Philipp Poisel im Interview: Warum er jetzt studiert und was er von Herbert Grönemeyer gelernt hat

Er zählt zu den deutschen Ausnahmekünstlern – jetzt geht Philipp Poisel nach über fünf Jahren endlich wieder auf Tour! Hier liest du, was es noch Neues gibt …

Philipp Poisel auf der Bühne mit Gitarre

Auch schon einmal zu einem Song von Philipp Poisel in Tränen ausgebrochen? Willkommen im Club. Der Singer-Songwriter aus Ludwigsburg wird nicht umsonst der Meister der deutschen Balladen genannt. Es gibt sicherlich nur wenige, die so viele Emotionen im Publikum wecken können, wie er. Ab Juli kommt Philipp auf seiner großen Sommer-Open-Air-Tour mit dem aktuellen Album „Neon“ in 15 Städten vorbei. Wir haben ihn zum Interview getroffen und Spannendes erfahren!

Philipp, du gehst seit 2017 zum ersten Mal wieder auf Tour! Warum hast du so lange gewartet?

Ich habe parallel angefangen Architektur zu studieren – damit war ich sehr ausgelastet. Aber natürlich gab es noch andere Gründe, Nachfrage und Umsetzbarkeit während der Pandemie zum Beispiel. Wir haben zwar ein Strandkorb-Konzert gemacht, aber jetzt bin ich doch froh, dass es zurück zur Normalität geht. Man weiß ja schon gar nicht mehr, wie es ist, wenn Sommer ist und man sich keine Sorgen machen muss. Ich freue mich sehr auf die Open-Air-Tour! Nach Corona weiß ich, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, ein solches Konzert geben zu können.

Ein Architektur-Studium? Wie spannend! Hast du es begonnen, um die Auszeit durch Corona zu überbrücken?

Ich habe mich schon davor an der Uni eingeschrieben gehabt, aber wäre ohne Corona sicherlich noch nicht so weit. Ich habe das Mehr an Zeit dafür genutzt, meine Prüfungen zu machen. An der Uni ging das Leben die ganze Zeit weiter. Nach der Sommer-Tour kommt das letzte Semester, dann habe ich es geschafft.

Warum hast du dich für das Architektur-Studium entschieden?

Ich arbeite ja schon eine Weile im Musik-Business und musste feststellen, dass die Prozesse immer recht ähnlich sind. Man geht auf Tour, dann wieder ins Studio und so weiter. Zudem arbeite ich auch immer mit denselben Leuten zusammen. Da habe ich einfach mal neuen Input gebraucht. Und ich wollte den Druck, mit meiner Musik immer erfolgreich sein zu müssen, etwas rausnehmen. Architektur ist für mich auch ein bisschen die Weiterführung meiner Grafikdesign-Ausbildung, die ich direkt nach der Realschule gemacht habe. Ich zeichne schon immer gern und das kann ich als Architekt auch tun. Oder Modelle bauen. Gerade der künstlerische Bereich macht mir Spaß. Da ist im Studium von Bildhauerei bis Computertechnologie alles dabei. Das reizt mich.

Da konntest du sicher viele neue Eindrücke sammeln – nutzt du die auch für dein musikalisches Schaffen?

Ja, klar! Ich habe im Studium gelernt, dass diese Idee, dass man alles trennt, nur eine Idee ist. Gerade früher in der Antike gab es Universal-Gelehrte. Da kannte sich der Architekt nicht nur mit Architektur aus, sondern auch mit vielen anderen Feldern. Ich finde, dass man die Übergänge fließend gestalten kann. Manchmal beschäftige ich mich mit einem Gebäude und das inspiriert meine Musik. Und umgekehrt. Das ist für mich gar kein Widerspruch.

Wirst du künftig beide Karrieren verfolgen?

Mal schauen! Es dauert ja ein paar Jahre, um als Architekt Fuß fassen zu können und etwas zu erschaffen, was nicht einstürzt (lacht). Aber einen Job an der Uni könnte ich mir zum Beispiel auch gut vorstellen.

Du hast lange auf deine Musikkarriere hingearbeitet und es war auch nicht immer leicht … Was hat dir bisher die Energie gegeben, weiterzumachen?

Ich habe immer Leute gefunden, die mich an die Hand genommen und gesagt haben: Probiere das doch mal aus. Leute, die mich ermutigt haben. Heute geben mir Leute Kraft, die auf mich zukommen und sagen: Deine Musik ist mir wichtig. Das ist für mich der Grund dranzubleiben. Dieses Feedback. Ohne das alles würde ich zu Hause sitzen und Musik machen, aber keine CDs aufnehmen oder Konzerte geben.

Philipp-Poisel-Interview-Buehne

Die große Bühne bräuchtest du persönlich also gar nicht?

Das könnte man so sagen. Aber ich ziehe auch viel daraus, mit meiner Band unterwegs zu sein. Mit meiner Band auf der Bühne fühle ich mich auch sicher und geschützt.

Hast du eigentlich schon immer davon geträumt, Musiker zu werden?

Zeit zu haben, ein Instrument zu lernen und zu singen ist heutzutage Luxus. Bei mir war es auf jeden Fall schon immer so, dass ich keine Lust auf Schule hatte. Ich bin nach Hause gekommen und habe direkt Gitarre gespielt. Es ist ein absolutes Privileg, dass ich heute einen Großteil meines Tages damit verbringen kann. Aber manchmal passiert es, dass der Druck zu groß wird. Dann ist die Gitarre nicht mehr mit Spaß verbunden. Das Studium hat mir da geholfen.

Inwiefern?

Ich bin niemand, der die ganze Zeit abliefert. Durch das Studium habe ich neben der Musik eine andere Aufgabe. Dadurch erhalte ich mir die Musik für mich. Diesen Ort, an dem man ganz man selber sein kann. Sich nicht rechtfertigen muss. Sich nicht erklären muss. Ich habe festgestellt, dass es sehr wichtig ist, sich den zu erhalten.

Herberg Grönemeyer gehört ja zu deinen größten Förderern. Konnte er dir in dieser Situation helfen?

Ja. Es hat einfach gutgetan, jemanden zu haben, der einen unterstützt. Er hatte da auch die nötige Erfahrung und wusste, wann man Druck rausnehmen muss. Oder, dass die Welt nicht untergeht, wenn man sich etwas mehr Zeit nimmt. Er hat mir oft gesagt, dass ich mir nicht so viele Gedanken machen soll und war ein guter Ratgeber.

Dein aktuelles Album „Neon“, dessen Titel auf der Tour zu hören sind, wird als Reise in die Kindheit beschrieben. Würdest du sagen, dass du dir ein Stück Kindheit bewahrt hast?

Mit Sicherheit. Das ist so eine Welt, in die ich mich zurückziehen kann und in der ich geschützt bin. In der Musik finde ich das bis heute.

Was inspiriert dich eigentlich beim Songwriting am meisten?

Eine schwierige Frage! Wenn ich das so gut wüsste, könnte ich andere unterrichten. Es ist aber tatsächlich so, dass ich immer auf der Suche bin. Ich schaue, wie andere Leute mit Krisen umgegangen sind. Oder wie sie Dinge erreicht haben. Ich finde Inspiration in anderen Lebenswegen.

Gibt es eine Kollegin oder einen Kollegen, mit dem du gern mal einen Song aufnehmen würdest?

Es gibt eine Sängerin – Lea – deren Lieder finde ich sehr schön. Aber eigentlich bin ich sehr glücklich und zufrieden mit meiner Band. Wir sind von Anfang an zusammen unterwegs und vertrauen uns komplett.

Wir freuen uns auf jeden Fall auf die Tour und drücken die Daumen für jede Menge warme Sommerabende. Gibt es in diesem Jahr sonst noch etwas aus deiner Richtung, auf das wir uns freuen dürfen?

Im September kommt eine Orchester-Version des „Neon“-Albums raus. Wir haben alle Songs mit Bläser-Sektion und Streichern und allem Drum und Dran aufgenommen. Live mit Publikum. Da bekommen viele Lieder schon ein anderes Gesicht. Im kommenden Jahr gehen wir damit dann auf Tour.

Das klingt spannend! Vielen Dank, Philipp, und viel Erfolg mit Musik und Studium!

Weitere Infos und Tourdaten: https://www.philipp-poisel.de/

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