Alles andere als besinnlich
Es gibt einen Ort in Magdeburg, wo diese bittere Wahrheit auch mal ausgesprochen wird: auf dem Theaterschiff Magdeburg. Die Nachtschwärmer Ulrike Nocker, Matthias Krizek und Oliver Vogt präsentieren derzeit ihr 2. Theaterschiff-Weihnachtsspektakel und entzaubern dabei mit Charme, Humor und viel Musik den Mythos vom besinnlichen Fest.
Dabei fängt alles ganz traditionell an: Die MS „Marco Polo“ ist weihnachtlich geschmückt mit Kerzen, Lichterketten und Seemanns-Weihnachtsbaum. Die Crew serviert ein traditionelles Weihnachtsmenü mit Ente, Rotkohl und Knödeln – gezaubert von Smutje Thoralf Rosenthal. Da kommt man ganz schnell in Weihnachtsstimmung, die selbst zu Beginn des Programms noch für einen winzigen Moment anhält , denn Nachtschwärmer besingen zunächst besinnlich „Weihnachten am Elbestrand“.
Doch ganz plötzlich ist es vorbei mit der Weihnachtsruhe, ein Medley aus Beach Boys, Geier Sturzflug und anderen wenig weihnachtlichen Songs nimmt das Publikum schwungvoll mit in den realen Weihnachtsstress und in ein knapp zweistündiges schwungvolles und vor allem die Lachmuskeln strapazierendes (un-)weihnachtliches Programm. Natürlich steht, wie von den Nachtschwärmern gewohnt, die Musik im Vordergrund. Eigene Texte wurden auf bekannte Melodien getextet, bereits vorhandene Texte wie Georg Kreislers „Ich hab ka Lust“ in einer Weihnachtsvariante wurden neu arrangiert und auf die Nachtschwärmer zugeschnitten.
Doch auch in den Wortbeiträgen haben die drei Musiker in diesem Programm eine ordentliche Schippe drauf gelegt. Vor allem Matthias Krizek hat sich spielerisch im Vergleich zu früheren Programmen um vieles gesteigert und bringt den weihnachtsmüden Politiker ebenso überzeugend ans Publikum wie (gemeinsam mit Ulrike Nocker und Oli Vogt) Loriots rabenschwarzes „Advent“sgedicht. Selbst der „Mann am Klavier“ Oliver Vogt greift in diesem Programm mehr als sonst spielerisch ins geschehen ein. Hier macht sich die Handschrift von Regisseur Knut Müller-Ehrecke bemerkbar, der sowohl dem Programm den roten Faden und den straffen Ablauf als auch den Protagonisten das spielerische Handwerkszeug.
Fotos: Lars Frohmüller
Nicht nur Weihnachtstexte finden ihren Platz im Programm, auch hintergründige Satire klingt hier und da an. Da wird der „Belegschaft“ per Lautsprecher und Voicemail mitgeteilt, dass die Betriebsweihnachtsfeier stattfindet … am Ende scheitert sie an allzu übertriebenen Integrations- und Antidiskriminierungsversuchen, weil Ausländer, Nichtraucher, Raucher, Schwule, Lesben, Vegetarier, etc. ihre Rechte einfordern und die Dame vom Personalbüro in der Psychiatrie landet.
Und auch zur „Ottostadt“-Kampagne haben die Nachtschwärmer einiges zu sagen. Otto wäre, so stellen sie fest, schließlich immer noch besser als Willi oder Kevin und finden am Ende sogar den einen oder anderen neuen Werbespruch für die Kampagne: „Magdeburg – das Otto unter die Kaiser“. Das Thema gehört zwar nicht wirklich zu Weihnachten, aber definitiv auch in ein künstlerisches Programm in Magdeburg.
Die Texte stammen übrigens aus der Feder von Sabine Münz und Peter Hofmann. Die verbleibenden Termine für das „Xmas Special“ gibt’s auf www.theaterschiff-magdeburg.de.