Die Berliner über ihr neues Album

Ja, immer wieder neu. Das ist mir total wichtig“, gibt Sänger Arnim Teutoburg-Weiß die Richtung für das neue Beatsteaks-Album Boombox (bei Warner Music erschienen) vor. Vier Jahre nach ihrem letzten Studiowerk Limbo Messiah kehren die sympathischen Berliner, deren erste Demo bereits 1995 aufgenommen wurde, in bester Form und Frische zurück. Einiges hat sich geändert : Die Stilvielfalt hat nochmals zugenommen und erstmals übernahm mit Nick Launay eine internationale Größe das Abmischen, die zuvor schon mit Kate Bush, Arcade Fire, Nick Cave oder den von Arnim verehrten Talking Heads zusammengearbeitet hatte.
Gleichzeitig ist das Quintett mitreißend wie eh und je, kehrt gewissermaßen auch zu seinen Wurzeln zurück: Boombox wurde zwar wieder mit Moses Schneider aufgenommen, dieses Mal aber – wie es eine Nachwuchsband noch täte – im eigenen Proberaum.

urbanite:

Wolltet ihr mit diesem Album ein Stück weit neuerfinden?

Arnim :

Ich sage immer, die Band sei hier in zwei Lager geteilt: Es gibt die Traditionalisten einerseits und ich bin dann andererseits ganz weit weg von der letzten Platte. Das muss sich immer erst finden. Uns allen ist wichtig, dass sich keine Platte der anderen gleicht, obwohl es noch immer wir sind. Natürlich sing‘ ick und die anderen spielen Gitarre. Und ich glaube, wir haben einen Sound, den man erkennt.Es war total toll als wir gemerkt hatten, dass die Demos ein total anderes Tempo hatten als etwa Limbo Messiah. Da wussten wir, dass die Platte geil und anders werden würde.

urbanite:

Von da an wusstet ihr also, auf dem richtigen Weg zu sein?

Arnim :

Total. Das ist auch so, wenn wir eine neue Single rausbringen und die Leute erstmal meinen: „Damit kann ich nichts anfangen.“ Das halte ich für einen sehr guten Spruch.

Als Paten im Gaste fungiert da die legendäre britische Punkband The Clash, deren verstorbenem Sänger Joe Strummer man einst „Hello Joe“ widmete. „Ich glaube, dass sich unsere Liebe zu The Clash dadurch erklären lässt, dass sie im musikalischen Bereich alles ausprobiert haben, was im Bereich einer Rockband stattfinden kann,“ so Arnim heute. „Wir versuchen das auch oft, sind dabei allerdings bei weitem nicht so gut.“ Und auch The Smiths, Talking Heads und The Sex Pistols beeinflussten den Schreibprozess, wenngleich das Radio oft Arnims größte Inspiration war: „Ich fahre soviel Auto und entdecke im Radio dabei so oft Musik, die mir gefällt. Und überhaupt war das Radio für die Beatsteaks immer wichtiger als das Fernsehen. Wir wollten immer eher, dass ein Song viel im Radio läuft, anstatt damit unbedingt bei Stefan Raab zu spielen. Im Netz bin ich hingegen nicht unterwegs, habe keine Ahnung, was da abgeht.“

Nicht verklausuliert, sondern eindringlich und direkt sind nun die persönlichen Heilsbotschaften auf Boombox. Hier unterscheidet sich aber gerade der Musiker von Menschen: „Persönlich fällt mir das in der Musik oft leichter und im wahren Leben schwerer“, erklärt Arnim, für den Musik „ein tolles Ventil“ ist.

urbanite:

In einer der ersten Kritiken zu Boombox wurdet ihr bereits als „Konsensband“ tituliert. Sind die Beatsteaks eine Band, auf die sich mittlerweile jeder problemlos einigen kann?

Arnim :

Ich kann mit einer „Konsensband“ nichts anfangen. Es ist mir egal, ob man uns so nennt oder nicht. Sowieso ist es mir total Latte, was andere über uns denken. Also es ist mir nicht egal, wie mein Vater über uns denkt, aber was die Presse schreibt schon. Wir zwingen niemanden dazu, uns zu mögen oder unsere Platten zu kaufen.
Ich finde es sogar wichtig, dass man polarisiert und deshalb nehme ich das große Lob wie auch die Scheißeschmeißer überhaupt nicht ernst; das geht bei mir rein und wieder raus. Kritik nehme ich nur von meinen Bandkollegen und meinem engsten Kreis ernst. Und wenn eine Platte fertig ist, lachen wir uns im Anschluss (über die medialen Deutungen) auch ziemlich kaputt.
Andererseits ist das unterschiedliche Empfinden ist auch das tolle an Musik. Ich könnte mir auch ehrlich gesagt nicht vorstellen, Sachen zu erklären. Das ist blöd.


Fotos: Hadley Hudson

urbanite:

Hängt der gestiegene Erfolg nicht aber auch gerade von deiner Person ab?

Arnim :

Nö, ich bin einer von fünf. Ich sehe mich nicht als großen Liveentertainer.

urbanite:

Dennoch hatten deine Bandkollegen sicherlich schon vor Jahren bei Limbo Messiah nicht unrecht, wenn sie meinten, du hättest dich unglaublich als Frontmann weiterentwickelt.

Arnim :

Ja, ich glaube, ich bin besser geworden. Wir wollen uns ja entwickeln und von Platte zu Platte, von Konzert zu Konzert verbessern. Aber da geht es um alle und wir sind auch alle sehr ehrgeizig.

urbanite:

Wie waren bei unterschiedlichen Reaktionen. Wie verhält es sich mit denen der Fans?

Arnim :

Ich lese etwa das Gästebuch nicht. Ich habe das einmal gemacht und war danach ganz verwirrt. Das würde mir zu nahe gehen und mich beschäftigten. Das ist eine Plattform, auf der ich mich nicht zuhause fühle. Ich muss das alles nicht wissen. Ich bin glücklich mit der Musik, die wir machen.

So lässt man sich auch vom anhaltenden Erfolg nicht blenden: „Es gibt keinen Masterplan, um geerdet zu bleiben. Wir müssen Musik machen, weil wir sie eben machen müssen.“ Ein Promobild zeigt Arnim und seine Kollegen Peter Baumann, Bernd Kurtzke, Thomas Götz und Torsten Scholz erwartungsfreudig mit gepackten Koffern. Auf die kommende Tour darf man erneut gespannt sein. „Aber eigentlich ist ja das Publikum das Überwältigende bei den Gigs. Wir sind einfach fünf normale Typen, die ihre Mucke spielen“, heißt es bescheiden. Und wären man so erneut auf dem Weg ist, die Berliner Wuhlheide mit je 17.000 Gästen an zwei Tagen in Folge auszuverkaufen, sind noch auch Restkarten für das Konzert am 25. März in Leipzig erhältlich.

Beatsteaks „Milk and Honey“ (Video)

Weiterführende Links

www.beatsteaks.com

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