Vorgestellt: Miteinander e.V.

Torsten Lamprecht gehört zu den bekanntesten Opfern rechter Gewalt in Magdeburg. Der 23-jährige Punk wurde vor 20 Jahren bei einem Überfall von etwa 60 Neonazis auf ein Lokal so schwer verletzt, dass er zwei Tage später starb. Jährlich wird an diesen Vorfall erinnert, im Mai gab es im Jugendclub „Knast“ im Gedenken an ihn ein Benefizkonzert und das Bündnis gegen Rechts Magdeburg rief zu einer Gedenkveranstaltung auf.
Bis heute ist Rechtsradikalismus ein hochbrisantes Thema geblieben. Immer wieder kommt es zu Übergriffen auf Ausländer und politisch Andersdenkende. Für Aufsehen erregt aktuell der sechste Angriff innerhalb eines Jahres auf das Wahlkreisbüro der Partei Die Linken.
„Magdeburg gehört zu den Hochburgen rechter Gewalt und nimmt in Sachsen-Anhalt immer wieder einen der Spitzenplätze ein“ , sagt Pascal Begrich. Der 37-jährige Historiker ist Geschäftsführer des Vereins Miteinander – Netzwerk für Demokratie und Weltoffenheit in Sachen-Anhalt e.V.
Im letzten Jahr wurden in Magdeburg 28 politisch rechts motivierte Straftaten registriert, vor allem Körperverletzung und Nötigung.
„In Magdeburg gibt es keine festen Strukturen. Die NPD spielt seit der letzten Landtagswahl keine große Rolle mehr“, erklärt Begrich, „viele Jugendliche orientieren sich aber an einer rechtsextremen Subkultur, etwa bei Kleidung und Musik“. Schwerpunkt rechtsextremer Aktivitäten sei derzeit der Stadtteil Reform. Präsenz zeige die rechte Szene mit öffentlichen Aktionen, Info-Ständen und dem Verteilen von Flugblättern oder CDs auf Schulhöfen.
Der Verein Miteinander wurde 1999 gegründet, Anlass war damals der Einzug der DVU mit 12,9 % in den Landtag. Dies war bisher das beste Ergebnis einer rechten Partei in Deutschland.
Neben Magdeburg gibt es Büros in Salzwedel und Halle.
Der Verein Miteinander analysiert rechtsradikale Aktivitäten in Sachsen-Anhalt und berät unter anderem Schulen, Sozialarbeiter, Polizei, Politik und informiert die Öffentlichkeit. Der Verein bietet Fachbücher und Broschüren zum Thema an, die überwiegend kostenfrei erhältlich sind. Durch Bildungs- und Aufklärungsarbeit will der Verein die Demokratie stärken und stellt sich gegen alle Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, die zu Diskriminierung, Ausgrenzung und Gewalt führen.
Der Verein ist Träger verschiedener Projekte. Darunter die Mobile Opferberatung. Betroffene von rechter Gewalt und deren Angehörige und Freunde werden in ihrer Situation beraten und unterstützt, zum Beispiel durch Begleitung der Betroffenen zu Polizei und Staatsanwaltschaften, Behörden, Ärzten und zum Gericht sowie bei der Suche nach Therapeuten oder Anwälten. Außerdem werden sie dabei unterstützt, die Tat aus ihrer Perspektive in den Medien öffentlich zu machen, denn nicht selten wechselt das öffentliche Interesse schnell von den Opfern zu den Tätern.


Foto: Dmitrijs Filimonovs

Pascal Begrich, Geschäftsführer miteinander e.v.

Der Verein wurde schon mehrfach für seine Arbeit ausgezeichnet und genießt ein hohes Ansehen. 2003 erhielt er de Julius-Rumpf-Preis. Die Martin-Niemöller Stiftung zeichnet damit jährlich Einzelpersonen und Gruppen aus, die „in sinnvollen Projekten Strukturen der Toleranz und der gewaltfreien Konfliktlösung, der Mitmenschlichkeit und der Versöhnung“ aufbauen. Darüber hinaus wurden Einzelprojekte mit dem „Einheitspreis“ (2007) der Bundeszentrale für politische Bildung ausgezeichnet. Dreimal erhielt Miteinander den Preis des „Bündnis für Demokratie und Toleranz“, eine Initiative der Bundesministerien des Innern und der Justiz .


Foto: Tim Lehmann

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