Raupe Immersatt: Foodsharing, Fairteiler und freie Preise

Lebensmittel miteinander teilen anstatt sie wegzuwerfen – mit diesem Konzept eröffnet 2019 das erste Foodsharing-Café Deutschlands am Hölderlinplatz in Stuttgart.

Innenraum Raupe Immersatt
Seit drei Jahren ist Raupe Immersatt am Hölderlinplatz der Treffpunkt für die verschiedensten Altersklassen

In Café „Raupe Immersatt“ könnt ihr gerettete Lebensmittel genießen oder kostenlos aus dem sogenannten „Fairteiler” mit nach Hause nehmen und so vor dem Mülleimer bewahren.

Freie Preise

Das Café finanziert sich über ein solidarisches Preissystem: An der Bar entscheidet ihr selbst, wie viel euch der Bio-Kaffee oder die Limo aus der Region wert sind. „Uns ist es wichtig, dass sich hier alle wohlfühlen, unabhängig ihrer finanziellen Mittel“ sagt Katrin, die seit 2020 bei Raupe Immersatt dabei ist. Die offenen Preise ermöglichen es allen Gästen, an dem Konzept teilzuhaben. Besucher*innen, die sich mehr leisten können, tragen dazu bei, dass andere weniger bezahlen können.

Gemeinschaftlich finanzieren die Gäste mit dem Getränkekauf die Miete, Löhne und Betriebskosten. „Das Finanzierungsmodell trägt sich, weil so viele unterschiedliche Menschen hier Gast sind und ihren wertschätzenden Beitrag leisten”, so Katrin. Und tatsächlich kommen hier die verschiedensten Menschen zusammen. Viele sind Stammkund*innen aus der Nachbarschaft, aber noch immer betreten fast jeden Tag neue Leute das Café. Die Mitarbeitenden haben nicht das Gefühl, dass jemand das Konzept ausnutzt. Im Gegenteil: Die Menschen schätzen das Vertrauen, das ihnen bei der freien Preiswahl entgegengebracht wird.

Brot und Croissants im Korb
Backwaren gehören zu den Lebensmitteln, die am häufigsten in der Tonne landen

Der Fairteiler

In der Raupe Immersatt herrscht eine familiäre Stimmung. Die zusammengewürfelten Möbel und Zimmerpflanzen erinnern an ein Wohnzimmer. An der Wand hängen Gemälde, im Regal stehen Bücher zum Lesen. Der Fairteiler ist mit Backwaren und Obst zum Mitnehmen oder zum vor Ort verzehren gefüllt.

Die Lebensmittel in den Fairteilern stammen von Kooperationsbetrieben der Initiative foodsharing.de oder werden von Privatpersonen aus der Nachbarschaft gebracht. Natürlich prüft das Team alles, bevor es im Fairteiler landet. Einige Lebensmittel – dazu gehören rohe Eier oder Fleisch – können nicht abgegeben werden, da nicht ersichtlich ist, woher sie kommen und wie sie gelagert wurden. Andere Lebensmittel – wie Bananen – werden so häufig gerettet, dass sie in einer Kooperation mit dem Rudolf-Sophien-Stift – einer sozialen Einrichtung – zu Bananenbrot weiterverarbeitet werden.

In der Foodsharing-Community kann jede*r nach einigen Schulungen und Einführungsabholungen mitmachen und gerettete Lebensmittel zu Fairteilern bringen oder an das persönliche Umfeld verteilen. Bei ihrem Engagement in der Stuttgarter Regionalgruppe haben sich auch die fünf Gründer*innen Jana, Simon, Max, Maike und Lisandro kennengelernt.

Sitzmöglichkeiten Raupe Immersatt
An den geretteten Lebensmitteln in den Fairteilern kann sich jeder kostenlos bedienen

Gemeinsam gegen Lebensmittelverschwendung

Der Gesellschaft für Konsumforschung zufolge landen knapp 75 Kilogramm Lebensmittel pro Kopf jährlich im Müll von deutschen Haushalten. Viel zu viel Essen wird weggeworfen, obwohl es eigentlich noch genießbar wäre. Das Café Raupe Immersatt ist ein Ort, an dem alle gemeinsam lernen, wie sie der Lebensmittelverschwendung entgegenwirken können.

Die 15 Mitarbeitenden des Cafés erhalten „Schimmel-Schulungen“, wie ihr Lebensmitteltechniker sie liebevoll nennt, um Bildungsarbeit leisten zu können. Welche Ebenen von Schimmel gibt es? Bei was sollte ich vorsichtig sein? Das Gelernte geben sie an die Besucher*innen weiter. „Die Menschen sollen als Multiplikator*innen agieren“, sagt Katrin dazu.

In dem Foodsharing-Café werden Tipps und Tricks im Umgang mit Lebensmitteln ausgetauscht und weitergegeben. Und auch die Mitarbeitenden können noch von ihren Gästen dazu lernen: So kam es schon vor, dass eine ältere Besucherin ihre Erfahrungen mit dem Einkochen von Essen teilte und Katrin im Gespräch mit ihr mehr darüber erfuhr, wie man Lebensmittel auf diese Art haltbar macht.

Schönes Ambiente Raupe Immersatt
Die schöne Inneneinrichtung des Foodsharing-Cafés lädt zum Verweilen ein

Veranstaltungen

Um die Besucher*innen für Nachhaltigkeit zu sensibilisieren, veranstaltet das Team von Raupe Immersatt regelmäßig Vorträge und Kurse zur Konservierung und Lagerung von Lebensmitteln. Neben Nachhaltigkeitsthemen sind auch Kunst und Kultur fester Bestandteil des bunten Veranstaltungsprogramms des Cafés. Hier wird bei Konzerten getanzt, über die verschiedensten Themen diskutiert oder gemeinsam gekocht.

Sogar während der Corona-Zeit blieb das Team kreativ: So entstand zum Beispiel die Idee der Open Air Kinoabende, damit die Gäste das Programm Pandemie-konform genießen können. Trotzdem sind die Mitarbeitenden froh, nach den Corona-Einschränkungen wieder mehr Freiraum für Events zu haben.

Für die Zukunft plant das Foodsharing-Café noch mehr selbst kuratierte Veranstaltungen mit einer größeren Vielfalt. Katrin verrät uns, dass im Herbst ein neues Format mit inspirierenden Leuten aus der Umgebung geboten werden soll. „Raupe Immersatt möchte Künstler*innen in Stuttgart eine Bühne geben.“ Ihr könnt also gespannt bleiben, was euch noch Tolles in dem Foodsharing Café erwartet.

Theke des Cafés Raume Immersatt
Bei dem Getränkesortiment legt das Café viel Wert auf ökologische, regionale und faire Standards

Weitere Infos findet ihr auf der Webseite Raupe Immersatt – Das foodsharing-Café in Stuttgart

Schreibe einen Kommentar