Ein typischer früher Abend im Hamburger Szenecafé Gloria: Der Kellner kritzelt quietschend das Abendangebot an die Schiefertafel, anwesende Mütter erinnern sich, dass es Zeit ist, ihren Bugaboo-Kinderwagen nach Hause zu bugsieren, am Tresen lösen die ersten Biertrinker das plaudernde Kaffeevolk ab. Wer als Single auf der Suche nach Artgenossen ist, dessen Stunde hat jetzt geschlagen.

Die zwei lachenden Mädels da hinten vor der roten Lederwand zum Beispiel – freilich haben sie sich eine Menge zu erzählen, doch zwischendurch wandern ihre hübsch geschminkten Augen immer wieder durch den sich langsam füllenden Raum. Vielleicht ist er ja nicht weit, der Traumprinz. Tatsächlich sind die beiden Freundinnen Singles. Und zwar die Spezies, die den Satz „Wie kann es denn sein, dass so was wie du noch frei rumläuft?“ schon geschätzte tausend Mal zu hören bekam. Die Frage ist ja durchaus berechtigt. Schließlich haben Ines und Rachel einiges zu bieten: Sie sind schön, klug, lebenslustig, unkompliziert und finanziell unabhängig. Nur das passende Gegenstück wollte sich einfach noch nicht blicken lassen. Auch etwa zwölf Millionen Lonesome-Deutschen blieb dieses Glück bislang verwehrt. Warum nur?

Sie wollen mehr wissen? Die ganze Geschichte, mit den Statements männlicher und weiblicher Singles, lesen Sie im aktuellen Heft. Interviews mit Experten, wie dem Veranstalter von Single-Events, André Prager, sowie Tanja Biller, Marketingleiterin beim Datingportal Friendscout24 und Eric Hegmann, Single-Experte und Autor des Buches „Die Traumprinzfalle?, finden Sie auf der nächsten Seite.


Im Interview: André Prager, Veranstalter von Singleevents (www.speeddaten.de)
Wie funktioniert Speeddaten?
Um die zehn Singles sitzen an einem Tisch. Mit jedem Teilnehmer dürfen sie sieben Minuten quatschen. Dann ist Schluss und sie tragen auf einer Karte ein, welche Kandidaten sie in Erwägung ziehen. Bei Übereinstimmung schicken wir den beiden am nächsten Tag die jeweiligen Telefonnummern zu.

Über 200000 User haben sich bereits einen Account auf ihrer Seite, www.speeddaten.de eingerichtet. Das Interesse ist scheinbar groß. Was reizt die Leute an dieser Art von Kontaktaufnahme?
Das Interesse verdreifacht sich seit der Gründung 2004. Vor allem ab einem gewissen Alter, so ab 30, haben die Leute keine Lust mehr, Zeit zu verlieren. Sie wünschen sich einen Partner, wollen aber deshalb nicht stundenlang im Netz surfen und am Ende, wenn man sich trifft, ist doch wieder nix bei rumgekommen.

Kann es in sieben Minuten funken?
Es geht nicht darum, ob derjenigen der Traumtyp ist, sondern darum, ob man sich in den sieben Minuten sympathisch fand oder nicht. Man hat sich zumindest mal gegenüber gesessen und einen besseren Eindruck bekommen als beim Chatten.

Welches Geschlecht tut sich schwerer mit dem Ankreuzen?
Generell sind Frauen da etwas wählerischer.

Haben die denn auch genug Auswahl oder trifft sich beim Speeddaten der „Rest vom Schützenfest“?
Die Frauen sind oft sehr hübsch und gleichzeitig unheimlich selbstbewusst. Man muss sagen, dass die Männer dagegen oft etwas abfallen. Und sie haben Angst vor zu selbstbewussten Frauen. Die geben dann lieber kein Kreuzchen, obwohl sie sich in den sieben Minuten gut unterhalten haben.

Wo tun sich die Menschen immer schwerer, den Richtigen/die Richtige zu finden?
Die Schwierigkeiten fangen ja schon beim Kennenlernen an. Wo trifft man über 30 einen potentiellen Partner? Auf der Straße ist das schwierig. Die Leute denken in dem Alter zuviel. Sie sehen jemanden, der ihnen gefällt und dann rattert das schon im Kopf : „Ist die vielleicht verheiratet. Hat die einen Freund? Ich krieg bestimmt sowieso einen Korb!“ Und schon sind Chancen vertan.

Also ist vor allem das mangelnde Balzverhalten Schuld?
Nicht nur. Aber das Problem ist doch immer: Die Frau, so emanzipiert sie auch sein mag, will, dass der Mann sich meldet. Und der Mann hat oft Versagensängste, also kommt es nicht zu einem Date. Dazu kommt, dass das World Wide Web den Menschen heute scheinbar soviel Möglichkeiten bietet. Diese vielen Möglichkeiten führen aber dazu, dass viele gar nicht mehr wissen, was sie eigentlich wollen.

Lesen Sie auf der nächsten Seite das Interview mit Tanja Biller.


Im Interview: Tanja Biller, Marketingleiterin beim Datingportal Friendscout24
Wie stellen sich junge Männer/Frauen heute ihren idealen Partner vor?
Kurz gesagt: Die Chemie muss einfach stimmen. Singles suchen nach einem Partner mit einem positiven Auftreten. Ausstrahlung, Humor und ein anziehendes Lächeln sind die ersten wichtigen „Türöffner“ beim Kennenlernen. Beim Online-Flirten ist daher ein gutes Profilbild wichtig, kurz gefolgt von einer detaillierten Beschreibung. Laut unserer FriendScout24-Flirt-Studie trifft auch das Klischee zu, dass Männer verstärkt auf die Figur der Damen achten. Frauen sind in diesem Punkt etwas nachsichtiger und beschreiben ihren Wunschpartner oft als humorvoll, treu und zärtlich.
Wir empfehlen beim Erstellen des Profils, mehr Eigenschaften anzugeben und darauf zu achten, dass es charmant, individuell und vor allem humorvoll formuliert ist.

Stehen die Vorstellungen im Verhältnis zum dem, was man selbst zu bieten hat?
Wir haben herausgefunden, dass sowohl online als auch beim Live-Flirten geschummelt wird, wenn auch bei unterschiedlichen Dingen: Während online eher das Foto etwas aufgehübscht wird oder bei der eigenen Beschreibung etwas hinzugefügt oder weggelassen wird, wird beim Live-Flirt auf der Straße eher über den Beruf geflunkert. Mein Tipp: Lieber von Anfang an ehrlich sein – denn raus kommt es immer.

Wie hat sich das Flirtverhalten (auch bei FriendScout24) in den letzten Jahren verändert?
Heute verliebt man sich anders als früher. Unsere Gesellschaft wird immer schnelllebiger und es eröffnen sich viel mehr Möglichkeiten jemanden kennen zu lernen. Es gibt eine klare Tendenz zum schnelleren Ver- und Entlieben, das heißt die Bereitschaft sich langfristig zu binden, hat etwas abgenommen. Auch mit Blick auf die immer effizienter zu nutzende Freizeit gehört das Medium Internet mit all seinen technischen Möglichkeiten längst ganz selbstverständlich zum täglichen Leben und damit auch zum Thema Partnerschaft dazu. Neue Bekannte, Freunde und Partner orts- und zeitunabhängig via Internet zu finden, ist für die mobile Internetgeneration gang und gäbe. Gleichzeitig hat in den letzten Jahren in die Partnersuche ein ganz neues Selbstbewusstsein Einzug gehalten – insbesondere auf Seiten der Frauen. Gezielt und aktiv Kontakt zum anderen Geschlecht aufnehmen, ist heutzutage längst nicht nur ein Männerthema!

Was ist der Vorteil beim Online-Dating zum Flirten in der freien Wildbahn?
Vereinfacht gesagt: Online-Dating ermöglicht einfaches und sicheres Flirten bequem vom heimischen Sofa und hat gleichzeitig viele Vorteile. Da verwundert es nicht, dass nach dem Arbeitsplatz das Internet zum zweitwichtigsten Kennenlern-Ort aufgestiegen ist, denn die Vorteile liegen auf der Hand: Man kann sich umfassend selbst darstellen und bleibt trotzdem zunächst anonym. Jeder Nutzer ist aus dem gleichen Grund Mitglied und so entfallen eine gewisse Scheu oder Berührungsängste. Hinzu kommen noch Argumente wie die große Auswahl, die bei FriendScout24 mit umfassenden Suchfunktionen nach dem individuellen Wunschpartner durchforstet werden kann, sowie die einfache, orts- und zeitunabhängige Kontaktaufnahme.

Was sind die typischen Fallen beim Onlinedating?
Egal, ob beim Online-Flirt im Chat oder später beim richtigen Date, es gelten dieselben klassischen Regeln. Zuhören, Fragen stellen und bei eigenen Erzählungen authentisch und ehrlich sein. Fürs erste Date gilt: Nicht zu viel Zeit nehmen, aber auch auf keinen Fall drängen lassen. Eine wichtige Regel für die erste Begegnung ist, treffen Sie sich auf neutralem Boden, denn so bleibt der eventuelle Rückzug möglich. Auf keinen Fall sollten Singles leichtsinnig Telefonnummern, Adressen, persönliche Daten oder zu vertrauliche Informationen, zum Beispiel zur eigenen finanziellen Situation, an ihre Flirtkontakte weitergeben. Ansonsten heißt es einfach, sich selbst treu und dem anderen gegenüber ehrlich und höflich zu bleiben, selbst wenn es nicht die große Liebe wird.

Warum tun sich so viele attraktive junge Singles heute so schwer, den richtigen Partner zu finden?
Hier spielen unterschiedliche Entwicklungen eine Rolle. Während noch vor einigen Jahren der Single-Status zum Teil als Synonym für Freiheit und Unabhängigkeit gehandelt wurde, ist der Großteil der Singles heutzutage nicht freiwillig allein. Dieser Trend zeigt sich nicht nur bei den jüngeren Singles, sondern auch bei der älteren Generation ab 50 Jahren aufwärts. Hinzu kommt, dass ein Partner und/oder eine Familie in unserer zunehmend schnelllebigen Zeit ein hohes Maß an Konstanz und Geborgenheit bieten. Stress in der Arbeit, in der Stadt und im Berufsverkehr – mittlerweile wird von einem Menschen erwartet flexibel und belastbar zu sein. Diesen Stress möchte man nicht auch noch im Privatleben oder in der Beziehung haben und ist natürlich auf langfristige Partnerschaften konzentriert.
Eine intensivere Suche wird auch durch die besseren Möglichkeiten bei der Partner-Suche als beispielsweise vor fünf Jahren begünstigt. Das Online-Dating ist stärker ins deutsche Bewusstsein getreten, das sehen wir auch an bis zu 9.000 Neuregistrierungen pro Tag bei FriendScout24. Der Suchende muss nicht mehr mühselig die Zeitungen nach der passenden Anzeige durchforsten, sondern kann nach seinen Interessen filtern und auch konkret nach einer langfristigen Beziehung suchen. So wird die Partnersuche einfacher.

Sind wir alle Beziehungsgestört?
Nein mit Sicherheit nicht! Das bestätigen uns monatlich über 100 Zuschriften von Pärchen, die sich bei FriendScout24 kennen gelernt haben – mit Fotos von Babys, von der Hochzeit und sogar Einladungen zu Hochzeiten. Das ist ein Zeitgeist, der nichts mit normal oder gestört zu tun hat, sondern von den derzeitigen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen abhängt: Weniger Zeit für die Pflege sozialer Kontakte, größere Auswahl, geringere Bindungsbereitschaft.

Haben wir wirklich so hohe Ansprüche?
Die Ansprüche an den Partner sind vielschichtiger geworden. Bei FriendScout24 können Singles ein umfassendes Profil mit 30 Fragen zur Persönlichkeit und Selbstdarstellung erstellen. So kann jedes Mitglied schon vor dem ersten Kontakt gemeinsame Interessen und Vorlieben ausloten.

Ist das Leben als Single zu attraktiv geworden?
Das Single-Dasein ist ein bestimmter Lifestyle unserer heutigen Gesellschaft. Das Leben als Single bietet natürlich gewisse Vorteile, ich würde jedoch nicht sagen, dass das Singleleben attraktiver geworden ist. Ein Leben zu Zweit macht Spaß und hat weiterhin Bestand. Es macht das Leben meistens erst richtig lebenswert.

Wann passen zwei Menschen gut zueinander? Wann merkt man, dass es der Richtige/die Richtige sein kann?
Ähnliche Interessen und Vorlieben können genauso gut zusammen passen, wie die sprichwörtlichen Gegensätze die sich anziehen. Es gibt kein Patent, wie man einen passenden Partner findet. Dies sind häufig Entscheidungen, die ganz unbewusst getroffen werden. Da sind wir eigentlich wieder am Anfang: Die Chemie muss passen.

Lesen Sie auf der nächsten Seite das Interview mit Eric Hegmann.


Im Interview: Eric Hegmann, Single-Experte und Autor des Buches „Die Traumprinzfalle?“
Was sind denn die Hauptgründe dafür, dass wir uns so schwer tun jemanden als unseren Traumprinzen anzusehen?
Das möchte ich gerne differenziert beantworten, denn es gibt eine große Anzahl Singles, die sehr genau wissen wie ihr Traumpartner aussieht, den aber nicht finden in der Realität und sehr viele, die nach kurzer Zeit feststellen, dass der vermeintliche Traumprinz keiner ist und sich sofort dem nächsten zuwenden.
Prinzipiell ist der Traumprinz ja eine Märchengestalt und daher sowieso nicht in der Realität zu finden. Es sollte Singles deshalb immer darum gehen, den passenden Partner für eine traumhafte Beziehung zu finden, also das Liebesglück nicht allein an der anderen Person festzumachen, sondern daran, ob die Mischung der Persönlichkeiten für eine harmonische Partnerschaft taugt. Oder ganz kurz: Nicht jeder Traumprinz taugt für eine Partnerschaft (mit dem Suchenden).
Hohe oder zu hohe Ansprüche sind ein häufiger Grund für vergebliche Partnersuche. Hier stimmt oft das Selbstbild nicht. Wer viel zu bieten hat, kann entsprechendes auch verlangen. Allerdings überschätzen sich viele Singles hier und suchen den Partner in einer falschen Liga.

Und warum laufen auch so viele vermeintliche „Glücksgriffe“ als Single durch die Gegend?
Das kann an mangelnder Auswahl passender Partner liegen, so bleiben Akademiker meist unter sich, heiraten untereinander und fallen dafür für andere Gruppen weg. Diese Lücke erschwert außerdem Jenen die Partnersuche, die sich nicht gleich an der Uni gefunden haben. Dies ist beispielsweise ein Grund für viele alleinstehende Akademikerinnen. Da immer mehr Frauen studieren und sich Frauen in der Regel bei der Partnerwahl auf Augenhöhe oder darüber orientieren, ist für diese der Markt einfach schwierig – obwohl sie auf den ersten Blick eigentlich beste Voraussetzungen für eine Partnerschaft mitbringen.

Was könnte noch der Grund sein, warum so viele keinen Partner finden?
Paartherapeuten sprechen immer öfter von aktiven und passiven Beziehungsverweigerern. Aktive sagen deutlich, dass sie sich keine Partnerschaft wünschen. Passive geben zwar an, sich eine zu wünschen, tun aber unbewusst alles, um sie zu verhindern. Sie verlieben sich in schwer erreichbare Partner: verheiratete, komplizierte, zu junge oder weit entfernte Menschen. Aktive und passive Beziehungsverweigerer finden sich häufig gegenseitig. Der passive BV kann sich bei einem aktiven BV ohne Furcht vor einer Bindung in die Idealisierung des Partners und der Beziehung mit ihm hineinsteigern. Eine stabile und harmonische und lang anhaltende Beziehung wird daraus nur selten erwachsen. In den meisten Fällen zermürben sich solche Paarungen auf Dauer gegenseitig. In extremen Ausprägungen wird nur externe Hilfe, wie durch einen Paartherapeuten, solche Beziehungsverweigerer weiter bringen, da hierbei auch früh erlernte und erlebte Bindungshaltung eine Rolle spielen kann.

Interviews: Carmen Meyer