…und im Oktober auch live in Magdeburg
Es war einige Monate ruhig geworden um die Chartstürmer aus Berlin, genau genommen neun Monate, denn Judith und Pola sind nun stolze Eltern des kleinen Friedrich.
Jetzt sind sie zurück aus der Babypause und starten in das Abenteuer des dritten Albums.
Soundso heißt es. Wieso? Wieso nicht. Weil ein Album eben soundso heißen muss, soundso sein, soundso klingen. Genau wie Du, also Du, also ein Mensch. Oder ein Ding. Oder eine Idee. Das Album heißt Soundso, damit man sagen kann: kennste schon Soundso? Und: Soundso gefällt mir besser/nicht so gut als/wie Dingsbums, hier, na, die mit „Guten Tag“ und „Nur ein Wort“. Und vor allem heißt es Soundso nach dem gleichnamigen Lied, das vom Soundsoseinmüssen handelt.
Auch die Helden können nicht genau definieren, was soundso ist:
Jean-Michel Tourette: „Bei der Suche nach dem Albumtitel haben wir gemerkt, dass wir keinen Namen finden konnten, der dem ganzen Album gerecht wird, dass jeder Vorschlag irgendetwas zusammen zu fassen schien, dass sich nicht zusammenfassen lassen wollte. Wenn ein Name zur Hälfte der Lieder gepasst hat, ist irgendein anderes Lied aus der Reihe getanzt und hat unwirsch „Äh, ich aber nicht.“ gemurmelt“.
Mark Tavassol: „Als wir über dieses „nicht benennen können“ oder „nicht vereinfachen wollen“ geredet haben, fiel uns auf, dass wir damit aus Versehen doch über einen roten Faden gestolpert waren -wenn sich nämlich irgendetwas durchzieht, dann ist es das: die Beschäftigung mit Außen- und Innenwahrnehmung, mit Subjektivität, mit dem Festreden von Identität.“
Pola Roy: „Neben den Liedern, die auch bei diesem Konzept weiter „Äh, ich aber nicht“ sagen, sind sich eine Menge Lieder dann doch einig darin, dass sie Vorstellungen an den Kragen gehen wollen. Den Vorstellungen, die wir uns von Anderen und uns Selbst machen (Soundso, The Geek (shall inherit), Kaputt) von dem, was ein gutes Leben ausmacht (An die Arbeit, Die Konkurrenz), Vorstellungen, die uns austricksen und in die Irre führen (Endlich ein Grund zur Panik, Der Krieg kommt schneller zurück, als du denkst). Und am Ende landet man bei der Sehnsucht danach, alle Vorstellungen fallen lassen zu können und in etwas aufzugehen, das ohne Sprache und Namen auskommt (Hände hoch, Lass uns verschwinden, Stiller).
Judith Holofernes: „Ich habe mich immer dafür interessiert, was Menschen glücklich macht, was wir alles ausprobieren, um glücklich zu werden, und wie Vieles davon nicht funktioniert. Wir machen uns so viele Vorstellungen von uns, von den Anderen, vom Soundso -Sein der Welt. Und wenn man genauer hinschaut, merkt man, dass keine dieser Vorstellungen Wirklichkeit abbildet. Dass es uns, obwohl wir es uns selbst ausgedacht haben, noch nicht mal in die Nähe von echtem Glück bringt.“
Die Band, die sich letzten Herbst zurückzog, um Windelwechseln zu lernen, kindgerechte Busse zu entwerfen und ganz nebenbei eine neue Platte aufzunehmen, kommt außerordentlich ausgeruht aus der Babypause zurück.
Und wer nach zwei kommerzkritischen Alben (Die Reklamation, 3x Platin und Von hier an blind, 3x Platin) eine sanftmütige Muttersau Holofernes samt väterlich lächelnder Mithelden erwartet, wird von „Soundso“ überrascht sein, denn die dritte Helden-Platte ist zwar freundlich, aber sehr bestimmt.
Und wenn holofernische Texte und heldenhafte Musik zusammenkommen, kann man sich nur wundern, wie gut das funktioniert: so viele im besten Sinne „unterhaltungsferne“ Themen so gnadenlos unterhaltsam zu verpacken.
Soundso hört sich … soundso an. Heldenlike eben. Neben Gitarrensolos, Blassorchester, Backgroundsängern und altbekannten Helden-Hymnen alá „Die Konkurrenz – schläft nicht“ oder „Endlich ein Grund zur Panik“ findet auch ein sehr gelungenes Hörspiel („Ode an die Arbeit“) platz. Jeder der auf gute deutsche Musik, tiefgründige und zweidreideutige Texte steht und nicht auf dieser Pseudo-Deutsch-Pop Welle mitreiten will, ist bei den Originalen genau richtig.
Soundso – 12 Songs in die man sich verlieben muss. Deswegen mein Rat – einfach reinhören, auf Endlos-Schleife laufen lassen, Wohlfühlen und genießen
Tanzt (und knutscht und weint und fahrt Auto und putzt und singt und lacht) also bitte zu Liedern über:
- die Konstruktion von Identität, Soundso
- die zwingende innere Logik des Arbeitsbegriffs, (Ode) An die Arbeit
- Krieg, Der Krieg kommt schneller zurück, als du denkst
- Die Instrumentalisierung von Angst Endlich ein Grund zur Panik
- Konkurrenz als tabuisiertes Gefühl, Die Konkurrenz
- die indigene Überlegenheit von Schachclubmitgliedern, The Geek (shall inherit)
- Bindungsängste, Für nichts garantieren
- Gartenbau, Labyrinth
- das Phänomen der Resilienz bei Kindern aus schwierigen Familienumständen, Kaputt
- das Aufgeben aller Widerstände und die bedingungslose Hingabe an die Wirklichkeit, Hände hoch
- den Wunsch nach Auflösung, Lass uns verschwinden und
- die generelle Unzulänglichkeit von Worten, Stiller
Oder nicht. Viel Vergnügen!
Übrigens – Wir sind Helden kommen am 5. Oktober in die Stadthalle nach Magdeburg. Wer sie noch nicht live gesehen hat, sollte dies stark in Erwägung ziehen.
Fotos: Lars Frohmüller
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