Die neuesten Fitness- und Wellness-Trends im Test

Die Wellnesshotel-Testerin Andrea Labonte bewegt sich häufig zwischen Sauna und Infinity-Pool. Dieses Mal hat sie sich den etwas extremeren Angeboten verschiedener Wellness-Hotels gewidmet – und berichtet uns davon.

Ob als Ausgleich zum Büro-Job oder als sportliche Herausforderung zwischendurch – Fitness gehört für viele zum Alltag. Und um etwas Abwechslung in die Sache zu bringen, wird gerne mal ausprobiert. Der Fantasie sind bei Fitness-Trends keine Grenzen gesetzt

Schlottern bei -85° Celsius, Strampeln in Himalaya-dünner Luft und im freien Fall mitten hinein in die Bergwelt. Langweilig wird es auf jeden Fall nicht. Lest selbst, was sich hinter den angesagten Gesundheits-und Fitness-Hypes verbirgt.

Der Sommer kommt – ab in die Kältekammer!

Die Wellnesshotel-Testerin Andrea Labonte besucht bei -85°C die Cryo-Kältekammer des Alpenresorts

Weil auch ich nicht jünger, geschweige denn schöner werde und weil mein Immunsystem eine Stärkung vertragen kann, stehe ich hier: Vor der Cryo-Kältekammer im Tiroler Alpenresort Schwarz. Eines der ersten Wellnesshotels in Europa, das seinen Gästen eine Kältetherapie anbietet. Und hey, was der Sportsmann Ronaldo kann, kann ich schon lange! Ich bin Wellnesshotel-Testerin und es ist mein Job, Dinge auszuprobieren, die gesund und schön machen sollen. Also, dann!

Mit Bikini, Mütze und Flip-Flops im Schockfroster

Ich gebe zu, ich bin aufgeregt, während ich nur mit Bikini, Mütze und Handschuhen bekleidet, die minus 85°C frostige Hochleistungs-Kabine betrete. Doch bevor es so weit ist, checkt Sportwissenschaftler Klaus noch meine körperliche Verfassung. Dabei trägt die Anamnese nicht zu meiner Beruhigung bei. Ob ich denn unter Herz-Rhythmus-Störungen leide? „Beim letzten Treppensteigen hatte ich schon ein bisschen Herzrasen“, berichtet der Hypochonder in mir. Das wäre keine Kontra-Indikation, beruhigt mich Klaus. Und trotz meiner kläglichen Einwände, spuckt das Computersystem eine Verweildauer von sagenhaften 4,03 Minuten aus.

Selbst Klaus wirkt verwundert. Das muss ein Irrtum sein. In all ihrer Kürze erscheint mir diese Zeit doch sehr lang, zu lang. Ob ich, der absolute Warmduscher, das schaffe, wage ich zu bezweifeln. Was ich mir denn von meinem Aufenthalt in der Kältekammer erhoffe, fragt mich Klaus. „Also ein jugendlicher Glow sollte schon drin sein. Und die Falte auf meiner Stirn schreit nach Straffung,“ entgegne ich ihm hoffnungsfroh. Klaus notiert sich als Ziel der Anwendung: Anti Aging. Wie schön, Klaus versteht mich.

Die längsten drei Minuten meines Lebens

Nach 3,30 Minuten verlässt die Wellnesshotel-Testerin die Cryo-Kältekammer

„Also 2,50 Minuten sollte ich schaffen“, motiviere ich mich selbst, während ich einen Fuß nach dem anderen in die blau illuminierte Kabine setze und in Klaus lachendes Gesicht blicke. Klaus ist gut drauf und ich bin es dank Klaus und Partymusik in der Kabine auch. Klaus tanzt vor der Scheibe der Kammer und ich dahinter. Für Außenstehende mögen unsere Tänzchen etwas bizarr anmuten. Doch für mich sind sie überlebenswichtig. Lenken sie mich doch von der Tatsache ab, dass sich in meiner Nase gerade kleine Eiszapfen bilden und meine Beine zu Frostklumpen gefrieren.

Aber dafür ist mein Geist hellwach und meine Sinne quicklebendig. Wider Erwarten fühle ich mich sogar richtig gut. Und nach drei Minuten und 30 Sekunden fühle ich mich gar noch besser. Denn dann gleite ich, so elegant, wie es eben nur mit Bikini, Mütze und in bewollsockten Flip-Flops geht, wieder aus der kalten Tanzkabine.

Es lebe der „Flash-Effekt“

Und während sie in der Kammer nur zaghaft hüpften, purzeln sie plötzlich, die Endorphine. Das nennt man dann wohl den “Flash-Effekt”. „Durch die extrem schnelle Abkühlung deines Körpers wurden die Thermorezeptoren in der Kammer aktiviert und deine Blutgefäße zogen sich zusammen. Wieder hier draußen, im mollig warmen Vorraum erweitern sich deine Blutgefäße wieder und genau das ist er, der Flash-Effekt,“ doziert Klaus. So habe ich gerade das erhabene Gefühl, den Mount Everest erklommen zu haben – und zwar ohne Sauerstoffmaske, aber dafür in legerer Beachwear. „I have survived, yeah!“

“Alle Gäste, die aus der Kammer kommen, werden von Glücksgefühlen geflutet. Ein Schmerzpatient wurde sogar nach mehrmaligen Besuchen von seiner Migräne befreit“, erzählt Klaus. Die Falte auf meiner Stirn lacht mich zwar immer noch verrunzelt im Spiegel an, aber hey, Wunder kann ich nicht erwarten. Dafür strahlen meine Wangen rosig und ich fühle mich glücklich wie lange nicht mehr. Nach dieser sibirischen Winter-Erfahrung bin ich nun endgültig reif für den Sommer.

Segeln, fliegen, tauchen mit dem ICAROS Virtual Reality Training

Mit 3D-Brille und einem Personal Trainer an der Seite, startet Andrea Labonte das Virtual Reality Training im Jagdhof im Bayerischen Wald

Ich segle über Berchtesgaden, ich tauche mit Walen und wage ihn endlich, den Sprung mit dem Fallschirm. Schwerelos gleite ich wie Ikarus, nur ohne Federn, durch die Atmosphäre und staune nicht schlecht über meinen plötzlichen Sturzflug, mitten hinein in die Berchtesgadener Bergwelt. Auch überrascht mich mein Wagemut beim hautnahen Begleiten gigantischer Wale durch die virtuelle Unterwasserwelt der Südsee. Vor, zurück, und seitlich bewege ich meinen Körper wenige Meter über dem Boden, während mein Geist in andere Sphären schwebt.

Abheben mit dem ehemaligen Bundestrainer im Kick-Boxen

Dabei starte ich mein ICAROS Virtual Reality Training im Wellnesshotel Jagdhof im Bayerischen Wald mit einer 15-minütigen Verspätung. Diese kommentiert Robert, mein persönlicher Fitness-Coach an diesem Nachmittag lächelnd mit den Worten: „Für‘s zu spät kommen, gibt’s erst mal 50 Liegestützen!“ „Um Himmels Willen, ich schaffe nicht mal fünf“, entgegne ich etwas verlegen und mustere argwöhnisch, das futuristische Gerät auf dem ich gleich bäuchlings Platz nehmen soll. Entfernt erinnert es mich an das Inventar bei meinem Gynäkologen. Das behalte ich aber lieber für mich. Stattdessen lausche ich Roberts Instruktionen: „Mit dem ICAROS Virtual Reality Training baust du nicht nur deine Tiefenmuskulatur auf, sondern tust auch etwas für deine Koordination. 20 Minuten Training sind beim ersten Mal völlig ausreichend. Und es kann sein, dass du morgen etwas Muskelkater hast.“

Das hört sich vielversprechend an – nicht das mit dem Muskelkater, aber das mit dem Aufbau der Tiefenmuskulatur. „Bekomme ich dann nach 20 Minuten Training auch so einen eindrucksvollen Bizeps wie du?“ erkundige ich mich lachend und erfahre, dass Robert sein vor Kraft strotzendes Aussehen leider nicht einer einmaligen Stippvisite im Virtual Reality Trainings-Raum verdankt, sondern vielmehr seinem Dasein als ehemaliger Bundestrainer im Kick-Boxen.

Endlich, eine Sportart, die Spaß macht!

Auf diesem futuristischen Gerät taucht die Hoteltesterin in andere Welten ein

Egal, aller Anfang ist schwer und vielleicht ist dieses Trainings ja der Schlüssel, um mir die Pforte für mehr sportlichen Ehrgeiz zu öffnen. Für meine Verhältnisse besteige ich relativ behänd das seltsam anmutende Gerät und stülpe mir den 3-D-Helm über, mit dem ich sicherlich auch eine Kick-Boxing-Session gut überleben würde. Dann warte ich auf weitere Anweisungen. „Mit der rechten Hand regulierst du über den Drücker deine Geschwindigkeit, während du über deine Körperbewegung die Richtung angibst.“ Das hört sich kinderleicht an. Dass es dann doch anstrengender ist als gedacht, zeigt sich bei der ersten Verschnaufpause. Denn plötzlich spüre ich meine nicht vorhandenen Armmuskeln. Vielleicht ist das ja bereits der Vorbote für den anschwellenden Bizeps, überlege ich optimistisch.

Das Gleiten, Fliegen und Tauchen ist jedenfalls so aufregend, dass ich die mit dem Virtual Reality Training verbundene Anstrengung komplett ausblende. Das ist sie also, die perfekte Sportart für mich. Ohne es zu merken und sogar mit jeder Menge Spaß, verbrenne ich Kalorien und stähle meinen Körper. Dabei vergeht das Training wie im Flug und die 20 Minuten sind vorbei, ehe ich wirklich ins Schwitzen gerate. Einziger Wermutstropfen: die exquisite Patisserie des Jagdhofs. Warum musste ich aber auch kurz vor meinem rasanten Sturzflug diese göttliche Himbeer-Torte verdrücken? Beim nächsten Training, sause ich dann doch lieber mit leerem Magen bei 800 km/h in die Tiefe. Denn ein leichtes Schwindelgefühl begleitet mich nach dem Fliegen und Tauchen dann doch für eine Weile.

Während die Muskeln trainiert werden, geht der Geist auf Reisen

Doch abgesehen von meinem zu vollen Magen und dem Schwindel, stellt das Virtual Reality Training im neu erschaffenen Fitness-Reich des Jagdhofs ein absolutes Highlight für mich dar. Eine Fitness-Novität, die scheinbar jeden Muskel trainiert und meinen Geist dabei auch noch auf eine Reise in bislang unbekanntes Terrain schickt. Spiel, Spaß und Sport – alles in einem. Absolut empfehlenswert.

Und plötzlich ist der Himalaya ganz nah: Effektives Training in der Höhenkammer

Die Höhenkammer im 1.380 qm großen Fitnesscenter des Jagdhofs in Röhrnbach

Auch das Cardio-Fitness-Programm, das mir Robert in der Höhenkammer des Hotels präsentiert, ist für mich ein Novum. Hier lässt sich tatsächlich der Sauerstoffgehalt auf die gewünschte Seehöhe kalibrieren. „Dabei passt sich deine Atmung an die dünne Luft der Kammer an und beschleunigt sich. Und du verbrauchst mehr Energie, weil deine Muskeln mit mehr Sauersoff versorgt werden müssen. Mit jeder Trainingseinheit an den Cardio-Geräten der Höhenkammer erreichst du also einen schnelleren Fettstoffwechsel und stärkst dein Herz-Kreislauf-System.“ So erklärt mir Robert geduldig die Vorteile der Höhenkammer. Wenn ich also wollte, könnte ich tatsächlich auf simulierten 8.000 Höhenmetern in die Pedale treten oder auf dem Stepper, den vor meinem geistigen Auge erscheinenden Himalaya bezwingen.

Da ich aber im platten Rheinland aufwuchs und mich schon beim Erklimmen unserer Kellertreppe ein leichter Schwindel befällt, schreckt mich das Höhentraining ein wenig. Daher beginne ich zunächst mit den voreingestellten 2.500 Höhenmetern. Eine für mich immer noch recht imposante Höhe bei der mir beim Training ziemlich schnell die Puste ausgeht. „Und genau durch diese Höhe erreichen Sportler innerhalb kürzester Zeit einen sehr großen Trainingseffekt,“ erklärt mir Robert. Dabei überwacht ein Puls-Oxymeter während meines Trainings meine Sauerstoff-Sättigung. Würde diese unter 85 fallen, wäre Vorsicht geboten. Doch bevor es soweit ist, gebe ich lieber auf und freue mich auf das Gala-Menü am Abend. Man soll es mit dem Sport ja nicht übertreiben und bekanntlich dann aufhören, wenn es am schönsten ist.

Blau – mein Favorit bei der Sensora Farblichttherapie

Im Rahmen der Sensora Farblichttherapie wird die Lieblingsfarbe der Hoteltesterin ermittelt

Auch im Indischen Ozean wartet ein originelles Wellness-Spektakel auf mich – und zwar auf Amilla Island im Baa-Atoll der Malediven. Wer hier nämlich von der Farbpracht des Indischen Ozeans und der schillernden Unterwasserwelt des Korallenriffs nicht genug bekommen kann, hat die Möglichkeit, die vom Resort angebotene Sensora Farblichttherapie zu buchen. Diese multi-sensorische Farb- Klang- und Vibrations-Therapie soll Stress- und Angstzustände vermindern, bei Schlafstörungen, chronischen Schmerzen und gar bei Erschöpfungszuständen helfen. Ein Balsam für die Sinne sozusagen.

Neugierig betrete ich den Javvu Spa und werde von Laura, der italienischen Spa-Managerin, in die Geheimnisse des Chromo-Tests eingeführt. Dieser wurde vom Belgier Pierre van Obbergen entwickelt und zielt auf die individuellen Farbpräferenzen eines jeden Menschen ab. Dabei schaue ich mir verschiedene Farbreihen an und sortiere immer wieder die Farben aus, die mir missfallen. Bei der anschließenden Besprechung erfahre ich von Laura, dass meine derzeitige Farbpräferenz bei Blau liegt. Ein Zeichen, dass sich mein Unterbewusstes nach Ruhe und Rückzug sehnt – einer Tatsache, der ich zustimmen kann. Resultierend aus diesem Ergebnis stellt Laura für mich individuell das digitale Programm der von Anadi Martel entwickelten Farblichttherapie zusammen.

Psychedelischer Farbrausch – ganz ohne Drogen

Farben, Klänge und Vibrationen wirken beruhigend auf das Unterbewusstsein.

Anschließend begleitet mich Laura zu einem kuppelförmigen Holz-Pavillon. Und plötzlich befinde ich mich, mitten im tropischen Dschungel, in einer futuristischen Erlebniskapsel, die jedem Science-Fiction Film würdig wäre. Während ich auf einem komfortablen Stuhl Platz nehme und eine flauschige Decke über meine Beine streife, blicke ich auf eine mondförmige Projektionsfläche. So muss sich Neil Armstrong kurz vor der Mondlandung gefühlt haben. Nur, dass sein Raketensitz wahrscheinlich nicht plötzlich anfing zu vibrieren. Dabei scheinen die Vibrationen mit den beruhigenden Klängen und den berauschenden Farben, die auf der Projektionsfläche erscheinen, eine perfekte Symbiose einzugehen. Und ich tauche hinein, in dieses psychedelische Farbenspiel und lasse mich treiben.

So in etwa stelle ich mir einen LSD-Trip vor. Nur dass dieser Trip hier der Gesundheit förderlich sein soll. Gute Laune macht er allemal. Obwohl ich zugeben muss, dass ich am Ende meiner 20-minütigen Session doch etwas nervös auf meinem Stuhl herumrutsche, da ich weiß, dass mir außerhalb der Kapsel das wahre Leben mit den schönsten Farben zu Füßen liegt. So berühren mich zwar die Farben, die Melodien und auch das wohlige Wiegen meines Stuhles, doch kann dieses künstliche Wellness-Spektakel nicht wirklich mit den bunten Fischen, den Türkis-Nuancen des Meeres oder dem satten Grün der Dschungel-Vegetation auf Amilla Island mithalten. Und so sehe ich die Sensora Farblichttherapie als schmackhaften Appetizer für die Naturschönheiten, die auf der Insel auf mich warten.

Autorenprofil

Andrea Labonte hat einen außergewöhnlichen Beruf, um den sie viele beneiden: Sie ist seit über 15 Jahren als Hoteltesterin für den Wellnesshotel Guide Wellness Heaven unterwegs. Über ihre Spa-Erlebnisse, außergewöhnliche Destinationen und die skurrilsten Begebenheiten aus ihrem Berufsalltag schreibt sie regelmäßig in ihrer Kolumne „Aus dem Leben einer Hoteltesterin“. Mit über 400 getesteten Wellnesshotels besitzt Andrea Labonte eine breite Vergleichsbasis und weiß, worauf es dem anspruchsvollen Reisenden ankommt. Ihr beruflicher Hintergrund: sie ist internationale Diplom-Betriebswirtin mit Doppeldiplom. Ihre Studien absolvierte sie an der Fachhochschule Mainz und an der Ecole Supérieure du Commerce Extérieur in Paris.

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