Vier Jahre sind ins Land gegangen, seit der knackarschige Rock-Romantiker die Schlafzimmer der Welt mit neuem Liedgut beschallt hat. Gehört hat man in der Zwischenzeit nur wenig von ihm. Inspiration und Kraft für sein im Februar erscheinendes Album holte er sich unter anderem in Paris und auf einer Farm in Brasilien. Spannende Erfahrungen, die den Naturburschen aber nicht in seinen Grundfesten erschüttert haben. Denn schon der Titel des neuen Albums lässt erahnen: „It’s Time For A Love Revolution“ handelt wieder von Lennys favorisierten Themen: Liebe und Frieden.


Sehen Sie hier das Video zu „I’ll be waiting“, der ersten Single vom neuen Album „It’s time for a revolution“:

PRINZ: Hast du das Gefühl, dass deine Botschaft in dieser Welt überhaupt noch gehört oder verstanden wird?
Kravitz: Es gibt ja viele von uns, die Situation ist alles andere als „Lenny gegen den Rest der Welt“. Ich meine, wem macht das denn Spaß? Kriege und Umweltzerstörung. Die ganze Welt dreht sich doch nur noch um Geld, Gier, Ego, Macht. Mich macht das krank. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass ich der Einzige bin, der von einer besseren, harmonischen Welt träumt.

PRINZ: „It Is Time For A Love Revolution“ heißt dein Album. Stand der Titel von Anfang an fest?
Kravitz: Der Titel stand irgendwie fest, seitdem ich auf der Welt bin. Man kann ja sagen, was man will, aber bei meiner Botschaft war ich immer sehr beständig. Mein allererstes Album hieß „Let Love Rule“, und ich bin niemals in fast 20 Jahren von dem tiefen Glauben abgerückt, dass die Liebe alles steuern, alles zum Guten wenden kann.

PRINZ: In „Love Love Love“ singst du, dass du alles, wirklich alles, was du an Besitztümern und Erreichtem angehäuft hast, abgeben würdest, wenn du dafür endlich die Liebe deines Lebens bekämest. Ist das auch Heuchelei, oder meinst du das ernst?
Kravitz: Oje. Ich sage eher, ich bräuchte alle diese Dinge nicht. Geld und alles ist super. Aber wenn du unglücklich bist, dann bist du unglücklich. Zehn Milliarden Dollar ändern da nichts dran. Ich sage auch nicht, dass es falsch oder verwerflich ist, nette Dinge zu besitzen oder Luxus zu genießen. Bei Gott, das weiß ich zu schätzen. Aber du darfst dieses Zeug nicht zu wichtig nehmen, du darfst dich nicht über deinen Besitz definieren. Du fühlst dich nämlich nicht besser, nur weil du den neuesten Ferrari in der Garage hast oder weil du dein 20-Meter-Boot durch ein 30-Meter-Boot ersetzt. Wenn das Leben mir diese Dinge morgen alle wegnehmen würde, dann wäre das mit Sicherheit nicht mein Ende. Dann würde ich eben bescheidener leben. Ich könnte das.

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PRINZ: Angesichts deines Riesenhauses in Miami fällt mir die Vorstellung von einem bescheiden lebenden Lenny Kravitz schwer …
Kravitz: Das Haus ist verkauft. Weg. Das kann sich keiner vorstellen, ist aber so. Das Haus ist toll, ich habe es komplett selbst entworfen und eingerichtet, aber ich brauche es nicht mehr. Seit Zoe, meine Tochter, in New York zur Schauspielschule geht, ist es viel zu groß geworden, außerdem bin ich dadurch häufiger in New York. Und das Haus zu verkaufen war eine gute Übung in Verzicht. Vor allem nach all der Leidenschaft, die ich ins Designen und Einrichten gesteckt hatte. Ich wohne noch immer hauptsächlich in Miami, aber in einem kleineren Haus. Ich reise momentan recht viel. Im Frühjahr war ich zum Beispiel für längere Zeit in Paris, zuletzt habe ich vier Monate in Brasilien gewohnt

PRINZ: Was hast du in Brasilien gemacht?
Kravitz: Auf einem Bauernhof gewohnt.

PRINZ: Einem Bauernhof? Lenny Kravitz mit Latzhose und Mistgabel?
Kravitz: Das ist mehr so eine Rinderfarm. Da habe ich schon auch mitgearbeitet, kleine Kälbchen zur Welt gebracht, die Pferde eingeritten und gepflegt, solche Sachen. Die Farm zieht die Kühe groß, aber tötet sie nicht. Das ist sozusagen ein Hof für Kälber und Jungrinder. Wenn sie groß genug sind, werden sie an andere Farmen verkauft. Sehr organisch und natürlich geht es dort zu. Die Tiere bekommen keine Chemie, nur Naturfutter. Und die sind so friedlich, so wie ich mir immer wünsche zu sein. Die laufen den ganzen Tag über die Wiese, fressen, legen sich hin und sind zufrieden. Herrlich.

PRINZ: Wirst du wieder dorthin gehen?
Kravitz: Ja. Ganz bestimmt. Eines Tages tauchte ich dort auf und fand das einfach irre spannend. Am meisten Spaß hat es mir gemacht, die Kühe zu impfen. Denen eine Spritze zu geben. Total cool, wirklich. Ich habe das ja vorher nie gemacht, aber die Bauern haben mir alles sehr geduldig erklärt.

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PRINZ: Fiel es dir schwer, wieder von dem Hof wegzugehen und dich an die Arbeit zu machen?
Kravitz: Ja. Es gab manch einen Tag, an dem ich mir wünschte, einfach bleiben zu können. Aber ich habe einen Beruf. Also bin ich schweren Herzens wieder zurückgegangen in die so genannte Zivilisation.

PRINZ: Deine Single „I’ll Be Waiting“ ist ein sehr romantisches, zärtliches Lied. Wem ist dieser Song gewidmet? Einer speziellen Frau in deinem Leben?
Kravitz: Nee. Aber ich finde es richtig geil, diese Verse mal in die Öffentlichkeit zu bringen. Damit die Ladys mit eigenen Augen sehen und eigenen Ohren hören, was für ein sensibler, sanfter und süßer Kerl dieser Lenny Kravitz wirklich ist.

PRINZ: Oh. Will sich keine mehr mit dir einlassen? Haben die Frauen die wilden Aufreißergeschichten über dich gelesen und halten sich nun fern?
Kravitz: So wild, wie das dargestellt wird, war ich sowieso nie. Und mittlerweile noch viel weniger. Nein, es ist so: Ich denke, ich bin bereit.

PRINZ: Wofür?
Kravitz: Eine richtige Beziehung. Die Liebe, die hält. Ich möchte sehr gern wieder heiraten und ein richtig altmodisches, ruhiges Eheleben führen.

PRINZ: Weißt du denn schon, mit wem du dein Leben teilen möchtest?
Kravitz: Nein, und das ist der Knackpunkt.

PRINZ: Also ist „I’ll Be Waiting“ so eine Art Bewerbungslied an deine zukünftige Partnerin?
Kravitz: Am Anfang hatte ich das nicht so geplant, aber irgendwie ist es dazu geworden, ja.

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PRINZ: In dem Song geht es ja eigentlich darum, dass du die perfekte Frau sehr wohl gefunden hast …
Kravitz: … sie das aber nicht weiß. Stimmt. Blöde Situation, wenn die andere Person nicht weiß, dass sie die eine, die Richtige für mich gewesen wäre. Da kann man aber nichts machen. Sehr gut möglich, dass sie es nie wissen wird, dass sie den Mangel nicht spürt, den ich spüre. Traurig. Aber der Typ in dem Song sagt, dass er trotzdem auf sie warten wird – entweder bis er hundertprozentig weiß, dass sein Warten vergeblich ist. Oder bis das Warten sich irgendwann doch gelohnt hat. Aber vorher geht er nirgendwo anders hin.

PRINZ: Der Typ heißt Lenny Kravitz. Aber wer ist die Frau, auf die du, wenn es sein muss, dein Leben lang warten willst?
Kravitz: Ganz ehrlich – ich habe mich in diese Idee verliebt, auf eine Frau zu warten, die vielleicht nicht einmal weiß, dass du auf sie wartest. Und ganz viele Sachen, über die ich so schreibe in meinen Liedern, die passieren nachher wirklich. Also, wer weiß.

PRINZ: Jetzt spekulieren natürlich wieder alle, auf wen du da eventuell wartest.
Kravitz: Sollen sie ruhig. Ich spekuliere ja auch.

PRINZ: Deinen Ehewunsch bekräftigst du zudem im Stück „Will You Marry Me“.
Kravitz: Ja, aber das ist mehr eine lustige Nummer. Ein funkiges, hartes Stück, gar nicht so sülzig, wie man angesichts des Titels erwarten kann. Also noch mal für alle: Lenny ist bereit.

PRINZ: Also wirklich ernsthaft jetzt?
Kravitz: Natürlich, ich meine es die ganze Zeit schon ernst. Ich hätte wirklich sehr gern eine Frau in meinem Leben, die auch dort bleibt. Warum glaubst du mir das denn nicht?

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PRINZ: Tue ich doch. Nur, deine Reputation …
Kravitz: Vergiss das. Ich bin 43 Jahre alt, Vater einer tollen, inzwischen erwachsenen Tochter, ruhig geworden und will mich verlieben. Endlich mal wieder verlieben. Wirklich, es ist ganz einfach.

PRINZ: Romantik ist ein großes Thema auf der neuen Platte, Politik das andere. „Back In Vietnam“ ist offensichtlich ein Antikriegslied, oder?
Kravitz: Ja, auch wenn ich den Vietnamkrieg nie erlebt habe. Mein Vater, der vor zwei Jahren gestorben ist und dem ich den Song „Long And Sad Goodbye“ gewidmet habe, war damals dort im Krieg. Und er hat mir viel erzählt. Natürlich war es schrecklich, und natürlich ist es immer wieder schrecklich. Der Krieg ist einfach kein Konzept, dem ich zustimme. Ich bin ein Mann des Dialogs.

PRINZ: Und gehörst damit in den USA zur Minderheit.
Kravitz: Ja, so sehen die meisten das. Jetzt sind sie gelangweilt mit dem Irak und überlegen, ob sie den Iran angreifen wollen. Es ist zum Kotzen.

PRINZ: Wen wirst du im Präsidentschaftswahlkampf unterstützen?
Kravitz: Das weiß ich noch nicht. Ich werde mir die Kandidatinnen und Kandidaten und das, wofür sie stehen, noch sehr genau anschauen.

PRINZ: Wäre die Politik kein Geschäft für dich?
Kravitz: Nein. Ich bin zu ehrlich. Ich sage, was ich denke. Mit Anstand, Nächstenliebe und Herzenswärme hat man in der Politik nichts verloren.

Interview: Steffen Rüth