Teil 1: Er wills nochmal wissen

Interview mit OB Dr. Lutz Trümper (SPD)

Rechtsradikale Übergriffe, Abwanderung und knappe Kassen: Der Job des Magdeburger Oberbürgermeisters ist nichts für zarte Gemüter. Nicht weniger als fünf Magdeburger und natürlich der Amtsinhaber bewerben sich um das höchste Amt der Landeshauptstadt. Von jeder Laterne blicken sie auf Wahlplakaten auf die Magdeburger herab, werben um unsere Stimmen. Doch ihre Ziele bleiben fast immer im Dunkeln. Damit der 9. März nicht zur Lotterie wird, gibt urbanite einen Überblick, wie sich die Kandidaten den Problemen der Stadt stellen wollen. Denn – das bewies eine urbanite-Umfrage – ist jeder zweite Bürger noch unschlüssig, welchem Kandidaten er seine Stimme geben soll.
In den verbleibenen Wochen bis zur Wahl, wird euch urbanite die 6 Kandidaten vorstellen.

Lutz Trümper (52), SPD

Seit 1994 im Stadtrat, lenkt und leitet seit 2001 der einstige Diplomlehrer für Biologie und Chemie als Oberbürgermeister die Geschicke unserer Stadt. Nicht immer ohne sich auch manchen Unmut der Bürger zuzuziehen. Ein neues Stadion für den FCM, welches ihm als ehemaligem Präsidenten des Vereins sicher eine Herzensangelegenheit war, sorgte ebenso für hitzige Diskussionen, wie die Kürzungen in städtischen Einrichtungen. „Gute Kultur ist auch ohne Subventionen zu haben“ sagte er z.B in einem urbanite-Interview im April 2007.
Im urbanite-Interview stellte er sich unseren Fragen.

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Immer gewalttätigere Übergriffe von rechts, dazu der Narvik-Eklat: Magdeburgs Image ist angekratzt. Wie werden Sie dem Problem und aber auch den Ursachen in der Praxis begegnen?

Dr. Lutz Trümper:

Leider ist es so, dass in Magdeburg jede rechtsgerichtete oder gar rechtsradikale Aktivität mit besonderem Interesse auch von überregionalen Medien aufgegriffen wird. Dass hier ein Imageproblem besteht, ist unbestritten. Wir haben jahrelang mit sehr sehr viel Kleinarbeit und Aktivitäten der freien Theater- gruppen, des Bündnisses gegen Rechts, der Stadtverwaltung und vieler weiterer Akteure bis hin zum Land Sachsen-Anhalt mit positiven Beispielen dagegen gehalten, aber eine negative Nachricht macht mindestens zehn positive wieder zunichte.
Das Problem ist sehr vielschichtig und kann nicht mit einer jetzt urplötzlich erfundenen neuen Maßnahme beseitigt werden. Natürlich werden wir weiterhin daran arbeiten müssen, dass schon im Kindergarten, und in der Schule auf die Problematik hingewiesen wird, bei der Erziehung der jungen Menschen Obacht gegeben und aufgeklärt wird über die Ursachen und die Folgen der rechten Tendenzen in unserer Gesellschaft.
Das wird ein immanenter Prozess sein, der nicht kurzfristig sein darf und viele Akteure werden sich daran beteiligen müssen. Dazu gehört die politische Klasse einer Stadt ebenso wie jeder Einzelne.
In diesem Jahr haben wir durch die Förderung der Bundesrepublik die Chance, in einem Aktionsprogramm, das gerade durch Fachgremien bewertet worden ist und wo Anträge entsprechender Vereine auch bewilligt werden, neu zu starten und mit einer ganzen Breite und vielen Aktivitäten dieser Partner auf die Problematik aufmerksam zu machen. Auch im Stadtrat ist dafür nochmals zusätzlich Geld zur Verfügung gestellt worden.
Aber ich bin der festen Überzeugung, das Entscheidende ist, sich über die Ursachen Gedanken zu machen und auch hier kann man nicht davon sprechen, dass zum Beispiel die Arbeitslosigkeit und die Familienverhältnisse die alleinigen Ursachen für rechte Tendenzen sind.
Leider müssen wir gerade bei den jungen Menschen im Alter von 16 bis 25 Jahren einige der rechten Szene zuordnen, die sowohl in der Ausbildung sind als auch einen Arbeitsplatz haben.
Ich glaube, zur Problematik insgesamt bedarf es einer weiteren wissenschaftlichen Begleitung, um mit den Ursachen umgehen zu können. Das wird mit Sicherheit keine alleinige Aufgabe der Kommune sein, aber da, wo wir tätig werden können, werden wir das mit anderen Partnern gemeinsam tun.

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Der Altersdurchschnitt der Stadtbevölkerung bewegt sich zusehends nach oben. Muss man sich neuen Herausforderungen stellen und die Stadt für ältere Bürger öffnen oder liegt der Fokus eher auf der Bindung der Jugend an die Stadt?

Dr. Lutz Trümper:

Dass der Altersdurchschnitt der Menschen steigt, ist zunächst einmal eine positive Entwicklung, weil jeder Mensch gern lange leben und vor allen Dingen seinen Lebensabend in Gesundheit genießen möchte.
Die gesellschaftlichen Entwicklungen bei uns, unter anderem auch die hervor-ragende medizinische Betreuung, erbringen das Ergebnis, dass die Menschen heute älter werden als es vor vielen Jahren noch der Fall war. Diesen Herausforderungen muss man sich stellen, ohne explizit die Stadt für ältere Menschen zu öffnen. Ich glaube, das kann nicht der Fokus sein, um den man sich bemühen muss, es geht vielmehr darum, auch eine Stadt zu präsentieren, die für junge Menschen attraktiv ist. Wir sind in den nächsten Jahren entscheidend darauf angewiesen, dass junge kreative Menschen in unsere Stadt kommen, hierbleiben, sich hier niederlassen, dass sie Arbeitsplätze schaffen, neue Betriebe gründen und mit ihren Fähigkeiten die Stadt weiter aufbauen. Darum liegt der Fokus eindeutig darauf, unsere Stadt mit allem, was wir als Kommune dazu beitragen können, für junge Menschen attraktiv zu machen. Dazu gehören Bildung, Forschungsland- schaft, Freizeitgestaltung, die Möglichkeit Kinderbetreuung in ausreichendem Maße zu organisieren und vieles mehr.
Letztlich profitieren auch die älteren Generationen davon, wenn eine Stadt für junge Leute attraktiv ist, weil die jungen Leute die Ideen und Impulse bringen, die für die Weiterentwicklung einer Stadt unabdingbar sind.

 
Foto: Dr. Lutz Trümper (52), SPD

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Sportstadt Magdeburg: Die Frauenfußball WM im neuen Stadion, die SCM Athleten in Peking, doch wohin geht es dann mit dem Sportstandort Magdeburg?

Dr. Lutz Trümper:

Ich glaube, dass die Sportstadt Magdeburg in den letzten 15 Jahren eine sehr gute Entwicklung genommen hat, obwohl es aktuell auch einige Probleme gibt, die man nicht beiseite legen darf. Ich meine hierbei insbesondere die Krise beim SC Magdeburg. Aber aus jeder Krise entsteht ein Neuanfang und man kann mit diesen Problemen fertig werden und eine Perspektive mit allen Partnern gestalten. Das wird auch geschehen.
Ich bin der festen Überzeugung, dass die Basis, die Hardware sozusagen, was Sportstätten der Stadt Magdeburg betrifft, inzwischen ein herausragendes Phänomen darstellt und wir uns in der Landeshauptstadt in keiner Weise verstecken müssen.
Nun geht es darum, im Jugendbereich, wo auch der Nachwuchs weniger wird, dafür zu sorgen, dass wir breiter werden und die Talente aus der Region Magdeburg zu uns holen. Darüber hinaus müssen wir den Spitzensport auch immer als Beispiel für Breitensport etablieren. Ich glaube, dass wir in der Stadt Magdeburg, was den Sport betrifft, eine gute Basis gelegt haben und damit auch eine hervor- ragende Zukunft haben werden.

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Leidtragende Nummer eins der gesamten Spardebatte waren die Kultur- einrichtungen. Spart sich Magdeburg in ein kulturloses Tal, wo nur noch finanzkräftige Veranstalter eine Chance haben?

Dr. Lutz Trümper:

Hier muss ich Ihrer Aussage vehement widersprechen. Gerade im letzten Jahr habe ich sehr viel Wert darauf gelegt, dass Kultureinrichtungen auf der Streichliste, d. h. der Liste, wo Ausgaben reduziert worden sind, überhaupt nicht auftauchen. In keiner Weise sind Theater oder andere Kultureinrichtungen im letzten Jahr von Sparmaßnahmen betroffen gewesen, so dass Ihre Aussage vollkommen die Tatsachen auf den Kopf stellt.
Natürlich ist es immer der Ruf der Kulturschaffenden, dass man noch mehr Geld benötigt Ich bin sicher, der Anteil, den wir für Kultur in Magdeburg im Stadthaushalt veranschlagt haben, ist im Vergleich mit vielen anderen Städten überproportional hoch. Ich glaube, dass wir hier ausreichende Mittel und auch eine hohe Qualität haben. Sparmaßnahmen in diesem Bereich sind in der letzten Etappe überhaupt nicht vollzogen worden und auch die Absicht dazu besteht bei mir in keiner Weise.

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2007 war das Jahr des großen Sparens. Magdeburg kürzte sich gesund. Was bleibt davon 2008? Wo muss nun wieder investiert werden?

Dr. Lutz Trümper:

Trotz des Sparens wurde auch 2007 kräftig investiert. Wir haben insgesamt ein Volumen von 60 Mio € an Investitionsmitteln umgesetzt. Das kann sich sehen lassen. Das Sparen betrifft übrigens im Wesentlichen die Bereiche, die nicht den investiven Haushalt betreffen.
2008 wird weiter investiert, natürlich nicht mehr auf dem Niveau, wie das vor sieben, acht oder neun Jahren der Fall war. Ich glaube auch, die Notwendigkeit in Straßen, in Kultureinrichtungen, in Sporteinrichtungen zu investieren, ist in dieser Dimension im Moment nicht vorhanden.
Wir müssen uns konzentrieren auf Schulen, Kindergärten und auf wichtige Straßenbauprojekte, die die Gesamtgestaltung der Stadt Magdeburg entscheidend voranbringen werden. Aber das Ziel muss auch sein, dass man investiert, ohne weiter im großen Stile die nachwachsenden Generationen zu belasten. Von daher müssen wir eine vernünftige Balance finden zwischen sinnvoller Geldausgabe einerseits und andererseits möglicherweise in einigen Bereichen Kürzungen vornehmen, da, wo man es als Oberbürgermeister auch vertreten kann.

Weiterführende Links

www.truemper2008.de

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