„Die klassischen Thekensitzer sind weniger geworden, das ist klar“, sagt Frieder Wingenfeld von der Kneipe Mos Eisley. Das wiederum ist lediglich eine Randnotiz im Wirbel um das Gesetz zum Schutz der Nichtraucher und dem damit verbundenen Rauchverbot in der Gastronomie. Der Kern der Problematik liegt für Wingenfeld weder im Pro, noch im Contra des Themas, sondern im Gesetz selbst. „Das Gesetz und die Debatte in den Medien hat bislang nicht mehr gebracht, als die Menschen zu polarisieren, die sich vorher ansonsten nichts Böses gewünscht haben“, erzählt der Mos Eisely- Wirt. „Ich bin für Nichtraucherschutz. Es geht doch auch nicht darum, ob man selbst raucht oder nicht, sondern um eine vernünftige Lösung.“ Doch gerade die Vernuft scheint nicht die Stärke derer zu sein, die ein Gesetz verabschieden, das Rauchen in Diskotheken verbietet, in Kneipen und Restaurants einschränkt, aber im Bierzelt erlaubt und die Gastronomen circa eine Woche Zeit für Vorbereitungen einräumen, bevor es in Kraft tritt. Löchriger als der größte Käse, sozusagen. Als es darum ging, Reklame für das Gesetz zu machen, nutzten Kommunalpolitiker dies gerne für die Eigenwerbung als verantwortungsbewusste Gutmenschen. Bei der konkreten Umsetzung allerdings scheinen Gastronomen und ihr jeweils zuständiges Ordungsamt sich selbst überlassen zu sein.Was unterm Strich übrig bleibt, ärgert Wingenfeld: „Am Ende ist der Wirt der Depp. Spätestens dann, wenn sich die Anwohner damit auseinandersetzen müssen, dass ständig Leute vor der Kneipe stehen und rauchen.“

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So sieht das auch Daniel Ohl, Pressesprecher des Deutschen Hotel- und Gaststätten Verbandes (DEHOGA). „Das Gesetz hat bislang militante Raucher und Nichtraucher gezüchtet, die aufeinander losgehen und sich am Ende höchstens darauf einigen, dass der Wirt ein Depp ist.“ Bei der DEHOGA arbeitet man mittlerweile an einer sinnvollen Umsetzung des nachlässig formulierten Gesetzes. „Wir wollen keinesfalls das Rad zurückdrehen“, sagt Pressesprecher Daniel Ohl, „wir sind für eine vernünftige und flexible Lösung.“ Der Ansatz der DEHOGA kommt allerdings aus einer anderen Ecke: „Eine Verfassungsbeschwerde gegen das Nichtrauchergesetz hat durchaus Erfolgsaussichten“, erklärt Ohl, da sich viele Wirte in ihrer Berufsausübung eingeschränkt sehen. So unterstützt der Verband Mitglieder, die in diese Richtung aktiv werden wollen. Gerade unter Discos und Eckkneipen sieht Ohl die leidtragenden des Rauchverbots. Die fühlen sich laut Ohl wahlweise in den Ruin oder die Illegalität getrieben. Manche Wirte lassen munter weiterrauchen, weil sie um ihre Stammkundschaft fürchten. Das wiederum sieht kein Gastronom gerne, der sich seinerseits darum bemüht, Gesetze einzuhalten. Die Folge: Es wird gepetzt wie zu besten Kindergartenzeiten. Um Klarheit in den Irrgarten aus Einschränkungen, Klauseln und Tatsachen zu bringen, wirft die DEHOGA nun einen hauseigenen Remix des Gesetzes in die Runde: „Wir wollen die ‘spanische Lösung'“, erklärt Ohl. Das heißt: Wer keinen Raucherraum schaffen kann, weil lediglich ein Gastraum zur Verfügung steht, der soll frei wählen, ob er seinen Betrieb als Raucher- oder Nichtraucherbetrieb führen will. Zudem strebt die DEHOGA an, durchzusetzen, dass auch Diskotheken gestattet werden soll, einen Raucherraum bereitzustellen. Inwieweit dieser Vorstoß angenommen wird, steht freilich in den Sternen. Dass die Gesetzgebung dennoch positive Seiten hat, ist unbestritten.“Die Luft ist eindeutig besser geworden“, erzählt Stereo Chef Oskar Aysel. Auch an den Umsätzen hat sich bei ihm nichts geändert, lediglich bei der Atmosphäre müssen Abstriche hingenommen werden: „Naja, die Leute rennen jetzt öfter rein und raus.“ Eigentlich Zeit genug, Eigeninteressen, Befindlichkeiten und die Polemik zurückzuschrauben und den eigentlichen Kern anzugehen: Das gesetzliche Rauchverbot so zu organisieren, dass es Sinn macht, für alle Beteiligten.
Michael Setzer

Lesen Sie auf der nächsten Seite das Interview mit Siegfried Schäuble, Inhaber „Tabacum“.

SIEGFRIED SCHÄUBLE, INHABER „TABACUM“
Siegfried Schäuble betreibt im Stuttgarter Westen das Geschäft Tabacum. Zigarren, Whiskey,Wein – nur das Beste. Er unterscheidet zwischen Sucht und Genuss und macht sich Sorgen um die Rauchkultur. Momentan arbeitet er auch an seiner Website, die (zigarren-) raucherfreundliche Lokale in ganz Deutschland vereinen soll.

PRINZ: Wie gehen Sie denn mit der aktuellen Lage für Raucher um, Herr Schäuble?
Schäuble: Im Moment versuche ich, für unsere Kunden Lokalitäten ausfindig zu machen, in denen sie noch ihre Zigarren oder Pfeife rauchen können. Das beschäftigt mich sehr und ich bin dankbar für jeden Tipp. Meine Kunden natürlich auch.
PRINZ: Muss man zwischen Zigarren- und Zigarettenraucher unterscheiden?
Schäuble: Schon. Das über einen Kamm zu scheren ist recht unglücklich. Zigaretten sind sicherlich auch Genuss, aber in der Regel führt das schnell zur Abhängigkeit. Bei Zigarren und Pfeife ist das normalerweise nicht so – das ist Genussrauchen, Teil einer Genusskultur. Ich denke, solche Leute gehören eigentlich nicht in diese Schublade gepackt.
PRINZ: Können Sie da dagegen steuern?
Schäuble: Da gibt es natürlich noch die elitären Nichtraucher.Hier appellieren wir natürlich an deren Toleranz, im Gegenzug üben wir uns mit Rücksichtnahme. Wir unterscheiden schon immer, zwischen Genuss- und abhängigem Rauchen. In der Regel ist das bei den meisten Leuten auch so angekommen.


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Diese Restaurants, Bars und Cafés haben sich bereits für extra Raucherlounges entschieden.

RESTAURANTS

DA CAPO
Dass man hier wunderbar italienisch isst, weiß ein jeder, neu ist aber der gemütliche und sehr schön gestaltete, vom Restaurant durch eine Glastüre abgetrennte Bar-Lounge-Rauch- Bereich.

BREITENBACH
Das Tafeln ist bei Benjamin und Sun-Young Breitenbach ein Erlebnis – nicht nur der Sternenküche wegen, sondern auch das Ambiente ist einmalig. Jetzt mit Raucherlounge.

KRÄMER’S BÜRGERSTUBEN
Abgetrenntes Nebenzimmer ohne Durchgangsverkehr, aber mit super gehobener schwäbischinternationaler Küche.

GASTHAUS ZUR LINDE
Auch in Andreas Goldbachs Gourmet-Restaurant gibt’s einen abgetrennten Raucherbereich.

PAULANER
Im ersten Stock wird bei bester Lüftung entspannt geraucht – abgetrennt durch Türen.

TAVERNA YOL
Im separaten Raucherraum gibt’s eine eigene Lüftung und bislang Platz für 18 Leute. Mehr ist schon in Planung.

Weiter geht’s mit den Bars.

BARS

KAP TORMENTOSO
Einfach runter ins Untergeschoss. Da wird nach Belieben geraucht und in Sitzecken gelümmelt.

MOS EISLEY
Die frühere Lounge im hinteren Teil der Kneipe wurde zum schicken Raucherraum mit Glasscheiben umfunktioniert. Heimelig.

TRANSIT / BERGAMO
Das Klavier im Nebenzimmer gehört zwar unbedingt mal justiert, aber vom entspannten Rauchen hält es nicht ab. Ebenso die lockerlässige Kitscheinrichtung.

ZADU
Nach dem Umbau gibt’s in der ungezwungenen Westkneipe nun auch eine fein designte Raucherlounge.

SUTSCHE
Pünktlich zum Einjährigen eröffnete auch das Sutsche seinen Raucherraum. Wenn keine Kickerturniere sind, wird auch der Kicker- Raum beraucht.

Weiter geht’s mit Extrabereichen für Zigarrenliebhaber.

ZIGARREN

CAFÉ SCHLOSSBLICK

Nicht, dass der Hauptraum des traditionsreichen Cafés nicht schön wäre, aber der Zigarren/ Raucherbereich inklusive Sessel und edelstem Flair ist eine Wucht.

MARITIM
Was nützt die beste Zigarrenauswahl, wenn man sie nirgendwo rauchen darf? Das Maritim hilft mit einem lauschigen Zelt weiter. Das wiederum ist für ein Zelt sehr gemütlich.

BIX
Jazz und Rauchen, das passt. Im schicken Ambiente des Jazzclubs Bix gleich doppelt. Im Obergeschoss im Gustav-Siegle-Haus freuen sich besonders die Zigarrenraucher.