Leslie Mandoki im Interview: „Ich stoße nie an Grenzen – ich verschiebe sie!“

Erst kürzlich ist der Musiker und Produzent 70 geworden – jetzt geht er mit seinen berühmten „Mandoki Soulmates“ auf Tour. Warum? Das lest ihr hier …

Leslie Mandokie

Eine Liste der Soulmates-Bandmitglieder liest sich wie das „Who is who“ der weltgrößten Rock- und Jazz-Musiker: Ian Anderson (Jethro Tull), Jack Bruce (Cream), AI Di Meola, Bobby Kimbal (Toto), Mike Stern, Randy Brecker, Greg Lake (Emerson, Lake & Palmer) und viele, viele mehr. In ihrem Zentrum: Leslie Mandoki als Schlagzeuger, Komponist und Sänger.

Er war es, der alle Mitglieder der Superband „Soulmates“ zusammengerufen hat. Inzwischen nehmen sie seit 30 Jahren gemeinsam Alben auf – bislang 12 an der Zahl – und gehen auf Tour. Immer wieder stoßen neue Musiker dazu, aber keiner stieg aus, eine Super-Group ist eben eine Super-Group. Die Liste ist lang, denn Leslie pflegt die Freundschaft mit allen. Mit Lionel Richie, Jennifer Rush, Phil Collins, Chaka Khan und David Garrett hat er als Produzent zusammengearbeitet. Gemeinsam zu musizieren, sei wie ein großes Klassentreffen, das allen einfach nur Freude bereitet. Und das hört man!

Soulmates-Tour zum 30-jährigen Jubiläum

Am 1. September startet die Tour in Hamburg, vier weitere Konzerte in Deutschland sind geplant. Natürlich werden Soulmate-Songs gespielt, aber auch die berühmtesten Lieder aller Bandmitglieder. Wer frühere Konzerte anschaut, der weiß: Das wird gut! Und wer bisher wenig mit Progressivem Rock zu tun hatte, der fragt sich auch ein bisschen, wie Leslie Mandoki das alles erschaffen hat und wer dieser musikalisch versierte und sehr gut vernetzte Mann eigentlich genau ist. In Deutschland kennen wir ihn oft für seine Zeit bei der 70er-/80er-Jahre Pop-Gruppe „Dschinghis Khan“. Aber da ist noch viel mehr: Als Musikproduzent hat er neben den oben genannten Musikern auch mit Joshua Kadison, den No Angels und Sido zusammengearbeitet. Er produzierte aber auch Wahlkampflieder für Politiker, erschuf Klangwelten für bekannte Marken, Titelsongs für Serien, Soundtracks für Disney oder auch Fußball-Hymnen. Wie es zu dieser bunten Mischung kommt, erzählte er uns im Interview!

„Wir müssen Brücken bauen!“

Mandoki Soulmates beim Konzert im Circus Krone
Viele glückliche Gesichter: Leslie Mandoki mit den Soulmates bei einem Konzert im Circus Krone

Leslie, 30 Jahre und 12 Alben – wie kommt es, dass so viele erfolgreiche Musiker über so lange Zeit so gut zusammenarbeiten?
Wir sind echte Soulmates. Natürlich verbindet uns die Liebe zur Musik. Zudem sind wir der Meinung, dass Musik eine große gesellschaftliche Bedeutung hat. Wir stammen alle aus einer Generation, die noch von ihren Großvätern und Vätern inspiriert war, der Generation „Woodstock“. Gerade in so schwermütigen Zeiten wie jetzt, ist es sehr bedeutend, dass Musik wieder in den Vordergrund rückt und Verantwortung übernimmt. Dass sie Licht am Ende des Tunnels zeigt und zu Zusammenhalt inspiriert. Unsere Lieder erzählen Geschichten, die die Menschen verbinden und nicht trennen.

Ist die aktuelle Lage also auch ein Grund dafür, dass ihr gerade unter Hochdruck an einem neuen Album arbeitet und auf Tour geht?
Es ist die Schwermut, die über unserem Land liegt – und unser Streben, diese aufzuheben. Ein achtsames, menschliches Miteinander zu besingen. Es ist wichtig, dass wir versuchen, Brücken zu bauen – Musik kann das!

Du bist vor vielen Jahren auch als Flüchtling nach Deutschland gekommen – da ist die aktuelle Thematik für dich sicherlich auch sehr präsent …
Natürlich. Aber mir ist auch präsent, dass ich ein patriotischer Deutscher geworden bin, weil ich das Land, seine Kultur, die Mentalität der Menschen liebgewonnen habe, auch ihre Werte. Und, dass diese Werte nicht zur Disposition stehen dürfen. Deshalb ist es wichtig, dass man auf einige Themen mit großer Klarheit und mit Anspruch auf Generationen-gerechtigkeit reflektiert. Nur so finden wir ein menschliches, achtsames Miteinander. Dass wir das jetzt verstärkt tun müssen, hängt auch glasklar damit zusammen, dass auf politischer Ebene Fehlentscheidungen getroffen worden sind. Wir müssen darauf achtgeben, dass die Menschen wieder in den Mittelpunkt rücken, Achtsamkeit statt Gier muss wieder unser Leitmotiv werden.

Als du nach Deutschland kamst, warst du noch sehr jung. Wie sahen damals deine Träume und Wünsche aus? Was hast du dir erhofft?
Ich hörte damals britischen Prog-Rock wie Jethro Tull oder Supertramp; Emerson, Lake & Palmer und amerikanischer Fusion-Jazz wie Return to Forever. Diese zwei Spielrichtungen zu beherrschen und neu zu interpretieren, zu verschmelzen, das war meine Idee. Meine Vision war, dass ich mit so großartigen Persönlichkeiten, wie Ian Anderson von Jethro Tull, Jack Bruce von Cream und weiteren, eine neue Art von Musik kreieren muss. Ich erinnere mich noch, als ich mit 22 Jahren im Lager für Asylbewerber meinen Asylantrag gestellt habe und gefragt wurde, was ich hier in Deutschland werden möchte. Ich sagte, dass ich gerne mit Ian Anderson von Jethro Tull, Jack Bruce von Cream und Al Di Meola eine Band gründen möchte (lacht). Ich wurde komisch angeschaut.

Es ist sehr inspirierend, dass du heute mit genau diesen Personen auf der Bühne stehst. Dass du dir deine Träume erfüllen konntest. Hast du einen Rat für alle, die sich das auch wünschen?
Folge nicht deinem Schicksal, sondern kreiere es. Das musst du selber machen. Lebe deine Träume und träume nicht dein Leben. Und: „Music is the greatest unifier“ – Musik verbindet uns alle.

Welche Träume hast du heute?
Ich freue mich einfach auf die nächste Tour und auf unser neues Album. Ich habe nur einen einzigen Traum: Es möge alles so bleiben wie es ist. So ist alles wunderbar.

Du hast musikalisch schon viel gemacht und vieles ausprobiert – Songs für bestimmte Marken kreiert. Bist du manchmal an Grenzen gestoßen?
Ich stoße nie an Grenzen – ich verschiebe sie. Grenzen sind nur Herausforderungen. Sie zu überwinden, ist unsere Aufgabe.

Mandoki Soulmates in New York
Die Band-Mitglieder der Soulmates kommen aus der ganzen Welt – und treten in der ganzen Welt auf. Hier in New York

Woher nimmst du eigentlich deine Kreativität für all die verschiedenen Projekte? Was inspiriert dich?
Dass ich jeden Tag, egal bei welchem Wetter, auf den See gehe und zur Arbeit paddle. Ich wohne direkt am Starnberger See und dann paddle ich einen Kilometer mit dem Kanu. Dann lege ich wieder an und es geht weiter. Die Ruhe und Stille helfen, den Kopf freizubekommen. Das ist ein Privileg, das ich aber auch nur unserem Publikum verdanke.

Bald kannst du durch Hamburg paddeln, da startet die Tour und die Mitglieder der Soulmates kommen aus aller Welt zusammen. Wie übt ihr eigentlich im Vorfeld?
Wir schicken uns die Noten und die Abläufe. Wir spielen davor auch einige Open-Air-Konzerte im Osten. Nach Deutschland kommen wir alle schon warmgespielt. Und übrigens sind auch befreundete Musiker aus Deutschland dabei! Peter Maffay wird zum Beispiel in München mit uns auf der Bühne stehen und auch Till Brönner ist wieder dabei.

Im Frühjahr 2024 kommt dann euer nächstes Album raus. Habt ihr schon einen Namen?
„A memory of my future“ wird es heißen. Derzeit arbeiten wir ehrgeizig daran. Wir möchten bei jedem Album immer das allerbeste geben. Das verbindet uns: Wir wollen immer nach vorne schauen. Und wir wollen Themen behandeln, die die Menschen heute und morgen bedrücken.

Wir wünschen euch viel Erfolg damit, bedanken uns für das spannende Interview und haben noch eine Frage zum Abschluss: Gibt es einen Moment in deiner wirklich langen Karriere, der dir bis heute besonders eindrücklich im Kopf geblieben ist?
Es gibt so viele Erlebnisse, dass ich ein 300-seitiges Buch für dich füllen könnte! Aber eines ist besonders: Michail Gorbatschow hat uns damals bei einem Konzert hinter der Bühne besucht und uns erzählt, warum gerade der progressive Rock ins Feindbild der Diktatur passt – weil er die Musik der Freiheit ist. Eine Musik, die die Menschen in ihrem Wunsch nach Freiheit miteinander verbindet. Das war natürlich ein großartiger Moment, dass uns Michail Gorbatschow unsere Arbeit auf diese substantiierte Art bestätigt. Und natürlich ist es auch immer wieder ein besonderes Privileg, dass ich mit den großen Ikonen dieser Welt hier in meinem Studio immer wieder aufs Neue meine Lieder aufnehmen kann. Das Schönste ist aber, wenn ich meinen Soulmates neue Songs vorspiele. Dann entsteht etwas Neues, etwas Bezauberndes daraus – in Handarbeit. Nicht mit dem Computer. Das ist etwas Wunderbares!

Tony Carey, Leslie Mandoki und Nick van Eede von den Mandoki Soulmates
Tony Carey, Leslie Mandoki und Nick van Eede (v.l.) vor wenigen Wochen beim Soulmates-Konzert in Budapest

Die Tourdaten der „30 Years Anniversary Tour“:

1.9. – Laeizhalle Hamburg
2.9. – Admiralspalast Berlin
3.9. – Circus Krone München
4.9. – Kulturpalast Dresden
5.9. – Gewandhaus Leipzig

Weitere Infos unter:
www.mandoki-soulmates.com

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