Sitzordnungen können bspw. auch in unseren Tagen noch gewisse Rangordnungen widerspiegeln.
Die Ausstellung reicht jedoch über das Mittelalter hinaus. Die Französische Revolution als Bruch mit der mittelalterlichen Ordnung bildet den Abschluss der Ausstellung; einen Abschluss, der nicht minder einprägsam dargstellt wird. So kann man ein Gemälde des Ballhausschwures vom 20. Juni 1789 sehen. Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 ist als zeitgenössische Radierung auch ausgestellt, ebenso wie ein Ölgemälde der Salbung Napoleons I. und der Krönung der Kaiserin Joséphine in Notre-Dame aus dem Jahre 1804 – alles Originale zu Bildern und Dokumenten, die man sonst nur als Abdrucke aus Geschichtsbüchern zu Schulzeiten kannte.

Foto: Stephan Kube, Greven

Foto: Stephan Kube, Greven

Foto: www.cab-artis.de
Nimmt man sich die Zeit, die diese Ausstellung dem interessierten Besucher abverlangt, so kann man sich ausführlich und fundiert über die Rituale der Macht und der Einsetzung informieren lassen und immer wieder aufs Neue staunen ob der Pracht und der Vielfalt der ausgestellten Exponate.